„Wir halten es für ausgeschlossen, dass Vorstandsmitglieder nicht von den verbotenen Abschalteinrichtungen gewusst haben“, heißt es da. Und nicht nur das: Die Richter sehen den Vorwurf der „vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung“ im Abgasskandal als erwiesen an. Zumal der Senat dem Autobauer ein systematisches Vorgehen attestiert, das über Jahre aufrechterhalten worden sei.
Das ist noch kein Urteil, aber eine klare Ansage, wohin die Reise gehen wird. Damit setzte Goebel der Verteidigung die Pistole auf die Brust. „Die Ansicht ist im Senat allerdings nicht erst seit Freitag gereift“, betonte der Jurist.
Konkret geht es um den Fall eines Mannes aus dem Kreis Bad Kreuznach, der einen gebrauchten, abgasmanipulierten VW-Diesel gekauft hatte und später den Kaufpreis zurückforderte. Das Landgericht Bad Kreuznach hatte die Klage noch abgewiesen. Das Oberlandesgericht Koblenz sieht das anders. „Der Senat neigt der Ansicht zu, dass ein Anspruch aus unerlaubter Handlung besteht“, sagte Goebel. Das Gericht ist demnach überzeugt, dass der Mann das Auto nicht gekauft hätte, wenn er von der illegalen Abschalteinrichtung und der drohenden „Stilllegung“ gewusst hätte. Somit stehe ihm der gezahlte Kaufpreis zu, wenn er das Auto an Volkswagen übergibt.
So weit handelt es sich nur um einen von rund 250 Fällen, die beim Oberlandesgericht Koblenz im Dieselskandal gelandet sind. Doch bisher haben sich die Parteien stets auf einen Vergleich geeinigt. Manchmal nur Stunden vor einem möglichen Urteilsspruch, wie Goebel hervorhebt. Doch der Kläger aus dem Kreis Bad Kreuznach lehnt hartnäckig jeden Vergleich ab. Aus Prinzip, wie sein Rechtsanwalt vor Gericht betont.
Bleibt es dabei und entscheidet der 5. Zivilsenat gegen den Volkswagenkonzern, würde erstmals ein Urteil vorliegen, das Signalwirkung für alle Landgerichte im nördlichen Rheinland-Pfalz hätte, die ihre Entscheidungen am Oberlandesgericht orientieren. Schon das dürfte Volkswagen teuer zu stehen kommen, weil es wohl weitere Kläger ermutigen wird. Die Verteidigung könnte dann zwar gegen das OLG-Urteil Revision einlegen. Aber dann würde es ein Fall für den Bundesgerichtshof, und VW würde einen Präzedenzfall schaffen, der bundesweite Auswirkungen hätte. „Lassen Sie es den BGH klären“, forderte Goebel die Verteidigung auf. Die beantragte erst mal eine Sitzungsunterbrechung, um dann ein zaghaftes Vergleichsangebot in den Raum zu stellen. Vergeblich. Jetzt haben die Parteien noch bis zum 3. Mai Zeit, um sich zu einigen. Ansonsten soll das Urteil am 15. Mai fallen.