Wo das Grundwasser zu hohe Nitratwerte aufweist, dürfen Bauern 20 Prozent weniger Dünger ausbringen. Der erste rheinland-pfälzische Landwirt klagt nun gegen die Messungen. Das Grundproblem bleibt: Die erhöhten Nitratwerte werden sich nicht wegmessen lassen.
Carsten Zillmann zur Debatte um Messstellen im Land
Die Problematik lässt sich mit einem vorweihnachtlichen Alltagsbeispiel veranschaulichen. Wer in den kommenden Tagen Gänsebraten, Glühwein und Plätzchen frönt und am 27. Dezember nicht mehr in die Hose passt, kann sich eine präzisere Waage kaufen. Wenn die dann weniger Gewichtszunahme anzeigt als das alte Modell, wird der Hosenbund davon nicht weiter. So ist auch die Lage beim Nitrat. Laut einer Studie des Umweltbundesamts stammen 88 Prozent des Nitrats im Grundwasser aus Landwirtschaftsflächen.
Landwirte fordern nun – auch gerichtlich – präzisere Messungen. Gerade sogenannte Binnendifferenzierungen sind ein großes Thema. Was bedeutet das? Aktuell sind die Grundwasserkörper teils riesig. Die Einstufung als rotes Gebiet bedeutet aber nicht, dass dort an jedem Ort der Nitratwert im Grundwasser über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter liegt. Heißt: Es könnten auch grüne Zonen in roten Gebieten gemessen werden. Wahr ist aber auch der Umkehrschluss: Selbst in den unbedenklichen Regionen könnten Bauern in rote Gebiete geraten.
Wie man nun die Sachlage dreht, wendet und vermisst: Nitrat fällt nicht vom Himmel, sondern fließt aus Güllebehältern und fliegt aus Scheiben-, Pendel- und Schneckenstreuern auf Felder und sickert von dort ins Grundwasser. Die Bauern haben recht, wenn sie wegen der unverhältnismäßigen 20-Prozent-Reduzierung um ihre Geschäftsgrundlage bangen. Eine Messdebatte löst aber weder dieses – noch das Grundproblem: zu hohe Belastung des Grundwassers.
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