Die Deutsche Bahn ist am Mittelrhein wohl immer für eine Überraschung gut. Vor gut fünf Jahren hat sie selbst den sanierungsbedürftigen Zustand der drei alten Tunnel zwischen St. Goar und Oberwesel öffentlich gemacht.
Sich fünf Jahre danach hinzustellen und zu erklären, dass sie überhaupt keine Notwendigkeit für eine Sanierung erkennt, ist für sich allein genommen bereits bemerkenswert. Grotesk wirkt dieses Verhalten allerdings vor dem Hintergrund, dass Monate damit verbracht wurden, um in einem Arbeitskreis sozusagen im Schulterschluss mit der Region und mit Experten darüber zu beraten, wie sich ein Tunnelneubau am besten darstellen ließe.
Heraus kam beim Arbeitskreis gerade auch mit Blick auf den Unesco-Status der Region die Variante „pink“, also die lange Umfahrung von St. Goar und Oberwesel. Vielleicht ist dieses Ergebnis so heute nicht mehr von der Bahn gewünscht. Vielleicht ist dieser Tunnel zu teuer. Vielleicht pokert der Konzern im Kampf um die Finanzierung aber auch nur. Vielleicht hofft die Bahn, dass bei einer möglichst sturen Haltung die Politik bei der Finanzierung einspringt – und den Bau aus Sondermitteln bezahlt und nicht aus dem milliardenschweren Instandhaltungstopf, welcher der Bahn vom Bund zur Verfügung gestellt wird.
Das ist alles Spekulation. Es bleibt wie immer bei der Bahn: spannend. Einmal mehr allerdings fühlt sich die Region Mittelrhein von dem Konzern verschaukelt. Es ist schließlich nicht so, als würde es bei den Themen Bahn, Lärm und Mittelrheintal immer transparent zugehen. Ganz im Gegenteil. Sich jetzt allerdings hinzustellen und zu erklären, dass zwischen St. Goar und Oberwesel entgegen dem selbst aufgebrachten Sanierungsbedarf gar kein Tunnelneubau notwendig ist, ist mindestens überraschend. Auf diejenigen, die sich seit Jahren für das Thema Tunnel engagieren, wirkt es vor allem: ziemlich dreist.