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Havanna

Warum Kuba wohltuend entschleunigend wirkt: Kreuzfahrt mit der „MS Hamburg“ zur Karibikinsel

Von Kurt Knaudt
Die amerikanischen Oldtimer aus den 1950er-Jahren sind aus dem Stadtbild von Havanna nicht wegzudenken. Aber nicht nur dort, sondern auf der ganzen Insel sind sie präsent.
Die amerikanischen Oldtimer aus den 1950er-Jahren sind aus dem Stadtbild von Havanna nicht wegzudenken. Aber nicht nur dort, sondern auf der ganzen Insel sind sie präsent. Foto: mabofoto

Kuba ist mehr als Sonne, Strand und Salsa. Unser Reporter Kurt Knaudt hat die Karibikinsel erkundet.

Lesezeit: 6 Minuten
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Es ist schon viele Jahre her, als während einer Reise durch Jamaika unser von dort stammender Fahrer voller Respekt und Anerkennung von den Kubanern sprach: „Very fine people“ nannte er sie – wunderbare Menschen. Ein Kompliment, an das ich bei der Kuba-Reise mit dem Kreuzfahrtschiff „MS Hamburg“ wiederholt denken musste. Es kam mir in den Sinn, als uns, den Touristen, wildfremde Menschen auf der Straße freundlich zuwinkten. Und es war auch gleich präsent, als ein Mitreisender an einem Imbissstand einer neben ihm stehenden Frau sein Wechselgeld anbot – und sie freundlich, aber stolz und bestimmt ablehnte.Very fine people: Das dachte ich aber spontan auch, als eine Kubanerin eine Frau aus unserer Gruppe beim Bummel durch Santiago de Cuba einfach so darauf aufmerksam machte, dass an ihrem Rucksackfach mit den Wertsachen der Reißverschluss offen war. Natürlich gibt es auch auf Kuba nicht nur freundliche und angenehme Menschen. Aber das Lebensgefühl ist auffallend positiv und entspannt. Die Menschen sind überwiegend hilfsbereit und wirken gelassen, zumindest nicht so gehetzt und gestresst wie viele bei uns. Das ist wohltuend entschleunigend.

„Ich habe auf Kuba zu leben gelernt. Erst die Menschen hier haben mir bewusst gemacht, dass es nicht auf materiellen Besitz ankommt“, berichtet Jens Schöne von einer besonderen Lektion, die er als seine persönliche Rettung ansieht. Dabei dauerte es eine Weile, bis sich der gebürtige Chemnitzer mit der Insel und ihren Bewohnern angefreundet hatte. Der Mittfünfziger war nach 30 Jahren Dauerstress als Vertriebschef einer großen Versicherungsmaklergesellschaft und zwei gescheiterten Ehen buchstäblich am Ende. „Mein Arzt meinte, wenn ich so weitermache, habe ich noch drei Monate“, erzählt er freimütig.

Da kam die Offerte eines gleichermaßen erschöpften und frustrierten Freundes, der dem Vorstand der Firma angehört hatte, gerade recht. Er, der Kuba von vielen Besuchen gut kannte, wollte dort ein eigenes Unternehmen gründen. Jens schlug ein und fand sein Glück, indem er sich selbst fand. Zunächst musste allerdings der Kampf mit der sozialistischen Bürokratie ausgefochten werden. Es dauerte geschlagene vier Jahre, bis er und sein Partner endlich den Gewerbeschein in Händen hielten. „Allerdings gibt es längst nicht so viele Vorschriften wie bei uns in Deutschland, sondern fast immer Ermessensspielräume. Nur wenn man gegen alle Spielregeln verstößt, wird eingegriffen.“

Mit dem E-Bike durch Havanna

Jetzt bieten die beiden Gründer als erste und bisher einzige Agentur unter dem Namen Cubyke als Alternative zu den für viele Touristen obligatorischen und ebenfalls reizvollen Oldtimer-Rundfahrten E-Bike-Touren mit selbst gebauten Rädern durch Havanna und seine Umgebung an. So lässt sich die Hauptstadt wunderbar entdecken. Was auch daran liegen mag, dass es auf den Straßen deutlich entspannter als in westlichen Metropolen zugeht. Habana, wie sie in der Landessprache genannt wird, wirkt ohnehin nicht wie eine mehr als zwei Millionen Einwohner zählende Großstadt.

