Mit 3 und 33 Jahren zum Skifahrer

Wenn das Pizzastück mal wieder vergessen wird, geht's eben mit Spaghetti in die Arme von Skilehrerin Klara Freiburghaus.
Wenn das Pizzastück mal wieder vergessen wird, geht's eben mit Spaghetti in die Arme von Skilehrerin Klara Freiburghaus. Foto: Ulf Steffenfauseweh

Als Kind und Jugendlicher bin ich fast jedes Jahr Ski gefahren. Aber irgendwann wollte ich lieber die Welt entdecken als eine Woche Urlaub in Österreich zu verbringen. Von der Schweiz erst gar nicht zu reden. Gut 20 Jahre ging das so. Aber dann verschlug es mich doch wieder nach Kärnten: nach Villach, wo ich mit meinen Eltern immer hingefahren bin, weil die als Nicht-Skifahrer vor allem auf das meist gute Wetter der sonnigen Alpen-Südseite Wert legten. Und zwei Tage dort auf den Brettern genügten, um zwei Jahrzehnte vergessen zu machen: Das Feuer war sofort zurück.

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Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh

„Nächstes Jahr komme ich wieder“, lautete daher der Beschluss. Doch ein Haken blieb: Wie überrede ich Frau und Kind, die in ihrem Leben noch nie Ski gefahren sind? Die Lösung präsentierte ein Werbebanner des Kärntner Skischulverbands: „In drei Tagen zum Skifahrer. Garantiert, sonst Geld zurück“, stand darauf. Und als mir dann mein Skilehrer auf Nachfrage erklärte, dass drei Jahre das richtige Anfangsalter sind – „zumindest für Österreicher, für Deutsche eigentlich erst vier“, wie der Italiener grinsend neckte -, war der Plan klar: Julia (33) und Emil (3) sollen in drei Tagen das Skifahren lernen.

Aller Anfang ist allerdings schwer, auch wenn die Wege vom direkt an der Piste liegenden Hotel zu Skikeller und Übungsgelände extrem kurz sind. Aber besonders Emil gefallen die schweren, unbequemen Schuhe erst einmal nicht so wirklich. Alles ist mühsam, er fällt hin, muss – natürlich – nach einer Stunde dringend auf die Toilette. Die beiden Skilehrerinnen sind mit ihrer neunköpfigen Kindergruppe nicht zu beneiden. „Eine der schwierigsten, aber auch wichtigsten Arbeiten“, meint René Schneider, der Teilhaber der Skischule Gerlitzen mit ihren drei Standorten am Berg ist.

Thomas Kasparek hat es da ein wenig leichter. Er unterrichtet meine Frau, und Julia ist seine einzige Schülerin. Sie hat Glück: Wir sind nicht in der Hauptsaison gefahren, und in unserer Woche gibt es keinen weiteren erwachsenen Komplettanfänger, der sich in einen Kurs wagt. Privatunterricht! Das zahlt sich aus. Sie macht schnell Fortschritte und kurvt nach einigen Übungen schon ganz vorsichtig die erste kleine Abfahrt herunter. Noch während der zwei Stunden am ersten Kurstag kann sie vom ganz flachen Gelände mit Förderband zu dem etwas steileren mit Schnurlift wechseln. Letzteren wird sie zwar am Abend mächtig in den Armen spüren, die Fahrt mit ihm hilft ihr aber, die Kontrolle über die Ski zu verbessern.

Ein Zottelbär muntert Kinder auf

Bei Emil ist derweil in der Pause mit Brötchen und leckeren Manner-Schnitten die gute Laune zurückgekehrt. Und dann strahlt er plötzlich über das ganze Gesicht. Ein flauschiger Zottel auf Skiern taucht auf: Bino-Bär, das Maskottchen der Skischule, ist sofort Held, und beim Tanz mit Musik weicht er ihm nicht von der Seite.

„Den lieben alle Kinder. Wenn sie müde sind und nichts mehr geht, kommt Bino, und alle sind wieder da“, erzählt Schneider gut gelaunt und erklärt, dass es gerade bei dieser Altersklasse viel um Spiel und Spaß geht. „Sechs- bis Neunjährige lernen relativ schnell und können zügig bremsen und Kurven fahren. Bei den Drei- bis Fünfjährigen ist dagegen ein großer Anteil Betreuung im Kurs enthalten“, sagt er. Positiver Nebeneffekt: Die Eltern bekommen rund dreieinhalb Stunden täglichen Freiraum, um selbst zu fahren.

Lernen funktioniert bei den Kindern nur spielerisch. Wo Thomas Kasparek meiner Frau den Schneepflug erklärt, da heißt es bei den Kindern „Pizza machen“, weil die Stellung mit vorn geschlossenen und hinten geöffneten Skiern wie ein Stück Pizza aussieht. Analog dazu heißt die Parallelstellung Pommes oder Spaghetti.

