Rheinland-Pfalz

Haushalt 2022: Warum Rheinland-Pfalz plötzlich finanzstark wird

Von Bastian Hauck
Biontech – hier die Zentrale an der Mainzer Goldgrube – beschert dem Land zwar keinen Gold- aber einen Geldregen. Die Steuereinnahmen steigen deutlich.  Foto: dpa
Biontech – hier die Zentrale an der Mainzer Goldgrube – beschert dem Land zwar keinen Gold- aber einen Geldregen. Die Steuereinnahmen steigen deutlich. Foto: dpa

Bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs 2022 spielt ein Begriff, der Otto Normalverbraucher nicht gerade vom Hocker haut, eine bedeutende Rolle. Er lautet: Phasenverschiebungseffekt. Noch nicht gehört? Die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) erklärt ihn so: Im letzten Quartal 2021 sei ein hoher dreistelliger Millionenbetrag beim Land eingegangen, der erst im nächsten Jahr zu Buche schlage – und im Länderfinanzausgleich auszugleichen ist. Die für die Finanzministerin erfreuliche Nachricht: Rheinland-Pfalz wird voraussichtlich finanzstark werden.

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Das bedeutet, dass es vom Nehmer- zum Geberland werden dürfte. Damit fallen Mittel, die Rheinland-Pfalz bislang bekam – 334 Millionen Euro im vergangenen Jahr –, weg. Das habe man bereits berücksichtigt, teilt Ahnen mit. Sie sagt: „Das ist echt etwas Besonderes, finanzstark zu werden.“ Und: Die SPD-Politikerin rechnet damit, dass der Abschluss für die Jahre 2021 und 2022 am Ende deutlich besser sein dürfte, als aktuell auf Basis der Steuerschätzung vom November kalkuliert (siehe „Haushaltsentwurf in Zahlen“).

Profiteur des Biontech-Erfolges

Auch wenn Ahnen wegen des Steuergeheimnisses keine Angaben zu einzelnen Steuerzahlern machen darf, ist klar: Rheinland-Pfalz profitiert ebenfalls von den Gewerbesteuereinnahmen des Impfstoffherstellers Biontech. Ahnen spricht von einer „unglaublich positiven Entwicklung für das Land“. Ob sie auch an die Kommunen denkt, die nicht das Glück haben, dass sich ein erfolgreiches Unternehmen bei ihnen gründet? Ob sie ihnen hilft, von ihrem Schuldenberg herunterzukommen? Darauf angesprochen, verweist die Ministerin auf die Steigerungen im Kommunalen Finanzausgleich (KFA). 3,49 Milliarden Euro will die Landesregierung überweisen. Außerdem arbeite man „sehr, sehr intensiv“ an einer Reform des KFA. Muss das Land auch, der Verfassungsgerichtshof hatte ihn für verfassungswidrig erklärt.

Trotz der wirtschaftlichen Erholung und der steigenden Steuereinnahmen 2021 blieben die Bewältigung der Corona-Pandemie sowie der Flutkatastrophe wichtige Aufgaben, erläutert Ahnen. Für die Kommunen sind im Haushaltsentwurf für die Corona-Folgen rund 51,3 Millionen vorgesehen, auf Landesebene rund 65 Millionen Euro. Für die von der Flut betroffenen Regionen will die Ampelkoalition rund 40 Millionen Euro bereitstellen – etwa, um Einnahmeausfälle zu erstatten.

130 Stellen sollen bei den verschiedenen Landesbehörden, also der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, dem Landesbetrieb Mobilität und im Innenministerium, entstehen, um ebenfalls die Auswirkungen der Flutereignisse stemmen zu können. Die Polizei soll bis 2024 auf „rund 10.000 Köpfe“ wachsen, aktuell liegt man bei 9160 sogenannten Vollzeitäquivalenten. Die Justiz soll mit 98 zusätzlichen Stellen gestärkt werden.

Über mehr Geld dürfen sich Familienministerin Katharina Binz, die Klimaschutzministerin Anne Spiegel (beide Grüne) vertritt, sowie Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) freuen. Binz berichtet, dass die Mittel für den Klimaschutz und erneuerbare Energie um 13 Millionen auf 42,3 Millionen Euro stiegen. Für die Kommunen gibt es eine Klimaförderberatung. Beim Landesamt für Umwelt soll ein „Kompetenzzentrum Artenvielfalt und Energiewende“ entstehen. Auch die Mittel im Bereich Frauenpolitik sollen steigen, die aktuell drei Beratungsstellen „neue Chancen“, die Frauen bei den Themen (Wieder-)Einstieg in den Beruf und Weiterbildung begleiten, werden auf fünf erhöht. Binz sagt: „Es warten vielfältige Herausforderungen auf uns. Die Weichen sind mit diesem Haushaltsentwurf für eine klimafreundliche und lebenswerte Zukunft gestellt.“

Kritik von der Opposition

Wirtschaftsministerin Schmitt betont, dass die Regierung ihre erfolgreiche Arbeit für einen „starken und innovativen Wirtschaftsstandort“ fortsetze. 83 Millionen Euro stünden für die Wirtschaft bereit, davon 28,6 Millionen Euro für Innovationen. Die Ministerin hebt drei Projekte hervor: die Innovationsagentur, die Umstrukturierung des Mainzer Technologiezentrums zu einem Biotechnologie-Gründerzentrum sowie den Bau des Batteriezellenwerks in Kaiserslautern. 135 Millionen, 10 mehr als zuvor, stünden für Landesstraßen zur Verfügung, teilt Schmitt mit. Die FDP-Politikerin sagt weiter: „Mit diesen Maßnahmen möchten wir Rheinland-Pfalz stärken. Wir wollen den Grundstein für neue Chancen, aber auch neue Wege legen.“

Die CDU-Opposition kritisiert erwartungsgemäß den Haushaltsentwurf. Christof Reichert, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion, sagte: „Rheinland-Pfalz braucht endlich einen Investitionsschub und muss die rote Laterne bei der Investitionsquote abgeben.“

Von unserem landespolitischen Korrespondenten Bastian Hauck

Der Haushaltsentwurf in Zahlen

Einnahmen: 19,7 Milliarden Euro (2022), 18,6 Milliarden Euro (2021)

Ausgaben: 20,6 Milliarden Euro (2022), 19,8 Milliarden Euro (2021)

Nettokreditaufnahme: 894,1 Millionen Euro (2022), 1,26 Milliarden Euro (2021)

Investitionsausgaben: 1,3 Milliarden Euro (2022), 1,4 Milliarden Euro (2021)

Personalausgaben: 7,9 Milliarden Euro (2022), 7,7 Milliarden Euro (2021)

Ausgaben nach Einzelplan und Themen:

Bildung: 5,6 Milliarden Euro

Allgemeine Finanzen (Leistungen an die Kommunen): 3,7 Milliarden Euro

Arbeits- und Sozialministerium: 2,8 Milliarden Euro

Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit: 1,8 Milliarden Euro Digitalisierung: mehr als 400 Millionen Euro

Ressourcenschonendes und klimagerechtes Bauen: Aufstockung der Fördermittel von 375 Millionen auf rund 513 Millionen Euro

ÖPNV: 534,5 Millionen Euro

Naturschutz: 19,8 Millionen Euro Landwirtschaft: 145 Millionen Euro

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