Die in die Kritik geratene Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) hat ihren umstrittenen Brief an den SWR im Medienausschuss des Landtags am Donnerstag verteidigt. Sie habe den Brief an die Landessenderdirektorin nach eigener Aussage nach „sehr reiflicher Überlegung“ verschickt, sagte Raab. Die SPD-Politikerin aus Cochem erklärte: „Inhaltlich stehe ich auch heute zu alledem, was ich vorgetragen habe und zu meiner Kritik.“ Sie habe aus ihrer Sicht eine differenzierte und sachliche Kritik geäußert und den Austausch mit dem Sender gesucht. „Es ging mitnichten darum, zu personalisieren oder zu polemisieren“, betonte Raab. Sachliche Kritik stehe jedem zu.
Raab betonte, dass es „um einen einzigen Satz“ gehe, den sie getadelt habe. Sie sei vielleicht altmodisch und habe sich für das Format des Briefs entschieden. Der wurde mit dem Briefkopf der Bevollmächtigten des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa verschickt, deshalb sehen Oppositionsvertreter darin einen Machtmissbrauch.
Was Raab geschrieben hat
Raab hatte sich in einem Brief vom 2. Mai bei SWR-Landessenderdirektorin Ulla Fiebig über die Berichterstattung zum Rücktritt und zur Verantwortung von Ex-Innenminister Roger Lewentz (SPD) bei der Flut beschwert (wir berichteten). Der SWR-Hauptstadtkorrespondent kam in dem Beitrag zu der Einschätzung, dass es bundesweit wahrscheinlich einmalig sei, dass ein „Landesinnenminister, der die politische Verantwortung für die vielen Toten dieser schrecklichen Ahrkatastrophe übernehmen muss, weiterhin Landesvorsitzender seiner Partei bleibt“. Raab schrieb in ihrem Brief, dies sei „objektiv falsch“, bat um Antwort und drohte mit dem Programmausschuss. Die SPD-Politikerin ist Staatssekretärin für Medien und zugleich Funktionärin in mehreren SWR-Gremien.
Die 58-Jährige erklärte außerdem auf etliche Nachfragen im Ausschuss, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), ihre Regierungssprecherin Andrea Bähner sowie der Chef der Staatskanzlei erst mit der Veröffentlichung eines Artikels der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Anfang November von der Angelegenheit erfahren hätten. Die Frage des AfD-Abgeordneten Joachim Paul, ob Raab im Auftrag von Lewentz gehandelt habe, verneinte die Befragte. Die Entscheidung, das Schreiben Lewentz in Kopie zu senden, begründete sie damit, dass es bei besagtem Schaltgespräch um Lewentz gegangen sei und er somit betroffen gewesen sei. Ihr sei es mit dem Versenden des Briefes um eine Prüfung gegangen, die sei mit der Antwort des Senders erfolgt. Die Frage der CDU-Abgeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden des Medienausschusses, Ellen Demuth, wann genau und weshalb Raab die Nachrichtensendung im April dieses Jahres geschaut habe, beantwortete die Bevollmächtigte damit, dass sie in ihrer Heimat auf den Beitrag angesprochen worden sei. Daraufhin habe sie ihn sich in der Mediathek angeschaut. Eine weitere Frage Demuths, ob Raab sich selbst noch als geeignet für ihre Posten sieht, bejahte die Befragte.
