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Mallorca

Turrón, Tapas, Traditiones: Mallorca zeigt, dass es auch im Winter Touristen viel bieten kann

Von Manfred Ruch
Wo die Weihnacht länger dauert Foto: Manfred Ruch

Maria. wie sollte unsere Reiseführerin bei dieser Tour im Advent auch anders heißen. Maria also zitiert irgendwann zwischendurch diesen berühmten Satz, von dem man nicht genau weiß, ob er wirklich so gefallen ist. „Wenn du das Paradies ertragen kannst, dann komm nach Mallorca“, soll die US-Schriftstellerin Gertrude Stein gesagt haben, als sie ihrem britischen Kollegen Robert Graves die Insel ans Herz legte. Ob es stimmt, ist fast egal.

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Es passt jedenfalls wunderbar zu dem allgegenwärtigen vorweihnachtlichen Lichterglanz und dem Duft nach allerlei süßen Leckereien, der uns durch die Straßen und Gassen der Hauptstadt Palma begleitet. Diese lockerleichten Ensaimadas mit Schokolade, die traditionell nach der Christmette verzehrt werden, oder diese unwiderstehlichen Cocas de Torró, Süßwaren aus Mandeln, Honig und mehr, die für die Mallorquiner das sind was für uns das Weihnachtsgebäck, die machen jedenfalls schnell süchtig.

Weihnachtsstimmung in Palma de Mallorca: Ein meterhoher Christbaum leuchtet vor der imposanten Kathedrale, dem Wahrzeichen der 450 000-Einwohner-Stadt. 415 Kilometer Lichtgirlanden zieren zudem die Straßen, Plätze und verwinkelten Gassen. Hier lässt es sich wunderbar bummeln. Weihnachtsschmuck aus der traditionellen Glasbläserei oder die Leckereien der Bäckerei „Fornet de la Soca“ stehen für mallorquinisches Handwerk.

Manfred Ruch

Weihnachtsstimmung in Palma de Mallorca: Ein meterhoher Christbaum leuchtet vor der imposanten Kathedrale, dem Wahrzeichen der 450 000-Einwohner-Stadt. 415 Kilometer Lichtgirlanden zieren zudem die Straßen, Plätze und verwinkelten Gassen. Hier lässt es sich wunderbar bummeln. Weihnachtsschmuck aus der traditionellen Glasbläserei oder die Leckereien der Bäckerei „Fornet de la Soca“ stehen für mallorquinisches Handwerk.

Manfred Ruch

Weihnachtsstimmung in Palma de Mallorca: Ein meterhoher Christbaum leuchtet vor der imposanten Kathedrale, dem Wahrzeichen der 450 000-Einwohner-Stadt. 415 Kilometer Lichtgirlanden zieren zudem die Straßen, Plätze und verwinkelten Gassen. Hier lässt es sich wunderbar bummeln. Weihnachtsschmuck aus der traditionellen Glasbläserei oder die Leckereien der Bäckerei „Fornet de la Soca“ stehen für mallorquinisches Handwerk.

Manfred Ruch

Wir stehen also vor der vermutlich berühmtesten Bäckerei in ganz Palma, der „Fornet de la Soca“, und deren Chefin heißt ebenfalls Maria. Genauer: María José Orero. Ihre Augen funkeln vor Energie, als sie uns die Auswahl besonderer Leckereien aus dem Laden präsentiert, den sie mit ihrem Mann Tomeu Arbona betreibt. 2017 packte ebendieser Tomeu die Gelegenheit beim Schopf. Als die damalige Traditionsbäckerei „Forn des Teatres“ ihre Türen schloss und das charmante Ladenlokal mit der verspielten Jugendstilfassade frei wurde, zog er mit seiner vor elf Jahren gegründeten Bäckerei an die Plaça de Weyler 9. Dort haben er und María tatsächlich ein Paradies geschaffen. Und zwar eines, das man so nur auf Mallorca erfinden konnte. „Tradicional radical“ kündet ein handgemaltes Schild im Schaufenster von dem Grundsatz, dem sich Tomeu und seine Frau verschrieben haben: Hier werden ausschließlich lokale Produkte verarbeitet.

