Bornholm bietet Hygge: Die dänische Ostseeinsel hat auch im Winter ihren ganz besonderen Reiz
Schon weil die Anreise nicht so ganz einfach ist. Immerhin: Seitdem die Fährgesellschaft Bornholmslinjien vor knapp zwei Jahren den Zuschlag für die Verbindungen zu der etwas abgelegenen Insel gewonnen hat, gibt es auch von Deutschland aus eine ganzjährige Fährverbindung – in diesem Winter meist einmal pro Woche in knapp dreieinhalb Stunden Überfahrt vom Fährhafen Sassnitz auf Rügen aus. Auch per Flugzeug ist das Eiland zu erreichen – allerdings nur über Kopenhagen und nicht per Billigflieger.
Winterauszeit für Ruhesuchende
Wirklich spektakuläre Dinge gibt es auf Bornholm ohnehin nicht zu erwarten, außer vielleicht Stille, jede Menge zurückgenommene nordische Natur in Winterruhe, die man sich zu dieser Jahreszeit fast nur mit den Einheimischen teilen muss, und natürlich DAS dänische Überklischee der vergangenen Jahre: Hygge. Wer das von einer Winterauszeit erwartet, der ist auf Bornholm genau richtig.
Hygge – dieses dänische Wort, das übersetzt etwa Gemütlichkeit oder Geborgenheit bedeutet, könnte seine Ursprünge auf Bornholm haben, so sehr entspricht die Insel diesem Klischee. Etwa wenn man an einem Winterabend, der hier im Nordosten schon kurz nach 15 Uhr beginnen kann, durch die Straßen der gemütlichen Inselhauptstadt Rønne, die Gassen von Svaneke oder steilen Wege von Gudhjem bummelt. Dann gewähren die Fenster der wirklich kleinen Stadthäuser Einblicke in die echte Hygge. Denn geschlossene Vorhänge oder herabgelassene Rollläden sind verpönt. So blickt man zwangsläufig in gemütliche, kleine Stuben hinein, meist hübsch eingerichtet mit modernem nordischen Design und alten Möbeln.
Wenn man nach dem Bummel durch den gern auch einmal nasskalten Winterabend das Bedürfnis nach Wärme und Geborgenheit verspürt, kann man in eine der kleinen Bars oder Restaurants einkehren. Denn inzwischen machen, anders als noch vor einigen Jahren, so einige Gastronomen dabei mit, auch im Winter die Türen für Gäste zu öffnen. Dabei gibt es so manche Entdeckung zu machen, etwa das Café Provianten am Hafen von Gudhjem, eine „hyggelige“ Weinbar, die konsequent auf ökologische Produkte setzt. Das geht so weit, dass die zum Ausschank und auch zum Verkauf angebotenen Weine aus Südfrankreich ausschließlich mit einem alten Segelfrachtschiff (ohne Hilfsdiesel!) CO2-neutral vom Mittelmeer direkt bis vor die Tür des Provianten gebracht werden.
Hygge im Ferienhaus genießen
Hygge bieten auch viele der Ferienhäuser, eigentlich die typische Unterkunft für Touristen. Zwar ist deren Auswahl für die Wintermonate auch nicht ganz so üppig wie im Sommer, dafür ist außerhalb der Hauptsaison auch schon mal eine bessere Ausstattung bezahlbar, etwa mit einer eigenen Sauna im Haus. Da sich die überwiegende Mehrzahl dieser Häuser in den Dünenwäldern des Inselsüdens versteckt, laden sie geradezu dazu ein, sich dort tagsüber bei ausgedehnten Strandspaziergängen den Wind um die Nase wehen zu lassen, um es sich dann bei Einbruch der Dunkelheit im Haus vor dem Kamin mit einem Tee, Kaffee, einem süßen Hefe- oder Blätterteigteilchen und einem guten Buch gemütlich zu machen. Oder man macht einen Ausflug in den Inselnorden, wo man die Klippen und Schärenküste oder sogar die Burgruine Hammershus entdecken kann. Das alles meist mit Meerblick von den ehemaligen Rettungswegen direkt am Ufer aus. Und im blaugrauen Licht des Winters erscheinen dann die alten Inselgeschichten von den unterirdischen Wesen, die den Menschen so manchen bösen Streich spielen, plötzlich gar nicht mehr so abwegig wie im Sommer. Wer dann durchgefroren ist und keine eigene Sauna im Haus hat, der kann einem jüngeren skandinavischen Trend folgen: dem Winterbaden. Meist in den kleinen Häfen der Orte sind Saunen gebaut worden. Wie zum Beispiel in Hasle, wo der örtliche Badeklub „Den Varme Viking“ ein schickes Saunahaus errichtet hat, das auf Anfrage an Wochenenden auch von Gästen genutzt werden kann. Nach dem Saunagang gehört die Abkühlung im nur wenige Grad frischen Meerwasser natürlich dazu – die allerdings auch bei den Wikingernachfahren eher kurz und wohl auch nicht ganz schmerzlos ausfällt.
Neben Hygge und Natur hat die Insel auch Kultur im Angebot: das Bornholms Kunstmuseum etwa. Ein architektonisch spektakulärer Bau bei Gudhjem, der sich in seiner sehenswerten Sammlung der klassischen und modernen Kunst und dem Kunsthandwerk der Insel widmet. Im Städtchen Svaneke wird sichtbar, warum das Eiland mit seiner langen Kunsthandwerkstradition als erste Region in Europa überhaupt durch den World Craft Council (WCC) der Unesco zur „World Craft Region“ (Welt-Kunsthandwerksregion) ernannt wurde. Keramikwerkstätten und bekannte Glasbläser wie etwa Pernille Bülow haben auch im Winter geöffnet und produzieren vor den Augen der Kunden ihr schlichtes und gern auch etwas höherpreisiges skandinavisches Design.
Auch wer sich nicht so sehr für Keramik und die Herstellung irdener Waren interessiert, könnte einen Besuch des Hjorths Keramikmuseums in Rønne in Erwägung ziehen, denn allein die kleinen verwinkelten und jahrhundertealten Arbeitsräume haben ihren ganz besonderen Charme. Produziert wird dort auch noch, etwa Teller, Becher und Schalen für den bekanntesten und angesagtesten dänischen Gourmettempel: das Noma in Kopenhagen.
Und so gibt es in einer Winterwoche auf Bornholm eigentlich doch wieder so viel zu entdecken, dass die Zeit knapp werden könnte. Schließlich gehen die Bornholmer Uhren gerade im Winter noch etwas langsamer. Stress und Hektik sind den eigenwilligen Bornholmern sowieso wesensfremd. Und ein gutes Stück dieser inneren Hygge sollten die Urlauber von ihrem Winterinselurlaub im Norden auf jeden Fall mit nach Hause nehmen.
Einen Eindruck über Winterurlaub auf Bornholm bietet die Internetseite www.visitdenmark.de/daenemark/regionen/ostsee/winter-auf-bornholm