Burghausen
„Man lernt, Selbstkritik zu üben“

Immer unter Strom: Mario Basler trainiert Wacker Burghausen.

dpa

Burghausen - Am Samstag trifft Mario Basler (42) als Trainer des Drittligisten Wacker Burghausen auf die TuS Koblenz. Am Deutschen Eck war er einmal der Assistent des damaligen Cheftrainers Uwe Rapolder.

Burghausen – Am Samstag trifft Mario Basler (42) als Trainer des Drittligisten Wacker Burghausen auf die TuS Koblenz. Am Deutschen Eck war er einmal der Assistent des damaligen Cheftrainers Uwe Rapolder. Basler, der unter anderem bei Bayern München, Werder Bremen und dem 1. FC Kaiserslautern gespielt hat, will heute nur noch als Trainer wahrgenommen werden. Ihn nervt es, wenn er immer noch auf seine nicht ganz skandalfreie Vergangenheit als Fußballer angesprochen wird. Mit Einschätzungen zur Fußballbundesliga hält er sich dagegen nicht zurück.

Für welches Vergehen musste einer Ihrer Spieler zuletzt Geld in die Mannschaftskasse zahlen?

Für keines. Es gibt zwar einen Strafenkatalog, aber der musste bislang noch nicht herausgeholt werden.

Das heißt, Sie legen schon sehr viel Wert auf Disziplin?

Natürlich. Die Jungs müssen sich an gewisse Dinge halten, sonst wird es teuer.

Der Ex-Profi Mario Basler hätte bei Ihnen also heute keine Chance mehr?

Och, das hat mit früher nichts zu tun. Ich bin jetzt Trainer und kein Spieler mehr. Es ist wichtig, dass es innerhalb der Truppe stimmt.

Ist es heute für jemanden wie Sie schwerer, im Trainergeschäft Fuß zu fassen, weil Ihnen ein gewisses Image vorauseilt?

Was habe ich denn für ein Image?

Sie haben immerhin selbst in einem Buch von Ihren Skandalen und Eskapaden berichtet.

Ich habe dieses Buch vor zehn Jahre verfasst. Nochmals: Ich bin jetzt Trainer. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Sind Sie ein Stück weit stolz darauf, jetzt als Cheftrainer einer Drittligamannschaft nach Koblenz zurückzukehren? Immerhin waren Sie hier „nur“ Co-Trainer.

Stolz nicht unbedingt. Das Jahr in Koblenz war jedenfalls sehr lehrreich und ein wichtiger Schritt für mich. Letztlich bin ich aber froh, Cheftrainer zu sein. Das macht mir hier in Burghausen sehr viel Spaß.

Was haben Sie in Koblenz gelernt?

Viele Sachen. Den Umgang mit einer Mannschaft, taktische Dinge, Abläufe im Trainingsbetrieb. Das waren für mich wichtige Erkenntnisse, die ich mir unter Uwe Rapolder angeeignet habe.

Sie stehen derzeit mit Wacker Burghausen auf dem 15. Tabellenplatz, haben 29 Punkte gesammelt. Wie viele Zähler benötigen Sie noch, um das ausgegebene Ziel Klassenverbleib zu schaffen?

Ich glaube, dass wir 37 oder 38 Punkte brauchen, um drin zu bleiben. Aber wir wollen mehr. Wir haben den Vorteil, dass wir gegen vier direkte Konkurrenten noch zu Hause spielen. Das sind für uns die wichtigsten Spiele, die wollen wir unbedingt gewinnen.

Auswärts hat Ihre Mannschaft erst zweimal gewonnen. Was muss passieren, damit in Koblenz ein weiterer Erfolg hinzu kommt?

Es kommt immer darauf an, wie meine Mannschaft ins Spiel startet. Wenn Aggressivität und Laufbereitschaft von Anfang an da sind und wir unsere fußballerische Qualität auf dem Platz umsetzen, können wir bei jedem Gegner gewinnen. Wir haben beim 1:4 gegen Rostock nicht gut gespielt. In Koblenz können meine Jungs jetzt zeigen, dass sie es besser können.

Zwei Klubs, für die Sie in der Vergangenheit gespielt haben, stecken in einer tiefen Krise: Werder Bremen und Bayern München. Berührt Sie die Entwicklung in den beiden Vereinen heute überhaupt noch?

Ich beobachte das natürlich. Es ist verwunderlich, dass diese Bundesligasaison völlig auf den Kopf gestellt ist. Man sieht eben, dass es auch bei den großen Vereinen nicht jedes Jahr gut laufen kann.

Glauben Sie, dass Louis van Gaal bis zum Saisonende Trainer in München bleibt, so wie es die Klubführung ausgegeben hat?

Es kommt dort vor allem darauf an, wie die Mannschaft mit solch einer Situation umgeht. Das ist keine einfache Phase für Trainer und Spieler. Aber wenn die kommenden Partien erfolgreich gestaltet werden, gibt es keinen Grund, frühzeitig zu reagieren.

Ist Thomas Schaaf noch der richtige Trainer in Bremen?

Das hat man am vergangenen Sonntag beim Sieg der Bremer in Freiburg doch gesehen. Wie sich die Mannschaft zusammen mit dem Trainer gefreut hat, spricht für sich. Über diese Frage muss gar nicht diskutiert werden.

Schaaf hat kürzlich gesagt, ihm stinke es gewaltig, dass man auf Trainerentlassungen wetten kann. Sie machen Werbung für einen bekannten Wettanbieter. Können Sie seine Kritik verstehen?

Das sind Dinge, auf die wir als Trainer keinen Einfluss haben. Wir müssen die Situation hinnehmen, die im Übrigen nicht neu ist. Auf Entlassungen kann man schon seit vielen Jahren wetten, das ist normal.

Sie wurden bei Eintracht Trier und Jahn Regensburg entlassen. Entwickelt man sich auch in solchen Phasen als Trainer weiter?

Man lernt, Selbstkritik zu üben. Natürlich muss ein Trainer immer versuchen, seine eigene Linie durchzusetzen. Doch wenn man erkennt, es passt nicht mehr, muss man auch mal von dieser Linie abweichen. Ich glaube, es gibt keinen Trainer, der das in der Vergangenheit nicht getan hat. Fakt ist: Bei jeder Beurlaubung nimmt man etwas mit, persönlich entwickelt man sich weiter. Und Fehler können beim nächsten Verein mitunter vermieden werden.

Sie haben Ihre aktive Karriere in Katar beendet. Dort findet die Fußballweltmeisterschaft 2022 statt. Wie haben Sie das Land erlebt?

Für mich und meine Familie war das eine tolle Lebenserfahrung, die ich auf jeden Fall wieder machen würde. Der Stellenwert des Fußballs ist in diesem Land natürlich nicht annähernd so hoch wie hier. Da zählen andere Dinge. Ich bin auch sehr gespannt auf die Weltmeisterschaft. Dass ich nach einem Jahr schon wieder zurück nach Deutschland gekommen bin, liegt ganz einfach daran, dass ich sehr heimatverbunden bin.

Bei welchem Klub wären Sie gerne mal Trainer?

Es gibt eine Vielzahl interessanter Vereine in Deutschland. Wacker Burghausen zum Beispiel. Hier macht mir die Arbeit derzeit große Freude, und ich konzentriere mich deshalb voll und ganz auf diese Aufgabe. Alles weitere wird man sehen.

Das Interview führte Philipp Daum

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