Engelberg: Nur der Schnee und die weißen Berge

Der Brunnipfad im schweizerischen Engelberg ist auch im Winter gut begehbar und bietet Wanderern ein unvergessliches Bergerlebnis. Foto: Merle Simon
Der Brunnipfad im schweizerischen Engelberg ist auch im Winter gut begehbar und bietet Wanderern ein unvergessliches Bergerlebnis. Foto: Merle Simon

Wer zur Ruhe kommen will, findet in Engelberg in der Schweiz ideale Bedingungen. Bis Ende Mai sind die Skifahrer willkommen

Lesezeit: 5 Minuten
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Geny Hess war in den 70ern der erste Freerider.

Mattias Fredriksson

Auf 82 Pistenkilometern kommen Skifahrer auf ihre Kosten.

Merle Simon

Der Brunnipfad im schweizerischen Engelberg ist auch im Winter gut begehbar und bietet Wanderern ein unvergessliches Bergerlebnis.

Merle Simon

Von unserer Mitarbeiterin Merle Simon

Unberührte und weitläufige Schneeflächen bedecken das von mächtigen Bergen umringte Brunnital. Die morgendliche Sonne reflektiert im Schnee und beleuchtet den ruhigen Ort, der die Wanderer auf ihrem Pfad von dem Rest der Welt abzuschirmen scheint und ihnen den vollen Genuss der Stille schenkt. Mit dem kalten, knirschenden Schnee unter den Schuhsohlen und der Sonne im Gesicht lässt es sich wunderbar wandern. Außer den eignen Schritten ist nichts zu hören, nur das freudige „Grüezi“, wenn Einheimische den Pfad zurück hinunter ins Tal laufen. Der geschützte Platz der Stille mit der heimeligen Atmosphäre lädt zum Verweilen ein. Immer wieder bieten Sitzgelegenheiten am Rande des Wanderweges die Gelegenheit anzuhalten, innezuhalten und abzuschalten.

Das beschauliche Klostertal Engelberg gilt in der Zentralschweiz als das Winterparadies schlechthin. Und paradiesisch ist es dort in jeder Hinsicht. Dann wenn viele andere Skigebiete die Saison nach den Ostertagen für beendet erklären, geht es in Engelberg noch einmal richtig los. Bis zum 22. Mai wird hier der Wintersport betrieben. Für Janicke Svedberg von der Engelberg-Titlis Tourismus AG stellt der Mai den perfekten Monat dar. Denn auf der einen Hangseite ist der Skibetrieb noch in vollem Gange, und auf der anderen Seite ist es bereits etwas sonniger, und es gibt die Möglichkeit zu wandern und zu klettern.

Nach dem Ende der Skisaison begibt sich Engelberg in eine kleine Sommerpause, um nur vier Monate später am 3. Oktober in eine neue Winterepisode zu starten. 24 Lifte ermöglichen es den Urlaubern, die 82 Pistenkilometer in vollen Zügen zu genießen, ohne lange anstehen zu müssen. Auch Freeride-Begeisterte kommen hier in dem mehr als 100 Kilometer langen Gebiet auf ihre Kosten.

Profisportler Johan Jonsson hat in Engelberg sein zweites Zuhause gefunden. Von November bis Mitte Mai ist er fast jeden Tag abseits der offiziellen Pisten unterwegs. Wenn man ihn den Berg hinunterfahren sieht, zieht er eine Wolke aus Schneestaub hinter sich her, die je nach der Richtung seiner Bewegungen die Form verändert. Für Johan ist der waghalsige Sport kein Training, vielmehr – so sagt er – seine Passion. Mit dieser Meinung ist er in Engelberg nicht allein, denn niemand Geringeres als der älteste Freerider der Welt, Geny Hess, ist in Engelberg seit vielen Generationen verwurzelt. Der Freerider-Pionier begann bereits in den 70er-Jahren, die Hänge zu erkunden. Dabei ging er jedoch immer mit Respekt vor, denn er weiß auch, dass in der Natur Gefahren lauern. So beurteilt er jeden Hang zuerst im Herbst, um ihn auf Gletscherspalten zu überprüfen.

Der Trend geht immer weiter dahin, einen neuen Kick zu finden und Neues auszuprobieren, dabei ist es jedoch sehr wichtig, das eigene Limit und auch seine Umgebung genau zu kennen, sagt Hess. Aus diesem Grund gibt es in Engelberg das Angebot, an Sicherheitstrainings teilzunehmen, um die abenteuerlustigen Touristen auf ihre Abfahrten vorzubereiten. Eins liegt Geny Hess bei all der Aufregung um die rasante und turbulente Sportart jedoch sehr am Herzen: dass die Vielseitigkeit der Natur nicht vergessen wird, sondern dass sich die Gäste auch einmal die Zeit nehmen, anzuhalten und die Natur mit all ihren Sinnen wahrzunehmen.

