Unterwegs zwischen Himmel und Höhle

Der Südschwarzwald präsentiert per Rad und Kanu nicht nur landschaftliche Reize.

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Von unserer Redakteurin Katrin Maue-Klaeser

Der Schwarzwald: Bollenhut und Titisee, Feldberg und Kuckucksuhren. Weltweit bekannt und millionenfach bereist ist die Region im Südwesten Deutschlands. Doch es gibt auch erfrischend unerschlossene Ecken des andernorts so überlaufenen Black Forest. Städtchen, in denen Tourismusämter gerade in größere Räume umgezogen sind, Radwege noch streckenweise über Schotterpisten führen und hohe Preise im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich der Nähe zur Steueroase geschuldet sind – nicht den Besucherströmen.

Ein Angebot für Aktivurlauber ist die Rad-Kanu-Tour Dinkelberg. Der Dinkelberg ist Lörrachs Hausberg, eindrucksvoll zu betrachten vom Dach des Rathauses „Langer Eugen“ aus. Die Tour um den Dinkelberg führt zunächst in Lörrach durch die „Grütt“. Das ehemalige Landesgartenschaugelände erstreckt sich entlang des Flusses Wiese und beherbergt neben 60 Baumarten auch die Bridge Gallery: Die Pfeiler, die die Autobahn 98 von Lörrach nach Rheinfelden über das Wiesetal tragen, sind für Sprayer freigegeben. „Das Prinzip lautet, dass jeder ein vorhandenes Bild übersprühen darf, wenn er glaubt, er habe ein schöneres Motiv“, sagt Gästeführer Alfred Drändle. Bei der Bridge Gallery soll es sich um Deutschlands größte Freiluftgalerie für legale Graffiti handeln.

Hinauf auf den Dinkelberg

Vom Wiesetal aus geht es bergan. Die wenigsten Menschen werden arbeitstäglich mit dem Fahrrad den Dinkelberg überwinden, wie es der pensionierte Lehrer Wolfgang Gorenflo stets getan hat. Heute führt Gorenflo als Mitglied der IG Velo Radler durch die Region. Und während die Teilnehmer, soweit sie nicht ihr eigenes Fahrrad mitgebracht haben, in der Lörracher Velostation am Bahnhof auch ein E-Bike leihen können, strampelt Gorenflo selbst bei tropischen Temperaturen aus eigener Kraft den Dinkelberg hinauf an der Kreuzeiche vorbei zur Hohen Flum.

535 Meter über dem Meeresspiegel bieten sich gleich in zwei Richtungen wundervolle Aussichten: über das Tal des Flusses Wiese hinweg in die Ausläufer des Schwarzwalds und über den Rhein hinweg auf die Abhänge des Schweizer Jura. Die tief eingeschnittenen Täler lassen die Erhebung noch höher erscheinen – und die bewältigte Anstrengung der Auffahrt verschafft dem genussvoll Schauenden ein besonders erhabenes Gefühl.

Schon unterwegs lassen pittoreske Blicke über die Hochebene des Dinkelbergs den Radtouristen immer wieder innehalten, wenngleich die zahlreichen Stromleitungen und Masten das Bild ein wenig stören. Auch gastronomische Verlockungen am Wegesrand heben den Touristen gelegentlich aus dem Sattel. Deftige oder feine Gerichte, gehaltvolle oder fruchtig-leichte Süßspeisen: die badische Küche, Schweizer Einflüsse und moderne Elemente sorgen auch kulinarisch für ein hohes Niveau.

Ein wenig Abenteuerlust gehört allerdings dazu, wenn man den Radweg über den Dinkelberg wählt. Denn es führen immer wieder Abschnitte über Schotter – kein Problem, wenn der Weg eben oder bergauf verläuft, doch auf abschüssiger Strecke erfordert die unbefestigte Piste Geschick, Erfahrung oder Chuzpe. Dem Wein jedenfalls, ob er nun aus Baden, der Schweiz oder Frankreich stammt, sollte man erst nach bewältigter Tagesetappe zusprechen.