Je mehr man sich aber vom zum 500-jährigen Bestehen am 17. November herausgeputzten Zentrum entfernt, desto unansehnlicher sind die Gebäude. Auch viele der repräsentativen Häuser aus der spanischen Kolonialzeit haben Schäden, einzelne sind bereits verfallen. Da kann man manchmal nur noch ahnen, welchen Glanz diese Stadt einst versprüht haben muss. Dennoch scheinen sich nur wenige nach früheren Zeiten zurückzusehnen. „Die meisten Kubaner sind trotz aller Mängel und Unzulänglichkeiten mit ihrem Leben zufrieden“, ist Jens Schöne überzeugt.

Kuba hat viel Natur zu bieten, unter anderem die Wasserfälle El Nicho (Foto). Nicht weit davon gibt es sogar einen schönen Badeplatz.
Kuba hat viel Natur zu bieten, unter anderem die Wasserfälle El Nicho (Foto). Nicht weit davon gibt es sogar einen schönen Badeplatz.
Foto: Kurt Knaudt

Kubaner sind offene Menschen, aber es dauert, bis sie Vertrauen fassen. Zwei Jahre musste der Neue warten, bis er zur Einwohnerversammlung in dem Viertel von Havanna, in dem er lebt, eingeladen wurde – eine Art Ritterschlag. „Meine Nachbarn haben sich erst mal in aller Ruhe angeschaut, was ich mache und wie ich lebe. Dann sind sie offenbar zu der Erkenntnis gekommen, dass ich ganz in Ordnung bin.“ Seitdem gehört der Deutsche dazu.

Höhepunkt der Halbtagestour, die inklusive Getränke 65 Euro pro Kopf kostet, ist die Fahrt entlang der Uferstraße Malecón, wo wir wegen eines Radrennens auf die breite Fußgängerpromenade ausweichen müssen. Dort sorgen die Atlantikwellen bei einigen von uns für unfreiwillige Duschen.

Am Tag davor haben wir, nachdem wir an Bord der „MS Hamburg“ gegangen sind, noch einen Abstecher durch die Altstadt unternommen. An vielen Ecken und aus vielen Bars erklingt Musik: Es wird getanzt, gesunken und getrunken, vor allem Mojito und Cuba Libre.

Trumps restriktiver Kurs

Wer Kuba besucht, kommt aber auch um Politik nicht herum. Das sozialistische Land mag nach westlichen Maßstäben in vielen Bereichen rückständig sein. Aber der Staat sichert den Menschen mit seinen Subventionen kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung. Lebensmittel gibt's gegen Karte, wobei nicht immer alles vorrätig ist und man nehmen muss, was da ist. Kubaner verdienen im Durchschnitt nur 40 bis 45 Euro – im Monat. Dafür kosten Strom, Wasser und Gas insgesamt weniger als 2 Euro. Miriam lässt keinen Zweifel daran, „dass der Sozialismus für uns viel besser als der Kapitalismus ist“. Die Eltern der Spanischlehrerin, die jetzt Touristen durch den Naturpark El Nicho führt, haben noch hautnah miterlebt, wie die Elite unter der Diktatur von Fulgencio Batista sich einst die Taschen auf Kosten der Bevölkerung vollgemacht hat. Heute hingegen besitzen 95 Prozent der Kubaner ein (kleines) Haus oder wenigstens eine Wohnung.

