Kommentar: Die Sache muss ein für alle Mal geklärt werden
Mit den Betroffenen sprechen hätte man trotzdem müssen. Allein schon deshalb, weil man einen guten Teil der Schuld an dieser Misere trägt: Ein Stadtplaner weiß schließlich, wenn er es in den Bebauungsplan schreibt, dass der alte Straßenteil für die Öffentlichkeit zugemacht wird. Die Verwaltung war sich dessen voll bewusst, sonst hätte man den Rheinquartiermachern kaum signalisiert, „baut die Tore“.
Zumindest erklärte man im Herbst öffentlich, die Tore seien abgesprochen gewesen. Einige Woche später dann – die öffentliche Aufregung war schon groß – hieß es dann ganz plötzlich, die Tore seien unerlaubt errichtet worden. Was denn nun? Verabschiedet hat den Bebauungsplan allerdings der Stadtrat. Es ist jetzt müßig, darüber zu diskutieren, ob dieses Detail den Räten einfach entgangen ist – oder sie die Außenwirkung schlichtweg unterschätzt haben. Vielleicht war es ihnen auch einfach egal.
Letzten Endes hat das Gremium den Bebauungsplan aber genau so verabschiedet – und damit den Rheinquartiermachern auch die Möglichkeit gegeben, offensiv damit zu werben, dass die Straße für die Öffentlichkeit geschlossen bleibt. Die künstliche Aufregung der vergangenen Wochen ist also eine reine Phantomdiskussion. Denn die (vielleicht berechtigte) Kritik, dass hier für die Idylle einzelner ein öffentlicher Weg zugemacht wird, kommt schlichtweg einige Jahre zu spät. Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen, die Stimmung vergiftet.
Die Anwohner tragen ihren Teil zur Schärfe der Diskussion bei, indem sie immer wieder neues Öl ins Feuer gießen – garniert mit Übertreibungen wie der Mär von stillenden Müttern, die begafft werden, den menschlichen Exkrementen oder Autos auf der Straße. Wie die durch einen Torflügel kommen sollen, bleibt ein physikalisches Rätsel. Doch man kann sie irgendwo auch verstehen, das Problem liegt vielen schwer im Magen.
Vor allem an sonnigen Tagen – davon gab es zuletzt reichlich – nutzen tatsächlich viele Menschen die alte Max-Schwarz-Straße zum Spaziergang. Dass das Tor-Tohuwabohu mit all seinen wunderlichen Blüten (wie zum Beispiel das „Zoo Lahnstein“-Schild) diese Neugierde bei vielen erst geweckt hat, dürfte jedem klar sein. Wer die Strecke aber mal selbst entlangläuft, stellt schnell für sich fest: Auch ich wollte nicht, dass alle paar Minuten jemand seine Nase in meinen nur einen Steinwurf entfernten Garten steckt. Dem könnte man natürlich entgegen halten, dass es so doch ganz vielen im Stadtgebiet geht: Ohne einen meterhohen Zaun ums eigene Grundstück sind Gaffer garantiert.
Der Unterschied liegt hier im Detail: Der Bebauungsplan legt ganz klar fest, dass dieser Straßenteil entwidmet wird und nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Bei nicht wenigen dürfte dieses Detail Kaufgrundlage gewesen sein, als man sich für die nicht ganz so günstige Lage in erster Reihe im nicht ganz so günstigen Rheinquartier entschieden hat.
Trotzdem: Die Sache muss ein für alle Mal geklärt werden – und nicht erst im Sommer. Die Verwaltung täte also gut daran, endlich ein Treffen zu organisieren. Im Freien. Mit Abstand und Maske. Und mit kühlem Kopf. Ansonsten landet die Sache vor Gericht. Und hinterlässt noch mehr verbrannte Erde.