Der ehemalige AfD-Landeschef äußert sich im sozialen Netzwerk homophob - Sogar seine eigene Partei geht auf Distanz
Old Twitterhand: Was ist bloß mit AfD-Landeschef Uwe Junge los? Homophober Tweet sorgt für scharfe Kritik
Manuel Neuer trug bei beiden EM-Spielen der deutschen Mannschaft eine Armbinde in Regenbogenfarben. Ex-AfD-Landeschef Uwe Junge (rechts) wurde daraufhin bei Twitter ausfällig.
imago images / Klaus W. Schmidt

Rheinland-Pfalz. Der ehemalige Landesvorsitzende der AfD Rheinland-Pfalz heißt Uwe Junge. Wer den 63-Jährigen in seiner Zeit als Partei- und Fraktionschef in Mainz zu einem persönlichen Gespräch getroffen hat, erlebte oft einen angenehmen Gesprächspartner. Einen, der von seinen Auslandseinsätzen in Afghanistan geprägt wurde, aber gerade über Außen- und Sicherheitspolitik sehr reflektiert und differenziert reden konnte. Und dann gibt es den Uwe Junge auf Twitter. Im sozialen Netzwerk wollte er schon Politiker „zur Rechenschaft ziehen“ oder posierte oben ohne in Boxerpose zur Verteidigung der weißen Männer.

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Manuel Neuer trug bei beiden EM-Spielen der deutschen Mannschaft eine Armbinde in Regenbogenfarben. Ex-AfD-Landeschef Uwe Junge (rechts) wurde daraufhin bei Twitter ausfällig.
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Nun löste der Twitter-Junge wieder einen Skandal aus: „Münchner Arena soll beim Ungarn-Spiel in Regenbogenfarben leuchten und Neuer trägt die Schwuchtelbinde statt unserer Nationalfarben.“ Sollten nun die Nationalspieler vor dem Spiel noch auf die Knie gehen – eine Geste gegen die Diskriminierung schwarzer Menschen –, werde die deutsche Nationalmannschaft „immer mehr Fans verlieren“, ließ Junge wissen. In seiner Partei gehen auch ihm angesichts solcher Äußerungen die Anhänger aus. Am deutlichsten wurde die Oppositionsführerin im Bundestag, Alice Weidel. Weidel zieht gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin, einer Schweizerin, zwei Kinder groß. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Manuel Neuer, wiederum trägt die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben, um im „Pride Month“ für die Belange der LGBTQ+-Menschen einzutreten (siehe Stichwort: Pride Month). Weidel antwortete via Twitter auf Junges Ausfall: „Das ist nicht die AfD. Uwe Junge wird sich die Partei demnächst von außen anschauen dürfen.“

Auch Junges Nachfolger auf dem Stuhl des Landesvorsitzenden äußerte sich. „Inhaltlich teile ich Herrn Junges Kritik an der Politisierung und Instrumentalisierung des Sports, die jetzt offensichtlich auch der DFB betreibt. Seine Wortwahl ist jedoch verletzend und herabwürdigend gegenüber einer ganzen Gruppe von Menschen und daher völlig inakzeptabel“, twitterte Michael Frisch. Es gebe in der AfD „viele homosexuelle Mitglieder und eine Spitzenkandidatin, die in einer lesbischen Beziehung lebt“. Das zeige, „dass diese Menschen in unserer Partei den gleichen Respekt und die gleiche Wertschätzung genießen“. Dann machte er sich eine berühmte Formulierung des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Wolfgang Wowereit (SPD), zu eigen: „Und das ist gut so.“ Der Koblenzer Joachim Paul, Mitglied im Bundesvorstand, schrieb von einer „völlig zu Recht kritisierten Wortwahl“. Frisch kündigte an, der Landesvorstand werde sich laut einem entsprechenden Beschluss des Bundesvorstands in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema beschäftigen und dabei auch den langjährigen Fraktionsvorsitzenden befragen.

Junge reagierte am Sonntag. „Den Tweet zur Kapitänsbinde habe ich gelöscht. Für den Begriff ,Schwuchtelbinde' entschuldige ich mich. Inhaltlich bleibe ich dabei, dass derartige Statements nichts an oder auf dem Trikot der Nationalmannschaft zu suchen haben. Unsere Farben sind Schwarz, Rot und Gold“, schrieb er. Später verlinkte er auch einen Artikel, indem es um die Ermittlungen des europäischen Fußballverbands Uefa gegen den Deutschen Fußball-Bund geht. Der sah in Neuers Armbinde zunächst eine verbotene politische Botschaft, kam aber dann zu dem Schluss, es handele sich dabei um einen Einsatz für einen guten Zweck.

Manuel Neuer trug bei beiden EM-Spielen der deutschen Mannschaft eine Armbinde in Regenbogenfarben. Ex-AfD-Landeschef Uwe Junge (rechts) wurde daraufhin bei Twitter ausfällig.
imago images/Team 2

Ob die Münchner Arena am Mittwoch tatsächlich in Regenbogenfarben leuchtet, wird die Uefa hingegen noch entscheiden müssen. Der Stadtrat hat sich dafür ausgesprochen. Hintergrund: Im Heimatland des letzten Gruppengegners Ungarn hat Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) ein Gesetz erlassen, das künftig Bücher, Broschüren, Aufklärungskampagnen und Werbung, die keine klassischen Familien – Vater, Mutter, Kind(er) – zeigen, verbietet. Auch der Lebensentwurf von AfD-Spitzenfrau Weidel wäre am Balaton nicht denkbar: Seit Herbst dürfen homosexuelle Paare in Ungarn keine Kinder adoptieren.

Von unserem landespolitischen Korrespondenten Carsten Zillmann

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