Auch wenn die Fortschritte bei den ganz Kleinen noch langsam gehen, ist es für Schneider der richtige Zeitpunkt, mit drei bis vier Jahren anzufangen. „Die Kinder profitieren davon insgesamt sehr, gerade was Motorik und Gleichgewichtsgefühl angeht“, betont er und ist zudem sicher: „Wenn Sie nächstes Jahr wiederkommen, werden Sie die drei Tage merken.“

Erfolgreiche Anfänger: Julia und Emil freuen sich mit Skilehrer Thomas Kasparek und Gerlitzen-Skischulchef René Schneider. Julia und Emil haben in Kärnten einen Skikurs absolviert.
Erfolgreiche Anfänger: Julia und Emil freuen sich mit Skilehrer Thomas Kasparek und Gerlitzen-Skischulchef René Schneider. Julia und Emil haben in Kärnten einen Skikurs absolviert.
Foto: Ulf Steffenfauseweh

Das gilt für Julia in noch stärkerem Maße. „Wer grundsportlich ist, kann es mit 30 bis 40 Jahren noch gut lernen“, weiß Schneider. Und so kommt meine Frau – angespornt von den stets aufmunternden Worten ihres Skilehrers – am zweiten Tag ihren ersten richtigen Hang herunter. An Tag drei geht es schließlich sogar zum Gipfel. Ein Rennen gewinnt sie mit ihrem Tempo zwar eher nicht, sie meistert aber auch die Rote Piste ohne größere Probleme. Hier macht sich die Auswahl des Skigebietes bezahlt: Nicht nur das Anfänger-Übungsgelände ist mit seinen drei verschiedenen Gefälleebenen und dem „Karussell“, an dem man sich festhält und dabei lernt, im Kreis zu fahren, ideal. Die Gerlitzen Alpe ist ein „richtiger Familienberg“, wie René Schneider es nennt, und Kärntens einziges zertifiziertes (Wieder-)Einsteigergebiet. Sie verfügt über 25 Abfahrten, darunter viele breite und vergleichsweise flache Pisten. Und da es außerhalb der Hauptsaison nicht so voll ist, kann Julia in Ruhe lang gezogene Kurven fahren. Ganze zwei Mal fällt sie in den drei Tagen – einmal davon am Schnurlift -, Blessuren trägt sie keine davon. Vor allem aber hat das Skifahren richtig Spaß gemacht. „Viel mehr, als ich erwartet hatte“, gibt sie zum Schluss freudig strahlend zu.

Und auch Emil schafft es am dritten Tag, selbstständig eine Kurve zu fahren und zu bremsen. Das bringt ihm Urkunde und Medaille ein, von der er sofort Oma und Opa stolz am Telefon erzählen muss.

Zwei Monate später hat er von seinem besten Kumpel Max ein Freundealbum bekommen. Als seine Mama fragt, was sie unter „Mein größtes Abenteuer“ eintragen soll, kommt die Antwort blitzschnell: „Skifahren“.

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Anreise: Mit dem Auto sind es von Koblenz bis Villach etwas mehr als 800 Kilometer. Der nächste Flughafen ist das rund 30 Kilometer entfernte Klagenfurt. Germanwings fliegt von Köln/Bonn direkt, Lufthansa von Frankfurt mit Stopover in Wien. Mit der Bahn dauert es bei einmaligem Umsteigen in Ulm rund zehn Stunden.

Zielgruppe: Kärnten ist auf Familien spezialisiert. Die Gerlitzen Alpe ist dabei besonders geeignet für Anfänger sowie Wiedereinsteiger und mit dem Gütesiegel „Welcome Beginners“ zertifiziert. Aber auch geübte Skifahrer finden anspruchsvolle Pisten. Insgesamt gibt es 25 Abfahrten, die zusammen 39 Kilometer lang sind.

Beste Reisezeit: Die Skisaison wird am 5. Dezember eröffnet und dauert bis zum 3. April. In dieser Zeit ist die Gerlitzen Alpe, die künstlich beschneit werden kann, schneesicher. Kärnten hat hauptsächlich mildes Klima und die statistisch meisten Sonnentage Österreichs. 

Kosten: Auf der Gerlitzen kostet die Tageskarte für den Lift 43,50 Euro, die Sechs-Tages-Karte in der Nebensaison 197 Euro (Kinder 21,50/ 98,50 Euro). Zur Talstation fährt von Villach und vom Ossiacher See aus ein kostenfreier Skibus.

Unser Autor übernachtete im Mountain-Resort Feuerberg. Die Reise wurde unterstützt von der Region Villach Tourismus.