++ 00:54 GEW-Chefin für kritischen Umgang mit AfD im Unterricht
Karlstad

Von Elchen, Muskelkater und Saunatratsch: Der etwas andere nordische Triathlon in Schweden

Von Kathrin Hohberger
Nach dem Spaß im Skitunnel Torsby wartet ein gemeiner Muskelkater.
Nach dem Spaß im Skitunnel Torsby wartet ein gemeiner Muskelkater. Foto: Andrea Fischer

Die schwedische Region Värmland punktet mit Natur, Erholung und sportlicher Abwechslung.

Lesezeit: 7 Minuten
Anzeige
Elchkuh Lotta mit ihrem Kalb Alice
Elchkuh Lotta mit ihrem Kalb Alice
Foto: Kathrin Hohberger

Der Wind weht eisig, obwohl es erst Anfang November ist. Jeder Schritt auf dem gefrorenen Gras knirscht, Eiskristalle funkeln in der Sonne. Ein herrlicher Tag, um auf Elchsafari in Värmland, einer Region in Schweden, zu gehen. Die kleine Gruppe stapft schweigend und voller Vorfreude auf die Begegnung mit den ruhigen Riesen am Waldrand entlang. Tim – in Schweden ist man direkt per Du – von Värmlands Elchpark stoppt, auf Englisch erzählt er einige interessante Fakten zu den majestätischen Tieren.

Vier Meter hoch müssen die Zäune des Elchparks sein, denn Elche können bis zu 2,50 Meter hoch springen. Und sie können, nahezu unvorstellbar bei der Größe der Tiere, bis zu sechs Meter tief tauchen. Das tun sie zum einen, um am Grund der zahlreichen schwedischen Seen an die besonders zarten Pflanzen zu kommen, zum anderen aber auch, um sich in den durchaus heißen Sommern abzukühlen. Denn Elche mögen es eher kalt. Aus diesem Grund ist der Klimawandel auch für die Tiere eine Herausforderung. „Im Sommer war es hier schon sehr lange sehr heiß, viele Seen hatten Niedrigwasser.“ Dadurch war das Wasser viel zu warm, sodass die Elche sich nicht gut abkühlen konnten. Tim sagt lachend: „Momentan haben wir für Elche perfekte Temperaturen.“ Allerdings nicht für die zweibeinigen Gäste, die dick vermummt auf der Stelle treten, um keine kalten Füße zu bekommen.

Auf Tuchfühlung mit Hugo, Klara, Lotta und Alice

Es raschelt im Hintergrund. Ein paar Birken versperren die Sicht – aber da bewegt sich doch was! Und richtig. Nach einer kleinen Kurve stehen sie neugierig da: die vier Elche des Parks. Nur vier? Das könnte man enttäuscht fragen, aber das ist das Besondere am Elchpark, den die Brüder James und Per Gegg führen: Alles dreht sich um das Wohl der Tiere. Elche sind in der Natur Einzelgänger. Daher werden auch nicht täglich Besucher zu dem Gehege gebracht, nur zwei Touren pro Woche gibt es. Das macht die Gäste für die Elche auch so interessant: Sie bringen immer ein paar Leckereien mit.

Guide Tim kann viel erzählen zu seinen Elchen.
Guide Tim kann viel erzählen zu seinen Elchen.
Foto: Kathrin Hohberger

Die beiden Eimer mit Pellets sind heiß begehrt, auch bei den Besuchern, die es nicht abwarten können, auf Tuchfühlung mit den großen Tieren zu gehen. Linda aus Großbritannien ist ein riesiger Elchfan. Zusammen mit ihrem Freund reist sie durch Schweden und besucht so viele Elchparks wie möglich. Bei dieser Reise sollen es sechs werden, aber sehen will sie alle. Warum sie so vernarrt in die großen Tiere ist? „Das sind sanfte Riesen. Und sie sehen einfach zum Knuddeln aus“, sagt sie und nimmt ein paar Pellets in die Hand. „Schau doch nur auf die Nasen!“, sagt sie entzückt.

