Mainz

Technische Einsatzleitung des Kreises Ahrweiler im U-Ausschuss: „Wir waren relativ schnell überfordert“

Von Ira Schaible
Die Zentrale der Technischen Einsatzleitung des Kreises Ahrweiler.
Die Zentrale der Technischen Einsatzleitung des Kreises Ahrweiler. Foto: Thomas Frey/dpa

Die Technische Einsatzleitung (TEL) des Landkreises Ahrweiler war am Abend der verheerenden Sturzflut im vergangenen Juli völlig überfordert. Das geht aus den Schilderungen mehrerer Mitglieder der TEL am Freitag im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe des rheinland-pfälzischen Landtags in Mainz hervor.

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Der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler (CDU) war den Aussagen zufolge in der Katastrophe – außer bei einem kurzen Besuch von Innenminister Roger Lewentz (SPD) – kaum präsent und schlecht erreichbar. Mehrere Fragen blieben zunächst offen, insbesondere, ob und wer die wichtige Position „Einsatz“ (S2) in der TEL innehatte.

Nach einer Unterbrechung der öffentlichen Sitzung während der Befragungen sagte der Ausschussvorsitzende Martin Haller am frühen Abend: „Der Ausschuss ist einstimmig zu dem Eindruck gekommen, dass heute über bestimmte Aspekte nicht wahrheitsgemäß ausgesagt wurde.“ Es sei der Eindruck entstanden, dass „es möglicherweise Absprachen gab“. Die Zeugen seien aber auch unvereidigt zu wahrheitsgemäßen Aussagen verpflichtet, sonst machten sie sich strafbar. Sie könnten jederzeit erneut geladen oder wie der aktuelle Zeuge nur vorläufig entlassen werden.

„Wir waren relativ schnell überfordert“

„Für mich ist über den Kreis Ahrweiler ein Tsunami gezogen“, hatte der ehemalige Feuerwehrinspekteur des Kreises, Udo Schumacher, am Vormittag gesagt. Eine TEL wie in dem kleinen Kreis Ahrweiler „ist mit so einer Lage überfordert, das müsste jedem bewusst sein“. Die TEL sei von einem Jahrhunderthochwasser wie 2016 ausgegangen, sagte der 64-Jährige. „Wir waren relativ schnell überfordert.“

Pföhler habe er während seines Einsatzes von etwa 15 Uhr am 14. Juli bis zum nächsten Morgen gegen 9 Uhr nur „zweimal kurz gesehen“, davon einmal bei dem Fototermin mit Lewentz gegen 19.30 Uhr, sagte Schuhmacher. „Zu diesem Zeitpunkt sah das alles noch nach einem normalen Hochwasser aus“, berichtete TEL-Mitglied Thomas Vollmer. Der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) und Leiter der TEL habe den Landrat aber mehrmals vergeblich versucht, telefonisch zu erreichen, ergänzte der 46 Jahre alte Tagebuchführer des Einsatzes.

Ereignisse überschlagen sich

Gegen den BKI und den Landrat ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen. Der BKI hat deshalb am Freitag von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Pföhler ist am 8. Juli als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss geladen.

„Zu dem Zeitpunkt, als ich gegangen bin, gegen 1.30 Uhr, haben sich die Ereignisse überschlagen“, berichtete Berufsfeuerwehrmann Kai Bandt über seinen zweiten TEL-Einsatz. „Es ging teilweise drunter und drüber.“ Nach seiner persönlichen Wahrnehmung sei die TEL für ein solches Ereignis mit einer Handvoll Leute unterbesetzt gewesen. „Es hat jeder sein Bestes gegeben“, aber die Kommunikation über Telefon und Handy sei zeitweilig zusammengebrochen. Die Funker neben ihm hätten auch erhebliche Probleme gehabt, die Kommunikation mit der Leitstelle Koblenz aufrechtzuerhalten. Anfangs hätten die schwankenden Pegelprognosen und die damit verbundene Frage, was auf die Region zukomme, viele Ressourcen gebunden.

Gab es Kontakt zum Landrat?

Sascha Cremer, in der Kreisverwaltung für Brand- und Katastrophenschutz zuständig, war als stellvertretender Feuerwehrleiter von Bad Breisig mehrere Stunden ausgerückt und gegen 1 Uhr in die TEL zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt sei zwar klar gewesen, dass eine Flutwelle durchs Tal rolle. „Die gesamte Lage war mit Sicherheit keinem bewusst“, betonte der 54-Jährige. Bis zum Morgen seien sieben Katwarn-Meldungen abgesetzt worden, sagte Cremer. „An MoWaS hat keiner gedacht. Das hat keiner auf dem Schirm gehabt.“ Mit dem Modularen Warnsystem (MoWaS) des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe können Behörden und Medien die Bevölkerung warnen. „Der Weg mit MoWaS ist sehr, sehr umständlich“, sagte Cremer. Für die überregionalen Medien sei ein Okay der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Voraussetzung.

„Ich habe keinerlei Kontakt zum Landrat gehabt“, sagte Schumacher. Ihm sei auch nicht bekannt, dass andere TEL-Mitglieder Kontakt zu Pföhler gehabt hätten oder es einen längeren Austausch mit dem TEL-Leiter und BKI gegeben habe. Von einem Landrat erwarte er, dass er sich ein Bild von der TEL mache, „wie die funktioniert und arbeitet“ und dann seine gesamtpolitischen Kontakte für Aktivitäten einschalte, um die TEL zu unterstützen, sagte Schumacher. „Das Optimum“ sei es, wenn er den Verwaltungsstab führe. Aber: „Mir ist nicht bekannt, dass es einen Verwaltungsstab gibt im Kreishaus.“