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Mainz

Landesregierung pflanzt bienenfreundlichen Strauch und erntet einen Shitstorm: Wenn Lavendel zum Politikum wird

Von Carsten Zillmann

Der Lavendel wurde 2020 zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. Extrakte aus der violetten Blüte empfiehlt das Kuratorium beispielsweise gegen innere Unruhe. Seit Sonntagmorgen ist indes bekannt, dass die Sommerpflanze auch ganz gut als Aufputschmittel taugt – und zwar für die Netzgemeinde. Die rheinland-pfälzische Landesregierung pflanzte vor der Mainzer Universitätsklinik den nun politischsten Lavendel Deutschlands und erntete einen Shitstorm von Pflegekräften und medizinischem Personal.

Lesezeit: 3 Minuten
Der Strauch des Anstoßes lugt gerade einmal von der Grasnarbe bis ans Schienbein und ist inzwischen leicht verblüht. Er erlebt damit einen verspäteten Ruhm – und mit ihm die 5100 Euro teure Kampagne „#ichpflanzfürdich“, die die Landesregierung in der vorletzten Juniwoche gestartet hatte. Die Idee: „Bei #ichpflanzfürdich kann jede und ...
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Kommentar zur Kampagne: Wie ein Elefant durch das Lavendelfeld

Die Landesregierung pflanzt einen Lavendelstrauch, um sich bei den Mitarbeitern der Universitätsklinik Mainz für ihre Arbeit während der Corona-Pandemie zu bedanken. Viele Pfleger ärgern sich und wüten via Twitter. Sie überziehen dabei deutlich im Ton, doch noch vermessener ist die Kampagne der Staatskanzlei.

Carsten Zillmann zur Landeskampagne #ichpflanzfürdich

Zunächst einmal ist es Unsinn, wenn die Pflegekräfte behaupten, die Landesregierung, die sie als Chiffre für „den Staat“ nutzen, hätte nichts für sie getan, außer einen 20-Euro-Lavendel auszupflanzen. Es stimmt: Das Krankenhaus- und Pflegesystem hat strukturelle Probleme. Die wertvolle Arbeit wird zu gering bezahlt, zu Beginn der Krise (und zu lange danach) fehlte Schutzausrüstung. Trotzdem ist es der Politik gelungen, in einem Kraftakt sämtliche Kapazitäten enorm auszubauen. Auch deshalb drohte nie der Kollaps wie in vielen anderen Ländern der Welt. Zur Wahrheit gehört sogar, dass viele Kapazitäten ungenutzt blieben und gerade die Rettungsdienste weniger als üblich ausgelastet waren.

Trotzdem ist die Kampagne ein Unding. Die Idee: „Wir machen etwas mit Corona-Helden, Pflanzen und Artenvielfalt. Da kann ja niemand was gegen haben.“ Dabei ging es vor allem um eins: möglichst viele Themen zu bündeln, die die Landesregierung gut aussehen lassen. Der Dank an wen auch immer war letztlich nur ein Vehikel für plumpe Eigen-PR. Die Aktion dann auch noch – mit einem Text aus der Kopiervorlage – zu verteidigen, statt die Pleite einzugestehen, krönt das Desaster. So trampelt ein Elefant durchs Lavendelfeld.

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