Viele Bächle streben dem Hochrhein zu, und folgt der Radler jenseits des Dinkelbergs dem Sägebächle, so gelangt er an den Eingang zur Tschamberhöhle. Geöffnet ist sie an Sonn- und Feiertagen bis Ende Oktober jeweils von 13 bis 17 Uhr. Doch die Möglichkeit, die einmalige unterirdische Sehenswürdigkeit zu erleben, hängt am seidenen Faden: Die Mitglieder des Schwarzwaldvereins Karsau, der die Höhle bewirtschaftet, suchen dringend Nachwuchs, und die Unterstützung von öffentlicher Seite lässt zu wünschen übrig. So könnte es geschehen, dass schon im kommenden Jahr keine Besichtigung mehr möglich ist, wenngleich der 77-jährige Kurt Albiez noch auf eine jüngere Ablösung hofft.

Eisig ist es in dem meist schmalen, teils niedrigen, teils in tiefschwarze Endlosigkeit hinauf sich öffnenden Spalt, den das Wasser aus dem Fels gespült hat. Die Kittel, die Albiez am Eingang verteilt, empfehlen sich nicht nur, um die Kleidung zu schützen, sie halten auch die 7 Grad kalte Luft ab. Insbesondere ist auch die Helmpflicht wichtig: Da der Höhlengang über weite Strecken so niedrig ist, dass selbst Kinder sich bücken müssen, lässt sich der eine oder andere Rempler nicht vermeiden.

Wieder draußen in der Sommersonne, wirkt neben der Kühle auch die Architektur der Höhle nach und hält den Besucher noch eine Weile in ihrem Bann, während sich die geteilte Stadt Rheinfelden langsam in den Blick schiebt. Zugleich belustigt eines der liebsten Sommervergnügen der Rheinfelde-ner den Betrachter: Zu Fuß pilgern sie rheinaufwärts, nahe der Tschamberhöhle steigen sie in Pulks mit Schwimmreifen oder Luftmatratzen in den Fluss, um sich fröhlich schwatzend von der Strömung gemächlich zurück Richtung Städtchen treiben zu lassen. Die Gaudi endet spätestens vorm Wasserkraftwerk Rheinfelden.

Rund um Rheinfelden

Die Stadt, die erst seit rund zwei Jahren über eine Tourist-Info verfügt, arbeitet noch an ihrer Selbstwahrnehmung als Touristenziel, sagt Ressortleiterin Gabriele Zissel. 60 000 Übernachtungen jährlich sind der Industrie und der Lage als Sprungbrett in die Schweiz zuzuschreiben. Deutlich unterscheiden sich die Schweizer und die deutsche Seite Rheinfeldens: Die Kantonisten haben eine mediterran anmutende, mehrstöckige Uferbebauung bis unmittelbar ans Wasser heran, während das deutsche Ufer von Parkanlagen begleitet wird, an die sich am Stadtrand Villen mit Gärten anschließen. Dies lässt sich hervorragend vom Kanu aus vergleichen. Morgendliche Ruhe umfängt den Paddler, gelegentlich ersetzt eine Mücke oder ein nach ihr schnappender Fisch die Wasseroberfläche in Schwingung. Und um das Idyll zu krönen, entdeckt man auf dem Kirchturm von Kaiseraugst ein brütendes Storchenpaar.

Wer sich mit einer Besuchergruppe oder Schulklasse in der Römischen Villa in Grenzach anmeldet, den erwartet nicht nur ein vielfältiges Museum mit tollen interaktiven Angeboten, gelegentlich wird sogar ein mediterraner Imbiss geboten. Die Villa liegt übrigens am Radweg „Mit dem Velo durch die Römerzeit“ – insgesamt durchziehen rund 200 E-Bike-taugliche Radwegkilometer die Region.

Mehr Infos: www.loerrach.de, www.ebike-schwarzwald.de, zur Dinkelbergtour unter www.outdooractive.com, www.tours3.com