Und wirklich. Sobald sich die mit Pellets gefüllten Hände dem Zaun nähern, schieben sich die weichen Nasen durch die großen Maschen, um behutsam die Leckereien von der Handfläche zu knabbern. Steckt man nur die Hand durch den Zaun, erschnuppern die vier sehr schnell, dass da nichts zu holen ist. Trotzdem ist die Berührung jedes Mal aufs Neue zauberhaft. „Nehmt nicht zu viele Pellets auf einmal, damit nichts herunterfällt“, mahnt Tim. Die heruntergefallenen Presslinge sind ein hervorragender Nährboden für Bakterien, die den Elchen schaden können.

Generell müssen die Betreiber des Elchparks auf ihre Schützlinge achten. So groß sie auch sind, so empfindlich sind sie, was Krankheiten angeht. Das ist auch der Grund, weshalb der Elchpark Värmland darauf achtet, nicht zu viele Tiere zu halten. Derzeit suchen die beiden Brüder in anderen Elchparks nach einem neuen Männchen, weil Elch Emil vor Kurzem überraschend gestorben ist. Nun leben noch Klara, Lotta mit ihrem Kalb Alice sowie der halbstarke Hugo mit nur einem Geweih im Elchpark.

Der halbstarke Hugo hat nur noch die Hälfte seines Geweihs.
Der halbstarke Hugo hat nur noch die Hälfte seines Geweihs.
Foto: Kathrin Hohberger

Aber keine Angst: Der einschaufelige Hugo leidet nicht sehr unter seinem Handicap. Den anderen Teil des Geweihs wird er im Winter sowieso verlieren, und im kommenden Frühjahr wächst das Geweih wieder nach – größer und imposanter als im Jahr zuvor.

Elchgeweihe können bis zu 20 Kilogramm wiegen. Am Eingang zum Elchpark liegen einige Geweihe zum Probetragen aus. Aber allein der Versuch, eine einzelne Schaufel anzuheben, wird mit „Uff, ist das schwer“-Rufen kommentiert. Zwei der Geweihe auf dem Kopf balancieren zu müssen, ist kaum vorstellbar.

Von Elchen, Muskelkater und Saunatratsch
Foto: Kathrin Hohberger

Der Klimawandel macht auch den Elchen zu schaffen

Hugo, Klara, Lotta und Alice spüren es direkt, wenn die Eimer leer sind. Langsam entfernen sie sich vom Zaun und von den Besuchern und staksen über die fast baumlose Fläche. Felsen prägen die Lichtung, kleine Bäume stehen vereinzelt darauf, der Boden ist bewachsen mit Kräutern und niedrigen Büschen. „Das ist echtes Elchland“, erklärt Tim. Die Tiere brauchen die Lichtungen, um dort Futter zu finden. Dazu den Wald in der Nähe, damit sie sich schnell vor Feinden wie Wölfen und Bären in Sicherheit bringen können. Und natürlich Wasser. Kommt alles zusammen, fühlen sich die Elche pudelwohl. Sollten durch den Klimawandel die zahllosen Tümpel und kleinen Seen im Sommer trockenfallen, könnte das für die Elche zu einem schwerwiegenden Problem werden. Doch noch vermehren sie sich rasant. In Schweden leben laut Schätzungen zwischen 300.000 und 400.000 Elche und werden bejagt.

Die vier Exemplare, die in unzähligen Handyfotos und -videos verewigt wurden, sind sicher vor der Jagd und auch ihren natürlichen Feinden. Sie streifen langsam in Richtung Waldrand. Jetzt merken die zweibeinigen Besucher auch die Kälte, die sie bei der aufregenden Begegnung völlig vergessen haben. Für Linda geht es nun weiter zum nächsten Elchpark, immerhin bleiben ihr nur noch zwei Tage für drei Begegnungen mit ihren Lieblingstieren.