Seit der Revolution im Jahr 1959 mit dem nach wie vor hoch verehrten Che Guevara und dem späteren Präsidenten Fidel Castro ist das Verhältnis zu den USA angespannt. Nach der Annäherung unter Barack Obama hat Donald Trump dessen Lockerungen nicht nur zurückgenommen, sondern frühere Restriktionen auf die ihm eigene Art sogar noch verschärft. So dürfen Kreuzfahrtschiffe aus den USA die Insel nicht mehr anlaufen. Das Embargo der Amerikaner gegen Venezuela trifft Kuba ebenfalls. Die Öllieferungen, die als Gegenleistung für die Hilfe beim Aufbau des Gesundheitssystems vereinbart sind, stocken.

Die Sanktionen führen aber nicht nur zu Einschränkungen bei der Treibstoffversorgung, sondern auch zu Engpässen beim Nachschub an Lebensmitteln. Dass die Amerikaner nicht mehr kommen, ist für die Kubaner schlecht, für die Touristen aus Deutschland, die neben den Russen jetzt das Gros der Besucher stellen, hingegen gut. So erleben sie teilweise noch das ursprüngliche Kuba, während beispielsweise auf der Nachbarinsel Jamaika ein durch und durch amerikanisierter Tourismus bis hin zu ballermannähnlichen Exzessen herrscht.

Kolumbus schwärmte von Kuba

Kuba: Das verbinden viele mit Oldtimern, Sonne, Salsa, Cocktails, wunderschönen Sandstränden, hochwertigen Zigarren und Rum. Die Insel hat aber auch viel besondere Natur zu bieten: „Ich habe keinen schöneren Ort je gesehen“, soll Christoph Kolumbus geschwärmt haben, als er am 28. Oktober 1492 Kuba erblickte. Einen Eindruck davon bekommen wir bei unserem Ausflug von Cienfuegos in den Naturpark El Nicho mit seinen spektakulären Wasserfällen.

Fast noch interessanter sind aber die rund 50 Kilometer im offenen Truck, für die wir wegen des Zustands der Straßen fast zwei Stunden brauchen. Stärkere Steigungen bewältigt der rustikale Truck nur im ersten Gang. „Die Lastwagen kommen aus Angola, die Motoren aus China und die Bremsen aus Kuba. Mal sehen, was passiert“, hat Miriam augenzwinkernd zur Begrüßung gemeint. Unterwegs erhalten wir Einblicke in das Leben auf dem Land – und fühlen uns um Jahrzehnte in eine andere Zeit zurückversetzt.

Die dörflichen Sozialstrukturen scheinen noch intakt zu sein. Alle Generationen leben vielerorts nach wie vor unter einem Dach. Die Straßen teilen sich betagte Autos, Traktoren und Lkw mit Pferdefuhrwerken und Fahrrädern. Die amerikanischen Oldtimer aus den 1950er-Jahren, mal supergepflegt, mal etwas ramponiert, sorgen überall für ein besonderes Flair. „Manche kubanische Männer würden sich eher von ihrer Frau als von ihrem Auto trennen“, hatte Jens Schöne bei unserer E-Bike-Tour schmunzelnd angemerkt.

Die Hauptstadt der Revolution

Aber nicht die größte Stadt Kubas, sondern das quirlige Santiago de Cuba, mit rund 510.000 Einwohnern die zweitgrößte, ist die Hauptstadt der Revolution und der Musik, auch wenn der Buena Vista Social Club, dem Wim Wenders ein filmisches Denkmal gesetzt hat, seinen Ursprung in Havanna hat. In Santiago de Cuba, das bereits 2015 sein 500-jähriges Bestehen feiern konnte, wurde Ende der 1950er-Jahre der Boden für den Sturz von Batista und die bis heute anhaltende Herrschaft der Sozialisten bereitet.

