Rheinland-Pfalz

Finanzielle Sorgen nach der Flut: So will Minister Mertin helfen

Von Ursula Samary
Minister Mertin: Firmen brauchen Zeit für Verhandlungen.  Foto: dpa
Minister Mertin: Firmen brauchen Zeit für Verhandlungen. Foto: dpa

Um nach der Flutkatastrophe eine Insolvenzwelle von hart getroffenen Unternehmen zu verhindern, drängt Justizminister Herbert Mertin (FDP) darauf, die Insolvenzantragspflicht bei durch Hochwasser oder Starkregen verursachten Finanzproblemen bundesweit rückwirkend bis zur Flutnacht vom 14./15. Juli auszusetzen. Er hat Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu einem Gesetzentwurf aufgefordert und auf die verheerenden Schäden aufmerksam gemacht. Er erinnert daran, dass der Staat bei den Hochwasserkatastrophen 2002 und 2013 ähnlich vorgegangen ist.

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Wie die Handwerks- sowie die Industrie- und Handelskammer melden, hat die Flut mehr als 1600 Betriebe teils massiv geschädigt. Hinzu kommen viele Weinbaubetriebe. Wie Mertin an Lambrecht schreibt, könnten die Schäden an Gebäuden, Anlage- und Vorratsvermögen sowie Betriebsunterbrechungen Unternehmen auch dann in wirtschaftliche Turbulenzen bringen, wenn deren geschäftliche und finanzielle Situation zuvor solide war und keine Schwierigkeiten erwarten ließ.

Dabei hofft der Liberale auch, dass sich eine Insolvenz durch Zins- und Tilgungsmoratorien, Schuldennachlass, durch mögliche Entschädigungen, Versicherungsleistungen oder Spenden in vielen Fällen abwenden lässt. „Die betroffenen Unternehmen und ihre organschaftlichen Vertreter brauchen jedoch Zeit“, um die nötigen Finanzierungs- und Sanierungsverhandlungen zu führen. Aber Gespräche konnten wegen andauernder Aufräumungsarbeiten vielfach noch gar nicht beginnen.

Wegen der zeitlich besonderen Dringlichkeit hat Mertins Ministerium bereits einen Gesetzentwurf erarbeitet, um ihn als Bundesratsinitiative einzubringen. Denn derzeit sei unsicher, ob der Bundestag noch vor der Wahl am 26. September über ein entsprechendes Gesetz von Lambrecht abstimmen kann. Aber ein Warten bis zur neuen Legislaturperiode sei für massiv betroffene Menschen aus Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern, die auf jegliche Unterstützung angewiesen sind, nicht zumutbar, sagt Mertin. Sein Gesetzentwurf ist im Mainzer Kabinett bereits in der Ressortabstimmung. Er soll nächste Woche beschlossen werden.

Regulär tagt der Bundesrat erst wieder am 17. September. Aber wegen Corona kam die Länderkammer auch zu mehreren Sondersitzungen zusammen. Wie es im Mainzer Justizministerium heißt, ist das von der Flut hart betroffene Nachbarland NRW ebenfalls stark daran interessiert, die Insolvenzantragspflicht mit ihren engen Fristen für betroffene Firmen auszusetzen. Mit Bayern und Sachsen laufen noch entsprechende Gespräche, wie es heißt.

Eine Sorge kann Mertin Privatpersonen und Betrieben nehmen, die Soforthilfen des Landes erhalten: Das Geld sei wegen der klaren Zweckbindung für die besondere Notlage pfändungsfrei. Im Einzelfall entscheide der Richter zwar in seiner Unabhängigkeit. Aber der Bundesgerichtshof habe wegen der klaren Zweckbindung eine Corona-Soforthilfe auch bereits als nicht pfändbare Forderung eingestuft.

Das ebenfalls beim Starkregen überflutete Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler ist inzwischen wieder telefonisch und per Mail erreichbar, die Pforte ist ebenfalls besetzt. Trotzdem: Es herrscht ein gewisser Notbetrieb, weil auch viele Beschäftigte noch mit den Folgen der Flut kämpfen. Alle Termine sind bis zum 8. August aufgehoben. Bei dringenden Erbangelegenheiten helfen die Amtsgerichte Mayen und Neuwied den Bürgern weiter.

Von Ursula Samary