Wer friert, muss sich bewegen! Also versuchen wir es mit dem schwedischen Volkssport Langlauf. Das ganze Jahr über ist das Training im Skitunnel in der Gemeinde Torsby möglich. Dort herrschen das ganze Jahr über winterliche Temperaturen, genauer gesagt minus 3 Grad. Auch im Sommer. Genau richtig für die schwedische Nationalmannschaft, die im Skitunnel trainiert, aber auch für Tagesgäste, die über die 1,3 Kilometer lange Strecke gleiten können. Mehr oder weniger elegant. Um an der Technik zu arbeiten, stehen Trainer bereit, damit das Gleiten irgendwann tatsächlich elegant ausfällt.

Beim Langlauf braucht man Muskeln und Koordination

Andrea, eine Mitreisende, stand bisher nur auf Abfahrtsski und muss sich erst an die deutlich dünneren Bretter gewöhnen – und daran, dass sie den Schnee nicht so einfach zur Seite schieben kann. Beim klassischen Langlauf liegen die Ski wie auf Schienen in der Loipe, der Schnee im Skitunnel ist an der Oberfläche leicht eisig und damit sehr fest. Wer mit einem Bein stecken bleibt, hat keine Chance und landet im Schnee.

„Ich hab mir das immer ganz einfach vorgestellt“, sagt sie lachend. „Es ist gar nicht so einfach, das Gleichgewicht zu halten.“ Daher ist das auch die erste Übung, die Trainer Rasmus mit ihr macht: stehen. Ohne Stöcke. Erst später kommen die Stöcke zum Einsatz, denn die Koordination der Gliedmaßen ist die nächste Herausforderung.

Die Profis der britischen Paralympics-Mannschaft machen in ihren Schlitten vor, wie das schnelle Gleiten funktioniert. Die Biathleten trainieren heute nicht nur auf der Strecke, sondern auch am Schießstand. Mit ihrem Schlitten kippen sie einfach auf die Seite und stabilisieren sich im Schnee. Fünf Schüsse, und zack, richten sie sich wieder auf und flitzen weiter durch den Tunnel – vorbei an Andrea und Rasmus. Anfänger bleiben erst mal nur am Anfang der Loipe, im hinteren Teil des Tunnels wartet nämlich ein Anstieg, der in beiden Richtungen herausfordernd ist. Denn wenn allein schon das Stehen schwierig ist, ist die Abfahrt auf den dünnen Brettern noch mal schwieriger.

Derweil klappt es bei Andrea immer besser. Und je sanfter sie gleitet, desto mehr kommt sie ins Schwitzen. Gefühlt werden alle Muskelgruppen genutzt, die ansonsten ihren wohlverdienten Schönheitsschlaf machen. „Ich habe jetzt schon Angst vor dem Muskelkater“, sagt sie lachend.

Saunaregeln einmal anders: Mit dem Bier in der Hand wird geschwitzt

Eine gute Möglichkeit, die Muskulatur nach all der Anstrengung zu lockern, ist ein Besuch in einer Sauna. Wärme ist nicht nur wohltuend für die Seele, sondern auch für die stark beanspruchten Muskeln in Beinen und Armen. Der große Wellnessbereich des Selma Spa in Sunne ist dafür genau der richtige Ort. Sowohl Hotel- als auch Tagesgäste können hier die Seele baumeln lassen.

Die Tür zum Schwitzraum öffnet sich. Erst müssen sich die Augen an das schummrige Licht gewöhnen, doch dann sieht man, dass hier doch einiges anders ist als in deutschen Saunen. Erstens: Während deutsche Saunagänger völlig textilfrei schwitzen – selbstverständlich auf ausreichend großem Handtuch –, sitzt man in Schweden in Badekleidung ohne Handtuch auf dem Holz. Die oberste deutsche Saunaregel „Kein Schweiß aufs Holz“ scheint hier nicht so wichtig zu sein.

Von Elchen, Muskelkater und Saunatratsch
Foto: Kathrin Hohberger

Ein weiterer Unterschied ist kaum zu überhören: Es wird laut geplaudert und gelacht. Während in deutschen Wellnesstempeln das Gebot der Ruhe gilt, um maximale Entspannung zu ermöglichen, ist die schwedische Sauna ein Ort der Kommunikation und der Pflege der sozialen Kontakte – Klatsch und Tratsch inklusive. Daher ist es auch Usus, dass sich ganze Freundeskreise in der Sauna treffen. Am liebsten natürlich in einer privaten.

