Montabaur

1&1 legt sich mit Konkurrenz an: Mobilfunkanbieter aus Westerwald beantragt „National Roaming“

Mobilfunker Drillisch kommt voran
Der Mobilfunkanbieter 1&1 mit Sitz in Montabaur hat große Probleme beim Ausbau seines eigenen Handynetzes. Foto: Thomas Frey/picture alliance/dpa

Der Mobilfunkanbieter 1&1 mit Sitz in Montabaur (Westerwald) muss für seine Forderung nach staatlich angeordnetem Roaming scharfe Kritik von Wettbewerbern einstecken. „Das ist unverschämt und aus unserer Sicht völlig unhaltbar“, sagte der Chef von Telefónica Deutschland (O2), Markus Haas.

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Zuvor hatte 1&1 bei der Bundesnetzagentur beantragt, dass die Regulierungsbehörde das „National Roaming“ anordnet und die Netze untereinander geöffnet werden. Dann würden 1&1-Handykunden auch dort Empfang bekommen, wo die Firma noch keine eigenen Antennen hat.

1&1 hatte 2019 erstmals Frequenzen ersteigert, um ein eigenes Netz zu bauen. Das wäre das vierte deutsche Handynetz nach den Netzen der Telekom, von Vodafone und O2. Beim Ausbau kommt das Unternehmen aber nur schleppend voran: Anstatt der vorgeschriebenen 1000 5G-Standorte nahm es bis Ende 2022 nur fünf in Betrieb. Inzwischen sind es 20.

Noch keine Antenne für Handynutzung freigeschalten

Bisher wurde noch keine Antenne für die Handynutzung freigeschaltet, die Öffnung des Netzes für mobile Anwendungen wird für September angestrebt. Abseits der 1&1-Standorte sollen Kunden nach dem Handynetzstart zwar Verbindungen von O2 bekommen, dies aber nur im langsameren 4G-Funkstandard.

Nach den Worten einer 1&1-Sprecherin ist nationales Roaming „ein bewährtes Verfahren, damit Kunden schon während der Zeit des Aufbaus eines neuen Netzes flächendeckend versorgt werden.“ Für 1&1 wäre es wichtig für wirksamen Wettbewerb und ein konsequenter Schritt, „um als vierter Netzbetreiber Chancengleichheit mit den etablierten Betreibern von Mobilfunknetzen zu erhalten“.

Bereit zu Behandlung für faire Preise

Mit dem nun beantragten „National Roaming“ will 1&1 Kunden künftig bundesweit 5G-Verbindungen über die drei Netze der anderen bieten. Sollte der Neueinsteiger dieses Roaming bekommen, hätte 1&1 schlagartig bessere Karten.

Telefónica-Deutschlandchef Haas geht aber davon aus, dass die Bundesnetzagentur den 1&1-Antrag ablehnen wird. Verärgert sagt er, dass man beim Netzbau nun mal investieren müsse „und nicht immer jammern und den Regulierer um Hilfe bitten“. Zu Verhandlungen über 5G-Roaming, das nicht staatlich angeordnet ist, sei man bereit – zu „fairen Preisen“.

Von der Konkurrenz kommt Kritik auf

Kritik an 1&1 kommt auch von der Deutschen Telekom. Ein Firmensprecher nennt den Ruf nach einem so umfassenden Roaming „absurd“. Und ein Vodafone-Sprecher sagt: „Wir haben den Antrag mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen.“

Mit dem Antrag nutzt 1&1 einen noch recht neuen Passus im Telekommunikationsgesetz. Demzufolge darf die Netzagentur „geeignete Maßnahmen“ ergreifen und nationales oder regionales Roaming durchsetzen, „wenn die Umstände dies rechtfertigen“. Nun sitzt die Behörde an einer Marktanalyse, danach kommt die Entscheidung.

Nationales Roaming ist kein Novum

Ein Novum ist nationales Roaming nicht in Deutschland: Von 1999 bis 2007 ließ die Telekom den Neueinsteiger Viag Interkom beziehungsweise dessen Nachfolgefirma O2 auf ihr Netz. Damals war das aber nicht staatlich angeordnet, sondern frei ausverhandelt zwischen den Firmen.

Bei dem Hinweis auf dieses Roaming-Kapitel runzelt O2-Manager Markus Haas die Stirn. In vier Jahren habe man damals 6000 Mobilfunkstandorte gebaut und eine Bevölkerungsabdeckung von 75 Prozent im Funkstandard 2G hinbekommen. Bei 1&1 sei das anders, die Firma habe nach vier Jahren noch keinen einzigen Standort für die Handynutzung aktiviert, sagt Haas.

20.000 Antennen auf Lager

Die 1&1-Sprecherin betont die Entschlossenheit zum Netzausbau und verweist darauf, dass für jedes transportierte Gigabyte Netzmiete gezahlt werde. Man habe schon viel Geld investiert und 20.000 Antennen gekauft, die man auf Lager habe.

„Es hat für uns daher keinen Sinn, unnötig lange teure Roaming-Kapazitäten zu nutzen“, so die Firmensprecherin. „Außerdem bleiben wir weiterhin an die Ausbauauflagen der Bundesnetzagentur gebunden.“ Verzögerungen im Netzausbau kämen die Firma damit „doppelt teuer zu stehen“.