Sinzig

Wiederaufbau samt Energiewende: Der Weg zum SolAHRtal ist möglich

Von Judith Schumacher
Wenn der Ahrkreis bis zum Jahr 2027 seinen Energieverbrauch bilanziell komplett mit erneuerbaren Energien decken will, ist eine große Kraftanstrengung vonnöten. Wie dieser Weg aussehen könnte, wurde bei einem Vortrag in Sinzig erläutert.
Wenn der Ahrkreis bis zum Jahr 2027 seinen Energieverbrauch bilanziell komplett mit erneuerbaren Energien decken will, ist eine große Kraftanstrengung vonnöten. Wie dieser Weg aussehen könnte, wurde bei einem Vortrag in Sinzig erläutert. Foto: dpa

Wenn es um den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe im Ahrtal geht, so möchten Wissenschaftler der Gruppe Science for Future darauf hinwirken, dass dieser die Versorgung der Bevölkerung zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien zum Ziel haben soll. Angesichts der drastischen Auswirkungen der weltweiten Klimakatastrophe haben Wissenschaftler in einer Studie mit dem Titel „Impulskonzept für den Wiederaufbau: Aus Ahrtal wird SolAHRtal“ erstellt.

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Die Kernaussagen der Studie stellte jetzt Prof. Urban Weber von der Technischen Hochschule Bingen auf Einladung des Ortsverbands Sinzig von Bündnis 90/Die Grünen im Pfarrheim St. Peter vor. Wie Weber betonte, findet das vorgelegte Impulskonzept in der Kommunalpolitik breite Unterstützung.

Der Kreis- und Umweltausschuss des Landkreises Ahrweiler hat auf Basis dieses Konzepts beschlossen, eine Projektgruppe „Energiebewusstes Bauen und Nutzung regenerativer Energien im Ahrtal“ einzurichten.

„Wir sind schon in guten Gesprächen mit der Kreisverwaltung und im engen Austausch mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Ich könnte mir vorstellen, dass nach der fertigen Ausgestaltung der Innovationsgesellschaft hier im Ahrtal eine gute Basis für die Umsetzung unseres Konzeptes gefunden werden kann“, sagte der Professor.

Inhaltlich geht es um den vehementen Ausbau erneuerbarer Energien, etwa durch Windkraft und Fotovoltaik. Was die von der Flut betroffenen Bewohner angeht, deren Häuser ganz oder teilweise zerstört wurden, so sei klar, dass hinsichtlich etwa der Wärmeversorgung eine Lösung für den Winter gefunden werden muss.

„Aber jeder sollte sich darüber im Klaren sein: Wenn er jetzt eine Heizung einbaut, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wird, wird er diese keine 30 Jahre behalten“, so Prof. Weber. Dazu würden die Energiepreise für fossile Brennstoffe viel zu teuer werden, während die für erneuerbare Energien immer günstiger würden.

Beim Neubau von Siedlungen und der Sanierung von Flutgebäuden sah der Experte keine gemeingültige Lösung. „Das muss alles auf die jeweiligen lokalen Gegebenheiten abgestimmt werden“, betonte Weber.

Im Ahrtal bräuchte man für eine Energiewende im Bereich Solarenergie jährlich 35 Hektar Freiflächen plus 170.000 Quadratmeter Flächen auf Gebäudehüllen für Fotovoltaikanlagen. In Sachen Windkraft wären zum Erreichen des für das Jahr 2027 gesteckten Ziels von 100 Prozent erneuerbaren Energien im Ahrtal ab dem Jahr 2023 der Bau von sechs Anlagen pro Jahr, ab dem Jahr 2024 von acht bis zehn Windkraftanlagen pro Jahr nötig.

„Das sind ambitionierte Ziele, man muss sich der Größe der Aufgabe bewusst sein – im Kreis Ahrweiler gibt es derzeit an elf Standorten mehr oder weniger konkrete Planungen. Hier gilt es, beschleunigte Verfahren anzustreben“, so der Experte.

Beim Bau von Fotovoltaikanlagen könne man dies mit Projekten aus der Landwirtschaft, der Biodiversität, beim Bau von Parkplätzen und auch im Rahmen des Hochwasserschutzes verbinden. Was die E-Mobilität angeht, so vertritt der Professor den Standpunkt: „Man kann nicht 40 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor durch 40 Millionen E-Autos ersetzen, das wäre Wahnsinn. Aber der ÖPNV muss ausgebaut und dann auch möglichst elektrifiziert werden.“

Zuversichtlich zeigte sich der Experte dass das Impulskonzept tatsächlich umsetzbar ist. Er habe den Eindruck, dass überall da, wo in den Orten und Kommunen Gespräche mit den Energieversorgern geführt würden, allen klar sei, dass etwa die Wärmeversorgung eine kommunale Sache sei, bei der jeder wisse, dass man überparteilich denken muss.

„Die politische Struktur im Kreis wird, wie ich denke, von der FWG, CDU und FDP dominiert. Das sind dennoch offene Menschen, die denken, dass dieses Konzept eine gute Basis sein kann. Ich kann mir vorstellen, dass die Grünen als konstruktiver kritischer Begleiter dafür sorgen, dass die Ziele darin nicht verwässern“, so die Einschätzung des Vortragenden.

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.energiewende-2030.de/wiederaufbau-nach-flutkatastrophe-klimavertraeglich