Dass die Stimmung so munter ist, kann auch daran liegen, dass beim gemeinsamen Schwitzen oft Bier getrunken wird. Und zwar während des Saunabads, nicht danach. Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, ist man hierzulande doch eher an Wasserflaschen nippende Saunagänger gewöhnt. Andere Länder, andere Sitten. An die gewöhnt man sich in diesem Fall augenscheinlich recht schnell. Schwuppdiwupp hat Andrea ein Bier in der Hand und macht es sich zufrieden lächelnd im Pool gemütlich. Frei nach dem Motto: Bis du in Schweden, mach es wie die Schweden.

Mein Reisetipp: Günstig speisen in Schweden? Das geht!

Vom feinen Menü bis zum Mittagsbüfett im Herrenhaus: In Värmland findet man viele kulinarische Highlights.

Schweden gilt als eher teures Reiseland. Auf Alkohol liegt eine recht hohe Steuer, was dazu führt, dass ein Glas Wein im Restaurant umgerechnet schon mal 15 Euro kosten kann. Aber das Essen dazu ist verhältnismäßig günstig. Besonders die schwedische Hausmannskost wie Köttbullar (gesprochen Schöttbullar) mit Kartoffeln und Rahmsoße oder Elchbraten kann man ganz hervorragend in den zahlreichen ehemaligen Herrenhäusern (Herrgård) genießen. Diese Herrenhäuser wurden in vielen Fällen zu Hotels und/oder Restaurants umgebaut. Im Sahlströmsgården etwa gibt es das Tagesgericht schon für etwa 12 Euro.

Und auch die etwas feinere Küche ist durchaus bezahlbar. Das Restaurant Matbruket im Museum von Karlstad zum Beispiel ist ein Genusstempel. Kunstvoll werden die Gerichte arrangiert, außergewöhnliche Kombinationen kitzeln den Gaumen und alle Sinne: Gebratene Forelle mit leicht geräuchertem Eigelb, mildem Fenchelsalat und Gurke, Zimtmayonnaise und Sauerteigcrôutons steht beispielsweise auf der Karte. Ein Hochgenuss, der im Abendmenü mit vier Gängen keine 50 Euro kostet. Das kann man sich im Urlaub schon mal gönnen.

Wer ansonsten aufs Budget achten möchte, bekommt noch den ultimativen Geheimtipp: Gehen Sie doch mal auf dem Golfplatz essen. Die zugehörigen Restaurants sind dort weniger elitär, als man meint, und bieten reich bestückte Büfetts zum kleinen Preis. Unter der Woche kostet das Mittagsbüfett im Golfklub Karlstad beispielsweise rund 10 Euro, an Wochenenden 15 Euro. Da kann man es sich so richtig schmecken lassen. God aptit!

Wissenswertes für Reisende

Zielgruppe: Värmland ist geeignet für Familien und Reisende, die Ruhe und Erholung suchen, aber auch Aktivurlauber kommen auf ihre Kosten.

Beste Reisezeit: ganzjährig. Je nach Jahreszeit gibt es unterschiedliche Aktivitäten.

Unsere Ausflugstipps:

  • Im Elchpark Värmland in Ekshärad kann man ganzjährig auf Tuchfühlung mit den großen Tieren gehen.
  • Einmal wie Langlaufprofi Charlotte Kalla in der Loipe gleiten: Das kann man ganzjährig im Skitunnel in Torsby ausprobieren. Material kann im Shop geliehen werden.
  • Ein Wellnesstag im Selma Spa Sunne bringt Entspannung.
  • Besuch von Selma Lagerlöfs Geburtshaus Mårbacka mit Führung durch das Haus der Literaturnobelpreisträgerin (unter anderem „Nils Holgersson“)

Unsere Autorin ist mit Lufthansa und Air Leap von Frankfurt nach Stockholm gereist und hat übernachtet im Elite Stadshotellet in Karlstad, im Selma Spa in Sunne sowie in Hennickehammars Herrgård. Diese Reise wurde unterstützt von Visit Sweden und Visit Värmland.

Meistgelesene Artikel