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Koblenz/Region

Der steinige Weg zum Corona-Kredit: Das sagen heimische Banken und Sparkassen zum Programm

Von Reinhard Kallenach
Symbolbild.
Symbolbild. Foto: dpa

In Nordrhein-Westfalen wurden bereits die ersten Bundeszuschüsse an Kleinbetriebe zur Bewältigung der Corona-Krise ausgezahlt. An Rhein, Mosel und in der Eifel steigt deshalb die Spannung. „Wann kommt das Geld?“, lautet die Frage, die viele Inhaber kleinerer Betriebe bewegt. Der Ansturm auf das Sonderprogramm ist gewaltig, bereits am Montag war der Server der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) so überlastet, dass es zeitweise unmöglich war, das offizielle Antragsformular herunterzuladen.

Lesezeit: 2 Minuten
Die ISB ist im Land die zentrale Anlaufstelle im Land für Antragsteller. Wer aber etwas findig war, konnte das Formular aber auch aus den Internetpräsenzen der Wirtschaftskammern, bei Verwaltungen oder Verbänden herunterladen. Das Programm ist zweifellos attraktiv. Wer zum Beispiel einen Friseursalon mit maximal fünf Mitarbeitern hat, kann über drei ...
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Förderprogramme in der Corona-Krise: Bank-Vorstände beantworten wichtige Fragen im Interview

Ein Ende der Corona-Krise ist derzeit nicht absehbar. Klar ist dagegen, dass die Ausnahmesituation vor allem für viele Inhaber kleiner Betriebe und Soloselbstständige bedrohliche Folgen haben kann. Bund und Länder steuern mit milliardenschweren Förderprogrammen gegen. Doch es gibt Hürden für Antragssteller.

Wir haben uns bei drei Instituten umgehört, die für viele Betriebe in der Region Hausbanken sind. Nachstehend die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche Fördermöglichkeiten und Zuschüsse gibt es auch für Betriebe in der Region?

Auch wenn in der Politik bereits über Nachbesserungen gesprochen wird, gibt es derzeit im Land vor allem drei Wege: Die Programme der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Bankengruppe) und der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Antragsteller müssen sich direkt an ihre Hausbank wenden. Über die von der Landesregierung angedachten ergänzenden Hilfen, etwa für Kulturschaffende, gibt es noch keine Details. Dafür können Betroffene einen Bundeszuschuss beantragen, der nicht zurückgezahlt werden muss. Das Programm zielt auf Betriebe bis zu zehn Mitarbeiter. Interessenten müssen ihre Anträge elektronisch direkt an die ISB übermitteln. Formulare können online heruntergeladen werden, nicht nur bei der ISB, sondern beispielsweise auch bei den Koblenzer Wirtschaftskammern.

Im Falle des Bundesprogramms mahnt Sascha Monschauer zur Vorsicht. Der nach Betriebsgröße gestaffelte Zuschuss ist nämlich wirklich nur für die Deckung der laufenden Kosten für zunächst drei Monate ausgelegt. Der Vorstandschef der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel empfiehlt deshalb, den benötigten Betrag realistisch einzuschätzen. Andernfalls drohen bei einer späteren Betriebsprüfung womöglich unangenehme Überraschungen.

Karl-Josef Esch (KSK) Mayen.
Karl-Josef Esch (KSK) Mayen.
Foto: Ralph Künzel

Welches Motiv haben Banken und Sparkassen und wie sehen die Programme im Detail aus?

„Wir leben in einem wirtschaftsstarken Landkreis, geprägt von vielen mittelständischen Unternehmen, Handwerksbetrieben und Freiberuflern. Damit verbunden sind viele Arbeitsplätze, die müssen wir schützen“, betont Karl-Josef Esch. Der Vorstandschef der Kreissparkasse (KSK) Mayen weist darauf hin, dass sein Haus ein eigenes Sonderkreditprogramm aufgelegt hat. Der Vorteil: Alles kann schneller und vor allem passgenauer über die Bühne gehen. Denn auf dem Weg zu ISB- und KfW-Programmen gibt es Hürden.

Für Inhaber von Betrieben mit einer Größe zwischen 11 und 30 Mitarbeitern ist vor allem ein Hilfsprogramm des Landes interessant. Hierbei geht es um ein Darlehen mit einer maximalen Kredithöhe von 30.000 Euro und einem zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 30 Prozent. „Wir warten noch auf die erforderlichen Detailinformationen. Wir rechnen aber jeden Tag damit“, so Esch weiter.