Zu den Vorzügen von Kuba gehört die hohe Sicherheit. „Seit ich hier lebe, habe ich noch keine einzige Schlägerei erlebt“, nennt Jens Schöne ein Beispiel. Die Polizei zeigt Präsenz, hält sich aber im Hintergrund. Touristen in den Hochburgen müssen aber aufpassen, dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. Manche Nepper sind darauf spezialisiert, für minderwertige Produkte und Leistungen zu viel Geld zu verlangen. Aber ansonsten gilt immer noch, was vor vielen Jahren unser Fahrer auf Jamaika gesagt hat: Kubaner – das sind „very fine people“.

Wissenswertes für Reisende

Beste Reisezeit: Nach Ende der Hurrikansaison (die Monate mit dem höchsten Risiko sind September und Oktober) von November bis April in der Trockenzeit.

Kreuzfahrten nach Kuba und in die Karibik werden angeboten u.a. von Aida, Costa, Mein Schiff, Plantours oder Norwegian Cruise Line.

Einreise: Die Einreise nach Kuba ist nur mit Reisepass und Visum (Touristenkarte) möglich.

Unsere Ausflugstipps:

  • Eine Fahrt durch Havanna mit einem amerikanischen Oldtimer ist für viele Touristen obligatorisch. Als Alternative bietet Cubyke Touren mit deutschsprachigem Führer durch Havanna und in die Umgebung an, von der Halbtagestour bis hin zu mehrtägigen Ausflügen mit Verpflegung und Übernachtung. Nähere Infos unter www.cubyke.com
  • Santiago de Cuba ist als „Wiege der Revolution“ und Hauptstadt der Musik authentischer und lebendiger als Havanna. Nahezu alle Freiheitsbewegungen in Kuba hatten dort ihren Ursprung.
  • Kuba hat viele schöne Sandstrände zu bieten, unter anderem in Maria la Gorda und auf der Insel Cayo Largo del Sur.
  • Ein Ausflug von Cienfuegos zu den Wasserfällen von El Nicho ist auch wegen der Fahrt über Land ein Erlebnis.

Unser Autor ist gereist mit Plantours Kreuzfahrten.

Diese Reise wurde unterstützt von Plantours.

„Verrückt nach Meer“: Die „MS Hamburg“ ist der neue Star der ARD-Erfolgsserie

Die „MS Hamburg“ wird Fernsehstar: Ab dem Frühjahr 2020 wird das Kreuzfahrtschiff mit dem familiären Flair zum Star der ARD-Erfolgsserie „Verrückt nach Meer“. Die Dreharbeiten für die 50 geplanten neuen Folgen sind an Bord bei laufendem Betrieb bereits angelaufen. Die „MS Hamburg“ gilt als Deutschlands kleinstes Kreuzfahrtschiff mit Platz für 400 Gäste – ein Zwerg in dieser Branche.

Das bedeutet: Sie kann dorthin fahren, wo die Riesen nicht hinkommen. So kann das von Plantours-Kreuzfahrten betriebene Schiff beispielsweise direkt in London festmachen und dabei unter der Tower Bridge kreuzen. Plantours steuert mit der „MS Hamburg“ unter anderem auch die großen Seen in Nordamerika – größere Schiffe können sie wegen der Schleusen nicht befahren – an.

Für ihre Touren mit Expeditionscharakter wurde der „MS Hamburg“ aktuell der Kreuzfahrt Guide Award für das beste Routing verliehen. Ab Oktober 2020 nimmt das 1997 gebaute Schiff wieder Kurs auf Kuba. Zuvor aber wird es ab März umgebaut. Umwelt- und Klimaschutz wird in dieser Branche immer wichtiger. Während beispielsweise Aida und Costa ihre neuen Schiffe mit dem Flüssigerdgas LNG fahren lassen (die „Aida Nova“ wurde dafür mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet), setzt Plantours bei der „MS Hamburg“ auf die Verwendung von Marine- statt Schweröl. Auch TUI Cruises baut derzeit die „Mein Schiff“-Flotte aus und will die neuen Schiffe mit LNG betreiben.

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