Schlagabtausch im Medienausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags: Am Donnerstag wurde die Causa Raab endgültig zum landespolitischen Thema. Was bleibt davon über? Was sagt die Affäre und ihr Umgang damit über das Regierungshandeln der erfolgsverwöhnten rheinland-pfälzischen SPD?Kommentar zur Causa Raab: Im Würgegriff der Staatskanzlei
AfD hält Raab für nicht mehr tragbar
Joachim Paul hatte an den Äußerungen der SPD-Politikerin im Ausschuss heftige Kritik geäußert. Er halte es für „naiv“, wenn Raab erkläre, es sei ein Jedermannsrecht, Kritik an den Medien und am öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu äußern. Als stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende des SWR und Staatssekretärin sei sie eben nicht jedermann, sondern Repräsentantin der Landesregierung. Der AfD-Politiker sprach von einem Skandal, einem „Medienskandal, vielleicht der größte der letzten Jahre“. Er hielt Raab vor, mit ihrem Brief Lewentz, und damit „einen Parteifreund“, geschützt haben zu wollen, „der natürlich für die Todesopfer“ bei der Ahrflut „Verantwortung trägt – politische Verantwortung“. Paul ergänzte: „Aus meiner Sicht sind Sie nicht mehr tragbar.“
CDU-Ausschussmitglied und Landesvorsitzender Christian Baldauf warf Raab vor, mit einer „völlig irrationalen Begründung“ erklärt zu haben, warum sie den Briefkopf der Staatskanzlei genutzt habe. Baldauf fragte: „Glauben Sie allen Ernstes, dass wenn Sie einen solchen Brief schreiben, dass dieser als ganz normaler Brief wahrgenommen wird?“ Baldauf konfrontierte Raab zudem mit einem kurz nach Veröffentlichung wieder gelöschten Tweet auf X (vormals Twitter) rund um die „Briefkopfaffäre“. In diesem Tweet setzte sie auch unsere Zeitung dem Verdacht aus, bei der Berichterstattung über den Verdacht politischer Einflussnahme beim SWR durch die Landesregierung „Gerüchte und Desinformation“ zu verbreiten. Dies sei aus Versehen geschehen, erklärte Raab. Sie habe unabsichtlich auf den Post der Rhein-Zeitung geantwortet. Sie sei im Glauben gewesen, auf einen Beitrag des CDU-Fraktionsvorsitzenden Gordon Schnieder zu reagieren.
Ampel-Vertreter verteidigen SPD-Politikerin
Vertreter der Ampelkoalition verteidigten indes die Staatssekretärin. So sagte etwa FDP-Fraktionschef Philipp Fernis: Kritik an den Medien und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu üben, stehe jedem zu – auch hochrangigen Vertretern der Landesregierung. Alle Ausschussmitglieder, bis auf AfD-Vertreter Paul, verteidigten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Bedeutung.
Eine klare Meinung in der Causa Raab vertritt die Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) Rheinland-Pfalz, Andrea Wohlfart: Die Staatssekretärin habe mit ihrem Schreiben „der Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Unabhängigkeit der Medien einen Bärendienst erwiesen“. Eine unabhängige und ausgewogene Berichterstattung gehöre zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und mache dessen fundamentale Bedeutung für das demokratische Gemeinwesen aus.
Die Antwort an die Rhein-Zeitung
Was den gelöschten Tweet und den Vorwurf der Desinformation in Richtung unserer Zeitung anbelangt, hatte sich auf Anfrage unserer Zeitung auch die Staatskanzlei geäußert: Sie sieht in dem Geschehen keinen erwähnenswerten Vorgang. Dies geht aus der dürren Antwort von Regierungssprecherin Andrea Bähner auf eine aus sechs Fragen bestehende Anfrage hervor, die die Redaktion bereits am Mittwoch zur Klärung des Vorgangs an die Staatskanzlei geschickt hatte.
Die Rhein-Zeitung sei, so Bähner, durch Raabs Tweet lediglich „aus Versehen“ in den Zusammenhang der Verbreitung von Gerüchten und Desinformation gestellt worden. Deshalb sei der Tweet auch wieder gelöscht worden. Der Vorwurf des Verbreitens von Desinformation habe lediglich CDU-Generalsekretär Gordon Schnieder gegolten.
Die CDU fordert wegen des Briefes den Rücktritt von Raab. Von unserer Zeitung am Mittwoch gefragt, ob Raab denn dann wenigstens Belege für die Vorwürfe an Schnieder habe, verweigerte Regierungssprecherin Bähner erneut rundheraus eine Antwort.