Plus
Mainz

Antisemitismus-Diskussion im Landtag: Alle gegen die AfD

Von Sofia Grillo
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hört Matthias Joa (AfD) zu, der in der Debatte um Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz zu den Abgeordneten spricht. Er und die anderen AfD-Fraktionsmitglieder wurden von den Rednern aller anderen Fraktionen scharf kritisiert.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hört Matthias Joa (AfD) zu, der in der Debatte um Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz zu den Abgeordneten spricht. Er und die anderen AfD-Fraktionsmitglieder wurden von den Rednern aller anderen Fraktionen scharf kritisiert. Foto: dpa

Es sollte um Antisemitismus gehen. Doch es ging auch um die AfD. Gleich zwei Debatten im rheinland-pfälzischen Landtag drehten sich um den Terroranschlag in Halle und den Rechtsextremismus in Deutschland. Sie nahmen mit jedem Redebeitrag Fahrt auf. Von der staatstragenden Regierungserklärung bis zum knallharten Schlagabtausch. Erst blickten die Redner nur vage auf die AfD-Fraktion, irgendwann zeigten sie direkt mit dem Finger auf die Alternative für Deutschland, bis Michael Hüttner (SPD) schließlich schimpfte: „Sie sind für mich rechtsextremistisch! Sie sind für mich nationalsozialistisch!“ AfD-Fraktionschef Uwe Junge kündigte ein Nachspiel im Ältestenrat an.

Lesezeit: 3 Minuten
In völlig anderem Ton sprach Ministerpräsidentin Malu Dreyer. „Wir lassen nicht zu, dass Juden in unserem Land bedroht werden“, sagte sie. Die Konsequenzen aus dem Anschlag in Halle: Die Polizei schützt Synagogen durch Präsenz und regelmäßige Kontrollen, erstellt Sicherheitskonzepte mit jüdischen Gemeinschaften und prüft Sicherheitsanlagen der Gebäude religiöser Minderheiten. Mörderischer ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Kommentar: Nie wieder? Schon wieder! Immer wieder!

Nach dem rechtsextremen Terroranschlag in Halle sind sich alle Parteien im rheinland-pfälzischen Landtag einig: „Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.“ Dieser Satz ist gut gemeint, hat aber mit der Realität nichts zu tun. In Deutschland bedrohen vier Millionen Antisemiten knapp 100.000 jüdische Mitbürger. Daher: Judenhass gehört zu Deutschland. Leider. Halle markiert ein zivilgesellschaftliches und rechtsstaatliches Totalversagen.

Carsten Zillmann über grassierenden Antisemitismus

„Wir lassen nicht zu, dass Juden und Jüdinnen in unserem Land bedroht werden“, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Auch hier ist die Intention wohlgemeint, jedoch: Wir lassen es zu. Wir lassen sogar zu, dass Jüdinnen und Juden Opfer von Straftaten werden. 31- mal ist das seit dem 1. Januar 2019 passiert. 30 der Taten stufen die Behörden als rechtsextrem motiviert ein. 2019 wird – davon darf man ausgehen – einen neuen beschämenden Rekordwert bringen. Rund ein Drittel dieser Fälle wurde nicht aufgeklärt. Die Täter sind also unbekannt. Sie sind eine herumstreunende Bedrohung für jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz. Flammende Bekenntnisse in Sonntagsreden an Plenardienstagen reichen nicht.

Die Täter gehören zu einer Minderheit, allerdings zu einer vier Millionen Menschen starken Minderheit. 5,8 Prozent der Deutschen stuft das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld als „klassisch antisemitisch“ ein. Die Anti-Defamation League fand heraus, dass 30 Prozent der Deutschen glauben, dass Juden gehasst werden, weil sie sich wie Juden verhalten. Dieses Drittel glaubt auch, dass Juden zu viel Macht in der Geschäftswelt und auf den Finanzmärkten haben. Solange sich solche Verschwörungstheorien – wie auch immer – in Millionen von Gehirnen etablieren können, sterben in Deutschland Juden durch Gewalt. Im Mittelalter, im Deutschen Reich, im Dritten Reich. Schon wieder! Immer wieder!

E-Mail an den Autor

Meistgelesene Artikel