Heidelberg/Gutenberg

Studierende bringen selbst Erlebtes zu Papier

Foto: Marisa Monfort

Treffen mit Irene Barthel und Karl Peifer – Literarische Matinee des Internationalen Studienzentrums und des Verlags edition federleicht.

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Die +punkt. Kirche INF 130.2, Heidelberg, stellte am 4. November ihre Räumlichkeiten für eine literarische Matinee unter dem Titel des Ölgemäldes und des gleichnamigen Gedichtes Geigen der Hoffnung zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Verlag edition federleicht und dem Internationalen Studienzentrum der Universität Heidelberg haben Studierende aus Israel, Afghanistan, Syrien und den USA unter Zugrundelegung des bilingualen Kunstbandes Farben des Horrors von Irene Barthel und Karl Peifer aus Gutenberg eigene Gedichte und Geschichten geschrieben, die sie nicht nur auf deutsch, sondern auch auf hebräisch, arabisch, persisch und englisch vortrugen. In dem Kunstband stellen die Schriftstellerin und der Kunstmaler in sechs beeindruckenden Gemälden und darauf abgestimmten Gedichten eine von Schrecken und Verzweiflung geprägte Welt als Folge kriegerischer Auseinandersetzungen dar.

Auf dem Bild sind (von links) Hakim Kamal, Ellen Althaus-Rojas, Dean Vaksman, Jawad Hesswany, Nicholas Kevin Moore, Karl Peifer, Karina Lotz (edition federleicht) und Irene Barthel zu sehen.
Auf dem Bild sind (von links) Hakim Kamal, Ellen Althaus-Rojas, Dean Vaksman, Jawad Hesswany, Nicholas Kevin Moore, Karl Peifer, Karina Lotz (edition federleicht) und Irene Barthel zu sehen.
Foto: Marisa Monfort

Seit zwei Jahren sind sie mit dem Band unterwegs und können bereits auf zwölf Ausstellungen und Lesungen zurückblicken. Auf einer Buchmesse war die Heidelberger Dozentin Ellen Althaus-Rojas auf den Kunstband aufmerksam geworden und hat mit Studierenden des Internationalen Studienzentrums authentische Zeugnisse des Horrors erarbeitet, inspiriert durch Karl Peifers Gemälde in Verbindung mit persönlich Erlebtem.

Ein syrischer Flüchtling, der Architekt Jawad Hesswany, hat seinen Text „Das arabische Haus/Ein Spaziergang durch Damaskus“ an Karl Peifers Bild „Es war... / Gone...“, das die Explosion einer Moschee zeigt, festgemacht. Er lernt derzeit deutsch, um seinen Beruf in Deutschland ausüben zu können, träumt aber davon, eines Tages wieder in seine Heimat zurückkehren und einen Beitrag zum Wiederaufbau seines Landes leisten zu können.

Der Deutschamerikaner Nicholas Kevin Moore, der zur Zeit an der San Francisco State University Rechtsphilosophie studiert, ließ sich durch das gleiche Bild inspirieren, gab seiner Geschichte gar den gleichen Namen. „Es war... / Gone...“ bedeutet für ihn viel mehr als ein Steinhaufen, der einmal eine Moschee war. Er sieht das Trümmerfeld stellvertretend für die zunehmende Verrohung der Menschen, wodurch letztlich die Menschlichkeit schlechthin auf der Strecke bleibt.

Der afghanische Journalist Hakim Kamal, der für den nationalen Fernsehsender Negaah TV arbeitete und sein Land verließ, als die Pressefreiheit mehr und mehr eingeschränkt wurde, nahm Karl Peifers Bild „Farben des Horrors“ als Schreibanlass. Es zeigt eine traumatisierte Familie mit drei Kleinkindern, im Hintergrund ihr zerstörtes Dorf. In seiner beeindruckenden Geschichte „Ein Dorf, ein Leben“ geht er auf das ein, was den Menschen seiner Heimat am wichtigsten ist, nämlich das kleine Glück: die Ehefrau, die Eltern, die Kinder, ein kleines Häuschen mit Innenhof und ein bescheidenes Auskommen, etwas sehr Normales also, das die Terrormiliz IS allerdings vielfach zunichte macht.

Musikalisch auf der Violine begleitet wurde die Matinee durch den Konzertmeister Wieland Streichardt, der nicht nur in Deutschland tätig ist, sondern auch als Gastdozent an den Musikabteilungen verschiedener chilenischer Universitäten. Eingerahmt wurde die Veranstaltung durch Irene Barthels Gedichte „Geigen der Hoffnung“ und „Nie wieder in deutscher und englischer Sprache“.

Die zahlreich erschienenen Gäste zeigten sich beeindruckt und vielfach interessiert an einem anschließenden Gespräch. Frau Althaus-Rojas äußerte sich in ihrem Schlusswort sichtlich zufrieden mit der Veranstaltung und schloss mit den Worten des berühmten indischen Geigers Yehudi Menuhin, der sagte: „Nicht die Politiker werden die Welt retten, sondern die Künstler sind es, die die Antworten haben.“