Alte Bäckerfamilie? Kochdynastie? Von wegen. Sie, eine gelernte Lehrerin, ist offenbar die Seele des Geschäfts und hält, wie es aussieht, den Laden zusammen. Er, eigentlich ein gelernter Psychologe, aber als Koch und Bäcker ein begnadeter Autodidakt, fasste irgendwann den Entschluss, aus seiner Liebe zur traditionellen mallorquinischen Küche einen Beruf zu machen. Mit alten Rezepten aus der eigenen Familie, aus den Küchen mallorquinischer Herrenhäuser oder Klöster stieg er zur wohl bekanntesten Gastronomie Mallorcas auf. Seine Back- und Kochbücher zeugen von der tiefen Liebe zur heimischen Esskultur. Das Schaufenster und der Verkaufsraum quillen über vor süßen und herzhaften Leckereien. Die Kundschaft steht nicht nur im Advent gern Schlange. Wer hier mit guten Vorsätzen auftaucht, dem Genuss zu entsagen, der sollte dann doch lieber einen großen Bogen um die „Fornet de la Soca“ und die vielen anderen Bäckereien machen.

Es ist Advent auf der Baleareninsel. Weihnachten und Mallorca – das ist zwar nicht das allererste Begriffspaar, das einem in den Sinn kommt, aber wer sich aus dem kalten und grauen Deutschland davonmachen will, ohne auf Weihnachtsglanz verzichten zu wollen, der ist hier bestens aufgehoben. Und sehr willkommen. Denn im Winter sollen sich künftig mehr Menschen aufmachen, um die Vorzüge Mallorcas zu erkunden. Die Insel hat sich schon vor Jahren auf den Weg gemacht, um ihr Image aufzupolieren und den üblen Sauftourismus zwischen Ballermann und Magaluf zu bändigen, der das Bild Mallorcas lange überschattete.

Der Sündenfall im Paradies heißt Massentourismus. Noch kommen in einer normalen, pandemiefreien Hauptsaison im Sommer rund 17 Millionen Gäste auf die Insel, um in den gesichtslosen Bettenburgen an der Platja de Palma und anderswo einen billigen Badeurlaub mit Strand, Sonne und oftmals viel zu viel Sangria zu verleben. Im Winterhalbjahr hingegen ist noch einige Luft nach oben. Diese Chance wollen die Mallorquiner besser nutzen und den Gästestrom aufs ganze Jahr verteilen. Und es sollen andere Touristen sein.

„Wir wollen zeigen, dass Mallorca auch im Winter viel zu bieten hat“, sagt Lucia Escribano, die Tourismusdirektorin der Insel. Mallorca will punkten mit seinen Traditionen und Festen, seiner Kultur und seinen auf der Insel hergestellten Produkten. Und natürlich mit sportlichen Angeboten wie Radfahren oder Wandertouren im nahen Tramuntana-Gebirge, die auch im Winter möglich sind. Lucia weiß: Das ist ein langer Weg, den private und öffentliche Hand gemeinsam gehen müssen. Die Corona-Pandemie hat das Programm zudem ausgebremst. Aber jetzt nimmt „Mallorca im Winter“ wieder Fahrt auf. Und: Der hochpreisige Tourismus habe die Insel auch in der Pandemie gerettet, erzählt Lucia. Denn die Kundschaft für exklusive Boutiquehotels, luxuriöse Fincas und gehobene Ferienhäuser, bemerkenswert gute Restaurants und die passende Shoppingtour kam auch in diesen Zeiten gern nach Mallorca.

Mallorquinische Traditionen wie die Leckereien in dieser exquisiten Bäckerei – solche Perlen sind es auch, die die Tourismusvertreter in der Adventszeit gern anpreisen. Jenseits von Louis Vuitton, Bulgari und anderen Luxusläden auf der Passeig del Born, einer der Prachtstraßen Palmas, finden sich in den verwinkelten Gassen auch viele Geschäfte, die die handwerkliche Tradition der Insel hochhalten. Und das ist noch weit mehr als das hochwertige Olivenöl mit dem Gütesiegel „Oli de Mallorca (OdM)“, kalt gepresst aus Früchten von Abertausenden Olivenbäumen, die seit jeher das Bild der Insel prägen.

Da gibt es Schuhe aus mallorquinischer Handarbeit, das Paar von 300 Euro aufwärts. Das allerdings ist auch kein Wunder, wenn man in der Lederstadt Inca erlebt hat, wie das Handwerk etwa bei der alteingesessenen, 1877 gegründeten Schuhmanufaktur Lottusse, einer der letzten ihrer Art in der Stadt, trotz aller Digitalisierung noch immer lebendig ist.