Allerdings glänzt Engelberg als größter Ferien- und Erholungsort der Zentralschweiz nicht nur mit Angeboten für Extremsportler, sondern setzt auch gern auf Altbewährtes. Der klassische Holzschlitten, den viele in ihrer Kindheit das letzte Mal benutzt haben, wird hier noch einmal ausgepackt. Auf sieben Kilometer Rodelstrecke leben alte Erinnerungen wieder auf.

Schon bevor man den Sessellift hinauffährt, ist von unten aus dem Tal losgelöstes Lachen zu hören. Aber nein, das sind nicht etwa nur Kinder, die hier sichtlich ihren Spaß haben, es sind auch Erwachsene, die vor Freude kreischen und jubeln. Auf der kilometerlangen Abfahrt nehmen die Schlitten schnell an Geschwindigkeit zu, und dem ein oder anderen fällt es sichtlich schwer, sich auf dem Schlitten zu halten. Brems- und Lenkmanöver werden mit den Füßen ausgetüftelt, um noch schneller und besser den Hang hinunterzukommen.

Für diejenigen, die gern neue Formen des Schlittenfahrens kennenlernen möchten, bietet der Verleih zusätzlich aufblasbare Schlitten an. Mit dem Kopf voraus, geht es damit die Piste hinunter. Dabei ist es empfehlenswert, die Schlitten zuerst einmal in flachem Gelände zu testen, da es ganz schön schwierig ist, mit den Geräten bergab zu lenken.

Man kann aber auch einfach ganz entspannt die Natur erkunden. Dafür ist nicht mehr notwendig als ein Paar wasserfeste Wanderschuhe und das Bedürfnis nach Ruhe und Erholung. Daher sieht Geny Hess den Aufenthalt in seiner geliebten Natur in Engelberg als idealen Ausgleich: „In der Natur ist man nur mit sich allein, und es gibt keine Gegner, die diesen Einklang von Mensch und Umwelt in irgendeiner Art beeinflussen könnten.“ Viele Gäste reisen aus Städten an, sie wollen raus aus den lärmenden Hupkonzerten, die sich vor ihrer Haustür abspielen. Denn dort in der Stadt scheinen es immer alle besonders eilig zu haben, und jeder versucht, den anderen zu überholen – ein ewiger Wettkampf untermalt mit lauter Beschallung.

Der erste Tag in dem kleinen Klosterort wird einem zunächst etwas merkwürdig vorkommen, was daran liegt, dass es nahezu keine Geräuschkulisse zu geben scheint. Doch die anfängliche Irritation verfliegt bereits am nächsten Tag. Der Blick aus dem Fenster richtet sich geradewegs auf die Berge, und ein beruhigendes Gefühl breitet sich aus. Die majestätischen Berge vermitteln den Eindruck, abgeschirmt zu sein vom Alltag, und sie machen einem zudem bewusst, wie klein der Mensch im Vergleich zur Natur doch ist. Und die Worte von Geny Hess kommen einem in den Sinn: abschalten, unsere Natur bewusst wahrnehmen und schätzen. Wann immer es irgendwie geht.

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Wissenswertes für Reisende

Anreise: mit der Bahn nach Engelberg (von Frankfurt nach Engelberg sind es rund sechs Stunden)

Zielgruppe: Geeignet für Familien und Wintersportbegeisterte. Ungeeignet für Touristen, die das Nachtleben in Skigebieten kennenlernen wollen.

Beste Reisezeit: Wer Wintersport und Wander- und Klettertouren kombinieren möchte, für den eignet sich der Mai am besten. Oktober bis April eignen sich durchgehend für Wintersportaktivitäten.

Unsere Ausflugstipps:

  • die zwölf Kilometer lange Abfahrt vom Berg Titlis nach 
Engelberg
  • Besuch einer der höchstgelegenen Hängeseilbrücken Europas
  • Besuch des Snow X-Parks
  • eine Übernachtung im Iglu-Dorf am Trübsee
  • Besuch der Alpkäserei Gerschnialp


Unsere Autorin hat im Hotel Waldegg in Engelberg übernachtet. Die Reise wurde unterstützt von Engelberg-Titlis Tourismus AG.