Metzger im Kreis spüren größeren Kundenzuspruch nach Vorfällen in Großschlachtbetrieben - Tierwohl spielt eine Rolle
Nach Skandalen in Großschlachtbetrieben: Fleischer im Kreis Neuwied setzen auf Produktion vor Ort
Markus Maxein freut sich über Andrang in seinem Laden. Foto: Niebergall
Jörg Niebergall

Kreis Neuwied. Die Zeiten, in denen das meiste Fleisch beim Metzger in der Nachbarschaft gekauft wurde, sind lange vorbei. Auch in der Stadt Neuwied und im Kreis sind nur noch wenige Fleischerei-Fachgeschäfte übrig geblieben. Mit den Preisen von Discountern können die kaum konkurrieren. Dafür haben viele Verbraucher die Hoffnung, dass sie hier bessere Qualität erhalten – die auch unter akzeptablen Bedingungen für Mensch und Tier produziert wird. Erst recht, nachdem in Corona-Zeiten Großschlachtbetriebe negative Schlagzeilen geschrieben haben.

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Markus Maxein, der in Heimbach-Weis sein Ladengeschäft betreibt, bemerkt den aktuellen Trend deutlich: „Gerade in den jüngsten Wochen ist der Andrang in unserem Geschäft so groß wie lange nicht mehr. Viele Kunden, die bisher Fleisch im Supermarkt gekauft haben, sagen, dass sie jetzt lieber zu uns kommen.“ Bei seinen Lieferanten, die vor allem in der Eifel beheimatet sind, kauft Maxein schon seit Jahrzehnten ein. „Die besuche ich auch regelmäßig, um mir ein Bild von den dortigen Verhältnissen zu machen.“ Das seien mittelständische Handwerksbetriebe, in denen pro Woche vielleicht einige Hundert Tiere geschlachtet würden – das sei kein Vergleich mit den Großbetrieben, die aktuell in den Schlagzeilen sind. Der Kundenandrang kommt Maxein sehr gelegen, da Party- und Cateringangebote momentan gar nicht gefragt sind. Doch auch der Lieferservice wird aktuell von vielen Kunden in Anspruch genommen.

Maik Linn von der Metzgerei Spindelböck in Neuwied betont, dass in seinem Betrieb nach handwerklicher Tradition gearbeitet wird. Das Fleisch, das in den beiden Filialen in Neuwied verkauft wird, stammt aus der eigenen Schlachterei. Linn erklärt: „Während in der Industrieschlachtung alles in Fließbandarbeit auf engstem Raum passiert, zerlegen wir die Tiere in unserem Betrieb in Andernach, wo das Fleisch auch weiterverarbeitet wird.“ Fünf Mitarbeiter kümmern sich dort um die Verarbeitung. Das Vieh bezieht Linn zum Großteil aus Westerwald, Eifel und Hunsrück: „Zu den meisten Betrieben, die uns beliefern, pflegen wir die Beziehung schon seit vielen Jahren.“

Ein Problem ergibt sich aus seiner Sicht auch durch die Anspruchshaltung der Kunden: „Ein Schwein besteht natürlich nicht nur aus Filetstücken. Für uns ist es aber nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen wichtig, dass möglichst das ganze Tier verwertet wird. Bei uns sollen nicht einfach Teile weggeworfen werden. Deshalb produzieren wir unter anderem auch Tiernahrung.“

Eine Sonderstellung nimmt die Landschlachterei Siegel in Kleinmaischeid ein. Inhaber Thomas Siegel legt großen Wert auf den Umgang mit Mensch und Tier: „Wir kennen unsere Lieferanten hier aus der Region genau. Da legen wir Wert darauf, dass sie unseren hohen Ansprüchen an die Tierhaltung gerecht werden.“ Die Tiere dort seien in der Regel die meiste Zeit auf der Weide – „für viele davon ist der Transport in unsere Schlachterei anstrengend“. Vor der Schlachtung sorgt Siegel dafür, dass sie wieder zur Ruhe kommen. „Für besonders empfindliche Tiere haben wir eine mobile Schlachtbox angeschafft. Damit können wir praktisch direkt auf der Weide schlachten.“ Obwohl Siegel mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt, bezeichnet er sein Unternehmen mit Filialen in Kleinmaischeid, Nauort, Thalhausen und Oberbieber als Familienbetrieb.

Auch wenn die Gespräche nur eine Stichprobe der lokalen Fleischereien wiedergeben können, ist der Eindruck eindeutig: Die Bedingungen für Mensch und Tier scheinen im Umfeld der kleinen Betriebe deutlich besser zu sein als in den Firmen, die gerade negative Schlagzeilen machen.

Von unserem Mitarbeiter Rainer Claaßen

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