Oder man schaut den flinken Mitarbeitern der 300 Jahre alten Glasbläserei Gordiola über die Schulter, die für ihre kunstvollen Handgriffe stets nur wenige Sekunden haben, bevor das Metarial wieder erwärmt werden muss. Auch nichts für den kleinen Geldbeutel, aber wunderbar anzuschauen – und natürlich auch in Palma zu kaufen. Oder diese Kissen, Taschen und Möbelbezüge aus Stoffen mit dem traditionsreichen Icat-Muster, die in einer Textilfabrik und Weberei in Pollença entstehen. Wer in Palma kein Weihnachtsgeschenk findet, der will gar nicht schenken. Und wer hier trotz gefühltem Frühling nicht in Weihnachtsstimmung kommt, der ist wirklich selbst schuld.

Das liegt auch an der unglaublich opulenten Weihnachtsbeleuchtung, die mit Beginn der Dämmerung überall in der Stadt erstrahlt. Allein rund 415 Kilometer Lichterketten werden dort zu den Feiertagen über Straßen und Plätze gespannt. Und neben all dem Weihnachtsschmuck erstrahlt dann noch ein meterhoher Lichterbaum vor der ebenfalls hell leuchtenden Kathedrale von Palma, die dem Betrachter bei jedem Besuch Bewunderung abverlangt.

Zur Weihnacht gehören natürlich Krippen. Rund 20 davon locken allein in der Hauptstadt. Nach und nach werden sie eröffnet, damit die Spannung wächst, je näher die Festtage rücken. Viele dieser Krippen wie die im Rathaus von Palma werden liebevoll von Vereinen gepflegt – und sie wachsen jährlich um neue Szenen und Figuren, die es auf einem der sechs offiziellen Weihnachtsmärkte der Stadt zu kaufen gibt. Genauer: auf der Plaza Major. Krippen sind eben Kult auf Mallorca. Wie auch die Suche nach der in vielen Krippen versteckten Mönchsfigur.

Kultstatus genießt auch eine jahrhundertealte Tradition, die es so nur noch auf Mallorca und Sardinien gibt: Der Gesang der Sibilla am Abend das 24. Dezember in den Kirchen Mallorcas zählt seit 2010 zum immateriellen Kulturerbe der Unesco. In altkatalanischer Sprache künden Sänger mit hohen Stimmlagen vom Ende der Welt und der Ankunft des Erlösers. Die Gesänge in der ehrwürdigen Kathedrale Palmas und im Heiligtum der Inselpatronin Lluc im Tramuntana-Gebirge zählen zu den berühmtesten Orten, wo man an Heiligabend diesem betörenden Gesang lauschen kann. Aber nach Heiligabend ist das Fest noch lange nicht vorbei.

Die Weihnachtsmärkte sind bis zum Dreikönigstag geöffnet, die Weihnachtsbeleuchtung bleibt bis zum Sebastianstag Ende Januar hängen. Und die Krippen werden sogar erst zu Mariä Lichtmess Anfang Februar abgebaut. „Weihnachten dauert hier halt ein bisschen länger“, erzählt Maria zum Schluss unserer Tour. Ganz ehrlich: Wir wären gern noch bis zum Ende geblieben.

Manfred Ruch

Wissenswertes für Reisende

Zielgruppe: Dieser Reise-Tipp richtet sich an Menschen, die der kalten Heimat im Winter entfliehen und im weihnachtlichen Palma de Mallorca und Umgebung Kultur und weihnachtliche Traditionen erleben wollen – abseits des im Sommer üblichen Massentourismus. Reisezeit: Der Winter auf Mallorca ist recht mild. Die Durchschnittstemperatur im Dezember beträgt 16 Grad. Es kann allerdings nachts durchaus recht kühl werden, Regentage gibt es Schnitt fünf, selten kann es auch mal schneien.

Corona-Lage: Aktuelle Informationen und Reisewarnungen gibt es auf der Seite des Auswärtigen Amtes unter www.auswaertiges-amt.de

Unser Autor ist gereist mit Eurowings und hat übernachtet im Nivia Born Boutiquehotel in Palma de Mallorca. Die Reise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt von Palma de Mallorca, www. visitpalma.com, dem Turismo de Mallorca (www.infomallorca.net) sowie vom Spanischen Fremdenverkehrsamt in Frankfurt (www.spain.info).

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