Die Erfahrung zeigt aber, dass die Landesdarlehen, die über die ISB gewährt werden, relativ schnell zurückgezahlt werden müssen. Im konkreten Fall rechnen die Institute mit einer Laufzeit von sechs Jahren. Für das Corona-Programm der KfW nennt Sascha Monschauer eine Laufzeit von fünf Jahren. Die Folge: Die Raten sind relativ hoch, es nutzt da oft wenig, wenn nur ein Zinssatz zwischen 1 und 1,4 Prozent berechnet wird. Wer zum Beispiel auf kleine Raten mit einer Laufzeit von zehn Jahren angewiesen ist, hat an den Förderkrediten wenig Freude. Was bleibt, ist der Weg über mögliche „Sondertöpfe“ der Hausbanken.

Christoph Weitzel (KSK) Mayen.
Christoph Weitzel (KSK) Mayen.
Foto: Ralph Künzel

Bis die Zuschüsse und geförderte Kredite tatsächlich fließen, dürfte es noch einige Zeit dauern. Was können Banken und Sparkassen tun, um Liquidität von Betrieben vorübergehend zu sichern?

Karl-Heinz Esch verweist auf Vorfinanzierungen für gewerbliche Kunden. Von individuellen Lösungen spricht auch die Sparkasse Koblenz. Matthias Nester nennt zum Beispiel die Möglichkeit von Tilgungsaussetzungen bis zu sechs Monaten. Diese sind bereits seit dem 16. März möglich. Ansprechpartner sind die persönlichen Berater. „Hier konnten wir bereits mehreren Hundert Kunden schnell und unbürokratisch helfen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Koblenz.

In der aktuellen Situation ist es Kleinunternehmern jedoch nicht möglich, seriöse Prognosen vorzulegen. Ist ihnen damit der Weg zu Förderkrediten verwehrt?

„Nein, der Weg zu den Programmen ist ausdrücklich nicht verwehrt. Gerade um die Abläufe zu beschleunigen, übernimmt die KfW grundsätzlich die Einschätzung der Hausbank“, betont Karl-Josef Esch. Der Vorstandschef sagt aber auch: „Probleme bereiten uns eher andere Restriktionen aus den Regularien der KfW und der ISB, gerade wenn es um bereits vor der Corona-Krise in wirtschaftlich schwierigerem Fahrwasser befindliche Unternehmen geht.“ Das heißt: Die Förderinstitute haben noch Nachsteuerungsbedarf. „Die Hilfen sind am Ende des Tages Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Die KfW gibt uns mit ihren Programmbedingungen für die Hilfskredite verpflichtend vor, dass sie nach zwei Jahren in einer Summe oder, nach einem tilgungsfreien Jahr, vier Jahre lang zurückgezahlt werden müssen“, ergänzt Matthias Nester. Der Vorstandschef fügt hinzu: „Wir versuchen, für jedes Unternehmen eine Lösung zu finden, müssen uns aber an den Richtlinien des Programms orientieren. Wir hoffen, dass die Kreditprogramme noch über Tilgungszuschüsse oder über Optionen für die Gestaltung der Rückzahlung erweitert werden.“

Matthias Nester (Sparkasse Koblenz).
Matthias Nester (Sparkasse Koblenz).
Foto: Sparkasse Koblenz

Sascha Monschauer wird noch deutlicher und verweist darauf, dass in der Öffentlichkeit es oft so dargestellt wird, dass die attraktiven Kredite der Förderbanken „mit eingebauter Bürgschaft“ bis zu 90 Prozent unkompliziert gewährt werden. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Gute Bonitätsbewertungen, die Bilanzen der Jahre 2017 und 2018, eine Betriebswirtschaftliche Auswertung für 2019 sowie eine verlässliche Umsatzprognose sind Basis für die Bearbeitung.

Wohl gemerkt: Das sind Vorgaben für die Hausbanken durch Einrichtungen wie die KfW. Letztere kontrolliert auch penibel, ob diese Vorschriften eingehalten werden. Deshalb dürfte es für viele Kleinunternehmer heißen: Sie können die geförderten Kredite schon allein deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil verlässliche Prognosen in der aktuellen Krisensituation überhaupt nicht möglich sind. Am Ende müssen die Betroffenen dann mit ihrer Bank eine individuelle Lösung entwickeln, wobei die Höhe der Zinsen nach Bonität und Laufzeit variiert. Sascha Monschauer verweist auf den Vorteil einer gewissen Flexibilität. Man kann oft Kunden helfen, die durch das Raster von ISB und KfW fallen würden. Voraussetzung ist aber, darauf verweist Sascha Monschauer, dass im Laufe der Jahre ein Vertrauensverhältnis entstanden ist.

Von Betrieben ab 20 Mitarbeitern, die den Mittelstand prägen und oft einen höheren Finanzierungsbedarf haben, spricht man derzeit weniger. Kommen für diese Gruppe nur Kredite infrage?

