Von unserem Redakteur Dietmar Brück
Doch die klassische Schonzeit zum Start wurde der rheinland-pfälzischen Ampel nicht gewährt. Unwetter mit unbekannter Zerstörungskraft wüten in Rheinland-Pfalz. Zugleich geht es auch politisch stürmisch zu. Der Austritt der Briten aus der EU (Brexit) könnte die rheinland-pfälzische Wirtschaft hart treffen. Und landespolitisch wird die neue Regierung mit Gegenwind in Orkanstärke konfrontiert, seit der anstehende Verkauf des Flughafens Hahn mehr Sorgen als Hoffnungen auslöst.
FDP-Landeschef Volker Wissing setzte all dem im Mainzer Schloss eine optimistische Botschaft entgegen. Die Liberalen wollen Rheinland-Pfalz zu einem führenden Standort für frische unternehmerische Ideen machen. Der neue Wirtschaftsminister Wissing entwarf die Vision einer pulsierenden Gründerszene in Rheinland-Pfalz, die kluge Köpfe und neue Ideen anzieht. Er möchte Rheinland-Pfalz zu einer Innovationsschmiede machen, in der zukunftweisende Forschung und Technologien mit offenen Armen empfangen werden. Das war bei dem grünen Koalitionspartner bislang nur eingeschränkt der Fall, man muss nur an die Gentechnologie denken.
Gegliedertes Schulsystem stärken
Die FDP will Risikofonds erleichtern, die Bedingungen für Start-ups landes- und bundesweit verbessern. Wissing sprach davon, Forschung und Entwicklung steuerlich zu fördern und „neuen Technologien eine einzigartige Willkommenskultur zu bieten“. Und weiter: „Wir müssen mehr tun, sodass den Menschen Unternehmensgründungen wieder Freude machen.“ Zugleich wollen die Liberalen die Digitalisierung im Land vorantreiben. Rheinland-Pfalz soll bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. In der Wirtschaft wird man abwarten, welche Taten diesen Worten folgen.
Natürlich kann ein Wirtschaftsminister den anstehenden EU-Austritt der Briten nicht außen vor lassen. Volker Wissing präsentierte sich unter großem Beifall als „glühender Europäer“. Der Chefliberale meinte: „Jeder, der die europäische Idee diffamiert, wird auf den Widerstand der freien Demokraten stoßen.“ Zugleich sprachen am Rande des Parteitags zahlreiche Freidemokraten davon, dass etwas faul sei in Brüssel und sich die EU-Bürokratie dringend reformieren müsse.
Doch der eigentliche Fokus der hiesigen Liberalen ist natürlich die Landespolitik. An der Applausstärke gemessen, sind den freien Demokraten neben einer kraftvollen Gründerkultur der Erhalt und die Förderung des gegliederten Schulsystems besonders wichtig – und zwar von der Förderschule bis zum Gymnasium. Grüne Ideen von einer Einheitsschule sind für die Gelben ein rotes Tuch, aber auch die hartnäckigen Unterstellungen der CDU, dass die Regierung heimlich in diese Richtung steuern wolle.
Bei den Liberalen war der Versuch spürbar, sich auf ihrem Mainzer Parteitag als eigenständige politische Kraft zu präsentieren. Parteichef Wissing forderte die Grünen auf, in der Asylpolitik umzudenken und mehr sicheren Herkunftsländern zuzustimmen. Die grüne Landeschefin Katharina Binz ließ die neuen liberalen Freunde abblitzen. „Auf unserer Seite gibt es keinen Grund für einen solchen Appell“, meinte sie später.
Das heißeste Eisen war natürlich der Flughafen Hahn – und dessen Verkauf an einen chinesischen Investor. Volker Wissing ließ keinen Zweifel daran, dass die Privatisierung der richtige Weg ist. „Es ist nicht Aufgabe des Staates, einen defizitären Flughafen dauerhaft zu subventionieren“, meinte er.
Viel politischer Sprengstoff
Doch auch die Liberalen wissen, wie viel politischer Sprengstoff die Lage am Hahn birgt. Deswegen betonte der Wirtschaftsminister fast schon überdeutlich: „Die Verhandlungen waren abgeschlossen, als wir Regierungsverantwortung übernommen haben.“ Nun hänge alles vom Geschäftsmodell des Investors ab. Die Verantwortlichkeit für die Auswahl des Käufers und die Prüfung des Businessplans liegt für Wissing klar beim SPD-geführten Innenministerium. Die FDP gewährt den Sozialdemokraten einen Vertrauenvorschuss, klärt aber auch präventiv die Verantwortlichkeiten.
CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder übte harte Kritik an dem Parteitag. „Gemessen an ihrer verbalen Kraftmeierei vor der Wahl, ist die FDP vom Muskelmann zum Spargeltarzan geworden“, sagte er.