Nun hat also auch das zweite Landtagsgremium in Sachen Ahrflut seine Arbeit aufgenommen. Nach dem Untersuchungsausschuss, der die Vorgänge und Verantwortlichkeiten in den Tagen vor sowie während und kurz nach der verheerenden Flutkatastrophe am 14. und 15. Juli ins Visier nehmen soll, berät ab sofort auch die vom Landtag einstimmig eingesetzte Enquete-Kommission zu Konsequenzen aus dem Flutdrama, das allein im Ahrtal 134 Todesopfer gefordert hat.
Es ist ein richtiger Ansatz, mithilfe von Expertinnen und Experten den Hochwasserschutz im Land sowie das gesamte technische und organisatorische System der Vorsorge und des Katastrophenschutzes unter die Lupe zu nehmen. Allein: Der Zeitplan lässt zweifeln.
Damit sich bei den Flutopfern im Ahrtal wieder ein Gefühl der Sicherheit einstellt, muss nicht nur klar sein, wie sie künftig verlässlich und rechtzeitig vor solch tödlichen Gefahren gewarnt werden – diese Klarheit muss auch schnell kommen. Es drängt zudem die durchaus brisante Frage, wie es um den allgemeinen Zustand des Katastrophenschutzes in Rheinland-Pfalz und speziell der Krisenstäbe in unseren Kommunen bestellt ist – und ob das Land im Angesicht einer sich anbahnenden Katastrophe nicht viel früher viel aktiver werden muss. Ein Besuch im betroffenen Krisenstab reicht jedenfalls nicht. Für die Betroffenen an der Ahr wird es auch unerlässlich sein, dass man ihnen so schnell wie möglich grenzübergreifende, überzeugende Hochwasserschutzkonzepte präsentiert, die solche Extremereignisse abmildern können. Denn nur wer sich sicher fühlt, wird auch gern im Ahrtal bleiben oder dorthin ziehen.
Das alles in dieser Enquete-Kommission zu klären, klingt ambitioniert. Unwohl kann einem denn auch bei der geplanten Zeitschiene werden. Mitte 2023 will das Gremium erst seinen Abschlussbericht vorlegen. Die Menschen im Ahrtal brauchen aber dringend konkrete Antworten, damit sie Vertrauen in staatliche Strukturen zurückgewinnen. Und das nicht nur an der Ahr: Schließlich sollen die Ergebnisse der Kommission für den Katastrophenschutz in ganz Rheinland-Pfalz wegweisend sein. Deswegen müssen die angekündigten Zwischenberichte deutlich mehr sein als allgemeine, unverbindliche Stellungnahmen zum Stand der Diskussionen.
Bleibt noch die Suche nach den Fehlern und Verantwortlichkeiten in der Flutnacht selbst. Und damit die eine Frage: Hätte der Tod von so vielen Menschen in den Fluten der Ahr zumindest teilweise verhindert werden können? Dass sich der Landtag auch darum selbst kümmert, ist richtig, denn die möglichen Vorwürfe berühren staatliche und kommunale Strukturen.
Wenig hilfreich klang dabei zunächst die Forderung der CDU, die Flutkatastrophe samt der Konsequenzen in einem Untersuchungsausschuss zu behandeln. Die von der CDU dann aber gewählte Strategie, nur die Abläufe der Flutnacht im Untersuchungsausschuss zu beleuchten, macht dagegen Sinn. Auch daraus lassen sich wichtige Schlüsse für die Zukunft ziehen. Und das kann der Landtag nur, wenn er sich selbst ein Bild davon gemacht hat, was in dieser Nacht geschah – und was eben nicht. Dies allein den Staatsanwälten zu überlassen, würde der Bedeutung des Parlaments nicht gerecht. Zumal mögliche Konsequenzen am Ende auch die Landespolitik betreffen könnten.
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