Skandale und Krisen der Fleisch- und Autoindustrie schlagen auf den Lehrstellenmarkt im Handwerk durch, wie die Handwerkskammer (HwK) Koblenz feststellen muss. Bei Fleischern gibt es einen Einbruch von mehr als 40 Prozent. Wegen der Krise der Automobilindustrie meiden offenbar viele junge Menschen die einstige Schlüsselindustrie auch im Handwerk. Dafür spreche das Minus von 20 Prozent – nach konstant steigender Nachfrage der vergangenen Jahre im Kfz-Handwerk.
Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse schloss Ende September im Vergleich zu 2019 mit einem Minus von neun Prozent. Im Vergleich zum August konnte aber der Rückgang um rund drei Prozent abgebaut werden. Doch noch immer fehlen 274 Lehrverträge (insgesamt 2891), um die Vorjahreszahl zu erreichen. Nach der Berechnung der Kammer wären die Zahlen insgesamt stabil, wenn nicht die Kfz-Berufe sowie Nahrungs- und Gesundheitsberufe aus der Reihe fielen. Gewinner gibt es auch: Berufe rund um Bau und Haustechnik sind weiter gefragt. „Während Bäcker oder Konditoren ein Minus von rund 17 Prozent beklagen, verzeichnen die Bauberufe ein Plus von 5 Prozent über dem Vorjahr.“
Aus Sicht der Kammer werden die Unsicherheit der Autoindustrie und die Frage, ob der Umstieg auf die E-Mobilität gelingt, „völlig zu Unrecht“ übertragen. „Denn die Handwerksberufe der Autobranche sind viel berechenbarer und bieten nach wie vor gute Perspektiven“, ist Präsident Kurt Krautscheid überzeugt. Das Werkstattgeschäft bleibe auch nach einem Auslaufen der Verbrennertechnologie über mindestens zehn bis 15 Jahre erhalten, glaubt er, andere Berufe, so Karosserie- und Fahrzeugbauer, seien gar nicht betroffen. Corona verstärkt auch den Trend zum Abwarten, wie die Kammerumfrage unter Innungsmeistern des Kfz-Handwerks zeigt: „Die Berufsentscheidung wird weiter hinausgezögert, lieber entscheidet man sich für Schule, Studium oder freiwilliges Jahr. Viele Kfz-Betriebe, die immer ausgebildet haben, konnten 2020 keinen Azubi einstellen.“ Selbst Angebote für Einstiegsqualifikationen werden weniger genutzt. Nach dem Erfolg im vergangenen Monat will die Kammer aber alles daran setzen, „dass sich dieser Trend auch fortsetzt“, kündigt Krautscheid an. us