Christoph Weitzel verweist darauf, dass die Programme der Förderbanken natürlich auch für diese Unternehmen zur Verfügung stehen. „Diese Angebote haben wir durch ein Sonderkreditprogramm ,Liquiditätshilfe’ und die Möglichkeit der Zins- und Tilgungsaussetzung ergänzt“, erklärt das KSK-Vorstandsmitglied. „Wir sind der Auffassung, dass ausschließlich Kredite als öffentliches Angebot nicht helfen“, betont Matthias Nester. Der Koblenzer Vorstandschef regt deshalb an, vermehrt das Instrument des Nachrangdarlehens anzuwenden. Damit werden die Forderungen des Kreditgebers, in diesem Fall also die staatlichen Institute, im Falle einer Insolvenz des Kreditnehmers nachrangig behandelt. Es werden also zuerst die Forderungen anderer Gläubiger und Kreditinstitute bedient. Für diese sinkt damit das Risiko, während es für die Förderbanken steigen würde. Matthias Nester hofft nun, dass die Politik in diesem Punkt nachbessert. Für sein Haus kündigt er an zu versuchen, möglichst jeden Fall positiv zu begleiten.

In der Corona-Krise geraten auch Privatkunden verstärkt in Geldnot, etwa durch Kurzarbeit, Insolvenz ihres Arbeitgebers oder betriebsbedingte Kündigungen. Was tun die Institute für diese Gruppe?

Christoph Weitzel verweist auf einen Beschluss des Gesetzgebers. Demnach können Verbraucher ihre Zins- und Tilgungsleistungen bis zum 30. Juni aussetzen. „Darüber hinaus haben wir kurzfristig ein Maßnahmenbündel für unsere von der Corona-Krise betroffenen Privatkunden geschnürt: von der Aussetzung der Kreditraten bis zu einem Sonderkreditprogramm ‚Corona-Hilfe für Arbeitnehmer’“, so der KSK-Vorstand. Und auch die anderen Institute versprechen eine unkomplizierte Abwicklung. „Meist reicht schon ein Telefonat“, betont denn auch Matthias Nester.

Sascha Monschauer (Volksbank Rhein-Ahr-Eifel).
Sascha Monschauer (Volksbank Rhein-Ahr-Eifel).
Foto: ARTs-UNLIMITED GmbH

Besteht die Gefahr, dass sich Bund und Länder sowie die öffentlich-rechtlichen Institute wie Sparkassen infolge der Coronakrise auf Dauer selbst ruinieren?

„Ich bin froh, dass Deutschland eine solide Haushaltspolitik betrieben hat und insofern im europäischen Vergleich die Verschuldung relativ niedrig ist. Diese Handlungsspielräume kann man nun nutzen. Auch die Sparkasse Koblenz ist solide aufgestellt, sodass wir bei aller Anspannung davon ausgehen die Krise gut zu bewältigen“, meint Matthias Nester. „Es ist richtig, dass der Bund, die Länder und die Förderinstitute mit den beschlossenen Corona-Hilfen alles tun, was vertretbar ist, um die Folgen abzumildern. Wir sehen hier aktuell die Notwendigkeit, besonnen, aber entschieden zu handeln. Die öffentlichen Haushalte werden dadurch stark belastet, was aber aus unserer Sicht verkraftbar ist“, ist auch Karl-Josef Esch überzeugt.

Die Chefs beider Sparkassen betonen, dass sie auf die Sonderlage gut vorbereitet sind. Das sieht man bei der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel genau so. Sascha Monschauer führt auch organisatorische Veränderungen an. So wurden vorübergehend Mitarbeiter abgestellt, um die Bereiche zu verstärken, die in der aktuellen Ausnahmesituation besonders gefordert sind. Von einer generellen Krisenstimmung kann übrigens aus seiner Sicht nicht die Rede sein. Denn ein großer Teil der Kunden, die jetzt Beratungsdienstleistungen in Anspruch nehmen wollen, haben genügend Eigenmittel aufgebaut, um die kommenden Wochen zu überstehen. Wenn die Sonderlage aber länger andauert als gedacht, müsse die Situation neu bewertet werden. „Wir können ja nicht einfach in die Glaskugel schauen“, betont Sascha Monschauer und spricht damit an, dass auch Kreditinstitute nur eine Momentaufnahme wagen können.

Bis auf Weiteres haben sich die Kommunikationswege für die Kunden verändert. Es läuft fast alles über Telefon, E-Mail und Post. Und auch die Mitarbeiter mussten sich umstellen und unkonventionelle Arbeitszeiten einstellen. So arbeiten die Berater und Finanzierungsexperten der Sparkasse Koblenz zurzeit in Schichten, damit sie werktags von 6 bis 22 Uhr erreichbar sind.

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