Zwiespältige Angelegenheit: Form degradiert Inhalt
Sachlich kann man das, was im Finanzausschuss am Montagabend geschehen ist, gut verstehen. Der Ausschuss, einstmals – aber das ist lange her – das Vorzeigegremium der Stadtpolitik, wurde entwertet, weil er nicht in die ÖPNV-Entscheidung, eine mit immenser finanzieller Tragweite, eingebunden war. Das ist ein unverzeihlicher Fehler, der eigentlich nicht zu fassen ist. Dafür trägt die OB als Verwaltungschefin die Verantwortung. Der Ausschuss will seinen Pflichten nachkommen. Aber leider ist auch hier wieder das völlig kaputte Verhältnis zwischen Kämmerer und Oberbürgermeisterin die Wurzel allen Übels. Es geht nur darum, wer wem eine verpassen kann. Als Schlaginstrumente dienen Sachthemen. Die OB hat dem Finanzausschuss – und damit Heinrich – einen Treffer versetzt, indem sie ihn und seine Expertise ignoriert hat – wohl wissend um die Mehrheiten dort. Und nun schlägt Heinrich zurück. Er will, so scheint es, zum Ende seiner Amtszeit noch einmal einen Wirkungstreffer landen. Dass dieser inhaltlich seine Berechtigung hat, ist unzweifelhaft. Der Finanzausschuss entwertet sich in Teilen aber leider auch selbst. Die Stilistik der Sitzungen ist seit geraumer Zeit unterirdisch, so etwas wie Sitzungsdisziplin gibt es nicht mehr. Die AfD, die heimelig mit der Büfep kuschelt, kommentiert in Dauerschleife das Geschehen, ohne dass der Sitzungsleiter einschreitet. Das gleiche Bild häufig auf den Zuschauerrängen. Es wird noch besser: Unbeteiligte stehen plötzlich auf, suchen den Sitzungsleiter auf und treten mit ihm ins Gespräch, es werden Papiere ausgetauscht. Was das soll, weiß niemand. Die SPD macht es sich besonders einfach und boykottiert die Sitzungen. Geht gar nicht! Und wenn ein Lokalpolitiker glaubt, dass alles sei nicht zu kritisieren, weil man das ehrenamtlich mache und die Öffentlichkeit davor Respekt zeigen müsse, der sollte sich vielleicht ein anderes Hobby suchen. Im Fernsehen kommen zur Sitzungszeit wunderbare Tierdokumentationen. Man sollte hier nicht verallgemeinern, aber so sieht Lokalpolitik zum Heulen aus.