Mandel

„Tag des offenen Denkmals“: ehemalige Evangelisch-methodistische Kirche in Mandel

Karin Vesper-Stumm (hinten links) und Bernhard Rheingans (rechts) erläutern die Geschichte der ehemaligen Kirche.
Karin Vesper-Stumm (hinten links) und Bernhard Rheingans (rechts) erläutern die Geschichte der ehemaligen Kirche. Foto: privat

Als der „Tag des offenen Denkmals“ anstand mit dem Thema „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“, musste die Mandeler Historikerin Karin Vesper-Stumm nicht lange überlegen, welches Gebäude in ihrem Heimatort geeignet wäre.

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Als Beispiel für einen gelungenen architektonischen „Umbruch“ der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. Seit Ende des 19. Jahrhunderts steht die „Eben-Ezer“ Kirche an der Hauptstraße, bis 2006 gab es eine dritte Gemeinde in Mandel.

Hausherr Volker Bott dokumentiert den Besucherandrang vor seinem Haus.
Hausherr Volker Bott dokumentiert den Besucherandrang vor seinem Haus.
Foto: privat

Die ehemalige methodistische „Kapelle“ ist nicht auf den ersten Blick als Kirche zu erkennen. Renovierungsbedürftig war sie schon nach 40 Jahren. Die Fassade wurde seit dem Bau 1879 nicht verändert, und man kann immer noch die in Stein gehauenen Inschriften „Eben-Ezer – erbaut 1879“ und biblische Textstellen über den Fenstern sehen..

Karin Vesper-Stumm erläuterte die Bedeutungen der Inschriften. Die Giebelwand wäre als einziges Denkmal-würdig, befand die Mainzer Denkmalpflegerin, als es um die Zukunft des Gebäudes ging. 2006 entwidmet, hat Familie Ney-Schneider/Bott das Haus gekauft und in zwölf Jahren ein solides Heim daraus gemacht, so viel Arbeit und Geld investiert, dass das Gebäude auch noch in den nächsten Jahrzehnten bewohnbar sein wird.

Volker Bott staunte nicht schlecht, als er die Menschentraube vor seiner Haustür sah. Für diejenigen, die das Haus noch als Kirche kannten, sieht es nicht anders aus als früher, als dort noch Gemeindeleben stattfand, nur die Solaranlage auf der linken Dachseite ist neu.

Im 19. Jahrhundert war die methodistische Freikirche Teil der „Erweckungsbewegung“ und hatte auch im Nahe-Hunsrück-Raum großen Zulauf. Christian Gebhard aus Pferdsfeld war der erste, der in der Region „Versammlungen“ abhielt. Argwöhnisch von Obrigkeit und Landeskirche beobachtet, wurde der Bau von Kirchen (Kapellen) erlaubt. Die Gebäude durften aber nicht wie Kirchen aussehen, vor allem durften sie keine Kirchtürme haben. Als das Gebäude verkauft wurde, war auch die Geschichte der Gemeinde nach 127 Jahren zu Ende.

Karin Vesper-Stumm erläuterte die Geschichte der Gemeinde. Die Mandeler Evangelischen waren unzufrieden mit ihrem Pfarrer, der auch mehr Geld forderte als sie zu zahlen bereit waren, und luden deshalb Seminaristen des methodistischen Theologischen Seminars in Frankfurt ein, bei ihnen zu predigen. Sie hatten gehört, dass in Sponheim und anderen Orten an der Nahe Versammlungen stattfanden. Die erste in Mandel fand 1875 im damaligen Gasthaus Brück (heute Thomas) statt. Das Interesse an der neuen Bewegung wurde immer größer, und Johannes Bauer stellte sein Grundstück am heutigen Kapellenweg für den Bau einer „Kapelle“ zur Verfügung. Mit Spenden der Gemeindeglieder aus Gensingen, Hüffelsheim, Mandel, Roxheim, Sponheim, Traisen und Weinsheim konnte die Kirche errichtet werden. Viele Pastoren mit ihren Familien haben in Mandel gewohnt, und aus der anfänglichen Feindseligkeit wurde ein gutes Miteinander, das seinen Höhepunkt Anfang der 1970-er Jahre mit der Freundschaft der beiden jungen evangelischen Geistlichen, Pfarrer Karl-Ulrich Nordmann und Pastor Michael Moerschel, erreichte. Legendär sind ihre gemeinsamen Kochkurse, die wegen der großen Nachfrage zuerst für die verheirateten (!) Frauen im Dorf angeboten wurden.

Elfriede Baumberger, die Seniorchefin des Weingutes gegenüber, war eine der Glücklichen. Noch weiter zurück gehen die Erinnerungen von Nachbarin Lore Krüger, der Tante von Karin Vesper-Stumm, die als Kind in den evangelischen Kindergottesdienst ging, aber auch sonntags nachmittags in die methodistische Sonntagsschule. Den Einmarsch der Amerikaner in Mandel am 16. März 1945 hat sie hautnah in der Kapelle miterlebt. Der damalige Pastor Hirtz schrieb in aller Eile ein Schild, dass die Soldaten das Gebäude, das eine evangelische Kirche sei, verschonen sollten.

Bernhard Rheingans, der viele Jahre im Gemeindevorstand des Bezirks gewesen war und mit den baulichen Einzelheiten der Kirchengebäude vertraut, erläuterte, dass die Mandeler Kirche mit viel Aufwand hätte renoviert werden müssen und dass deshalb der Entschluss zur Schließung und zum Verkauf gefasst wurde.

Er erklärte auch die Besonderheiten der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK), die sich theologisch nicht von der evangelischen Landeskirche unterscheidet, auch durch Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und ökumenisch mit ihr verbunden ist, aber durch die gleichwertige Mitarbeit von Laien und Hauptamtlichen (Pastoren) andere Strukturen hat. An Nahe und Hunsrück gab es von Anfang an Sängerfeste und Evangelisationen mit großer Beteiligung methodistischer Chöre und Posaunenchöre.

Für die Besucher in Mandel, die noch das bescheidene Innere der Kirche gekannt haben, waren die Ausführungen des Bauherren Volker Bott interessant, der aus einem schlichten Gottesdienstraum einen großen Wohnraum geschaffen hat, der von seiner Frau Heike Ney-Schneider behaglich eingerichtet wurde. Dass das Ehepaar sein Haus irgendwie immer noch als Kirche sieht, ist klar. Seine kirchliche Hochzeit hat es mit Pfarrer Peter Moritz in seinen eigenen vier Wänden gefeiert. Die Gäste spürten, dass die Familie ihr Heim mit seiner Vergangenheit in Ehren hält, und das kann man nur jedem historischen Gebäude wünschen.