Schwing den Zauberstab, Harry Potter!

Hagrids Kopf war nicht immer echt.
Hagrids Kopf war nicht immer echt. Foto: Michael Defrance

Es sind diese Minuten, die man nicht vergisst. Der letzte Kampf zwischen Harry Potter und Lord Voldemort. Der große Moment, als Harry endlich erfährt, ob Prof. Snape wirklich so böse ist, wie er immer gedacht hat. Großes Kino. Was gäbe man dafür, einmal wirklich in dieser magischen Welt leben zu dürfen, hat man damals im Filmsaal gedacht. Einmal in Hagrids Hütte zu sitzen, Butterbier zu trinken, mit einem Zauberstab herumzufuchteln und lateinische Formeln aufzusagen.

Lesezeit: 4 Minuten
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Von unserem Redakteur Michael Defrancesco

Was man dafür gäbe? Man muss heute nicht viel tun, um diesen Traum wahr werden zu lassen. Nur tief in den Geldbeutel greifen (billig ist der Spaß nun wirklich nicht) und bei der nächsten Städtereise nach London einen Tagesausflug einplanen – in den Norden der Stadt zu den Studios der Filmfirma Warner Bros. Dort, wo alle acht „Harry Potter“-Filme gedreht wurden, hat man zwei komplette Studiohallen plus ein Außengelände mit Harry-Requisiten vollgestopft und aus dem laufenden Drehbetrieb ausgeklammert.

Die Warner Bros. Studiotour führt den Potter-Fan zunächst in die große Halle von Hogwarts. Manche reiben sich die Augen, man sieht sogar das ein oder andere Tränchen der Rührung: Da ist die große Halle, wie man sie aus den Filmen kennt. Die langen Tische – eingedeckt. Das Pult, von dem aus Dumbledore stets sprach. Die Kronleuchter. Alles so vertraut und so echt. Die Kameras laufen heiß, Selfie um Selfie wird geschossen und umgehend auf Facebook oder Twitter gepostet, „Welt, schau, ich bin in Hogwarts“.

Nur widerwillig verlassen die Besucher das erste Filmset – aber es wartet ja noch so viel. Durch eine Seitentür verlässt man die große Halle und findet sich einer Studiohalle riesigen Ausmaßes wieder. Die nächsten Stunden wird man hier verbringen – je nach Ausdauer bleiben die Fans zwischen drei und fünf Stunden in der Potter-Welt, erzählen die Angestellten. Geführt von einer persönlichen Stimme im Kopfhörer kann man sich treiben lassen und in Ruhe anschauen, wo Daniel Radcliffe und seine Kollegen einst gearbeitet haben. Man sieht Kostüme, Zauberstäbe, magische Utensilien. Man steht vor Hagrids Hütte (tatsächlich), man blickt in Harrys Schlafzimmer und den Gemeinschaftsraum von Gryffindor, man besucht Dumbledors Büro, die Küche der Weasleys, das Klassenzimmer, in dem Zaubertrankkochen unterrichtet wurde. Für Muggels – also für Potter-Unkundige – mag sich das alles wie Kauderwelsch anhören, für Harry-Fans klingt es wie Musik in den Ohren. Immer wieder sieht man Eltern, die von den Kindern herumgeführt werden – die Kleinen wissen sofort, welche Schätze sie hier leibhaftig bestaunen können.

Neu ist die Abteilung der dunklen Künste. Der Versammlungsraum der Todesser wartet auf die Besucher, außerdem gibt es Teile von Prof. Umbridges Büro mit kitschig pinkfarbenen Katzenbildern und Kostümen zu bestaunen sowie das berühmte Verschwindekabinett.

Rosie Goodwin ist 33 Jahre alt und hat sieben Jahre lang als Requisiteurin für die Potter-Filme gearbeitet. So manche Anekdote weiß sie beim Rundgang zu erzählen. Zum Beispiel sind alle Bücher, die in Prof. Dumbledores Büro zu sehen sind, echt und können aus den Regalen genommen werden: Es handelt sich um alte Londoner Telefonbücher, die einen Ledereinband bekommen haben, erzählt sie. Und die Kerzen, die im ersten Potterfilm von der Decke der großen Halle schweben, waren echt – sie wurden später gegen digital am Computer erstelle Kerzen ausgetauscht, da das Wachs den Darstellern auf den Kopf tropfte.

Es ist Zeit fürs legendäre Butterbier – es sprudelt und zischt wie eine toll gewordene Brausetablette und schmeckt wie Karamellsprudel mit Schlagsahne. Ein größeres geschmackliches Abenteuer sind „Betty Botts Bohnen“ – wie im Film in buchstäblich allen Geschmacksrichtungen zu haben. Wer Glück hat, erwischt Erdbeere oder Schoko. Wer Pech hat – lassen wir das. Ausspucken ist aber feige!

Laurent Guinci hat als Creative Director den Kostümfundus unter seinen Fittichen gehabt. „Ich musste einmal von einer Jacke 70 Exemplare kaufen“, erzählt er. Warum so viele? Ganz einfach: Harry Potter steht morgens im Film auf und zieht sich die Jacke an, im Lauf des Tages erlebt er diverse Kämpfe und Jagden, und am Abend kippt er in derselben Jacke ins Bett. „Wir drehen den Film nicht in der Reihenfolge“, erklärt Guinci. Wenn die Abendszene zuerst gedreht wird, muss Schauspieler Daniel Radcliffe aber eine Jacke tragen, der man die Kampfspuren des Tages ansieht. „Ich habe also die Jacke mit Brandflecken und Matsch präpariert und an den Ärmeln aufgeschlissen, sodass man sieht, was für einen anstrengenden Tag Harry heute hatte“, erzählt Guinci.

Ein Rest Magie soll erhalten bleiben – deshalb sei an dieser Stelle noch nicht alles verraten, was auf die Gäste wartet. Nur so viel: Ob auf einem Nimbus 2000 fliegen oder einmal Seidenschnabel streicheln – es gibt kaum einen Wunsch, der in der magischen Potter-Welt unerfüllt bleibt ...

Weitere Infos zum Tagesausflug, zur Anreise und zu den Kosten gibt es im Internet unter www.london.de

Tickets müssen im Voraus gekauft werden. Es gibt dann eine fixe Zeit, zu der man die Warner Bros. Studio Tour besuchen darf.

Die Tickets kosten für Erwachsene 31 Pfund, für Kinder 23,50 Pfund.
Infos: www.wbstudiotour.co.uk

Preise und Infos zur Verfügbarkeit der Tickets sowie weitere Informationen zur An- und Abfahrt, Treffpunkten und Höhepunkten der Tour gibt es ebenfalls beim Shop des Britischen Fremdenverkehrsamts: http://www.visitbritainshop.com/deutschland/sehenswuerdigkeiten/musik-und-film/product/harry-potter-studio-tour.html#tab1

Anreise: Die Warner Bros. Studio Tour befindet sich in Leavesden, 32 Kilometer nordwestlich von London. Die Anreise erfolgt entweder mit dem Schnellzug, der 20 Minuten benötigt, oder mit einem Shuttlebus. Die Anreise sollte so geplant sein, dass Besucher 20 Minuten vor der Eintrittszeit ankommen.