Mainz
Mainzer Projekt hilft Flüchtlingen bei der Arbeitssuche

Der 26-jährige Asylbewerber Hamza Ahmed aus Somalia hat eine Arbeitsstelle bei einem Hersteller von Komponenten für Windkraftanlagen gefunden. Foto: dpa

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Mainz. Sie kommen als Ärzte, Automechaniker oder Taxifahrer, und sie wollen in Deutschland so schnell wie möglich arbeiten - gut ausgebildete Flüchtlinge sollen in Zukunft schneller in Arbeit kommen. Wie das gehen kann, erprobt seit drei Monaten ein bundesweit einmaliges Modellprojekt des Landes in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. 

Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

Dabei werden die Kompetenzen von Flüchtlingen direkt in den Erstaufnahmeeinrichtungen erfasst. So soll später in den Kommunen die Vermittlung durch die Arbeitsämter schneller erfolgen.

„Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Freitag bei einer ersten Bilanz des Projektes „Kompetenzen erfassen, Chancen nutzen.“ Die meisten Flüchtlinge seien hoch motiviert, schnellstens Arbeit zu finden. „Das ist eine ganz große Chance für unsere rheinland-pfälzische Wirtschaft“, betonte die Ministerin.

Zweimal pro Woche werden in den zentralen Erstaufnahmestellen des Landes in Trier und Ingelheim Informationsveranstaltungen über den deutschen Arbeitsmarkt abgehalten, danach können Flüchtlinge auf freiwilliger Basis ihre Kompetenzen erfassen lassen. Daran schließt sich eine persönliche Erstberatung durch die Bundesagentur für Arbeit an.

Bis zum 11. September nahmen mehr als 1200 Flüchtlinge an den Informationsveranstaltungen teil, rund 360 Personen ließen ihre Kompetenzen erfassen. Gemessen an bislang rund 38 000 Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz sei das eine kleine Zahl, räumte Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) ein, doch nach nur drei Monaten sei das auch „eine hoffnungsvolle Zahl“. Gekommen seien bisher auch Archäologen, Juristen und Köche.

Die erfassten Kompetenzen würden nun in die Computer der Arbeitsagentur eingespeist, sagte die Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz der Bundesanstalt für Arbeit, Heidrun Schulz. Doch gleichzeitig warnte sie vor zu hohen Erwartungen: Die Flüchtlinge seien damit keineswegs „übermorgen alle in Arbeit“, es brauche mehr Geduld. „Wir bekommen in den meisten Fällen keine sofortige Integration hin“, sagte Schulz, und nannte Zahlen aus einem Bundesprojekt unter dem Titel „Early Intervention“ aus Ludwigshafen: Von 100 erfassten Flüchtlingen seien seit Januar sechs in Arbeit oder Ausbildung und weniger als 20 in Praktika.

Hauptgrund dafür sei die Sprache: Kaum jemand spreche so gutes, berufstaugliches Deutsch wie nötig, sagte Schulz. Sprachkurse seien deshalb erst einmal das A und O, dann könnten ab dem vierten Aufenthaltsmonat Orientierungspraktika folgen. Die dauerten drei Monate und seien vom Mindestlohn befreit, warb die Agenturchefin für Angebote aus der Wirtschaft. Die größere Anzahl der Flüchtlinge sei zudem gering bis weniger ausgebildet, auch dafür brauche es Lösungen.

Dazu brächten die meisten Flüchtlinge keine Nachweise ihrer Qualifikationen mit, die Anerkennung der Berufsausbildung sei deshalb schwierig. „Arzt werden sie in Rheinland-Pfalz ohne Approbation nicht“, sagte Schulz. Bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse „müssen wir noch schneller werden“, mahnte denn auch Alt. Das Land werde seine Sprachkurse 2016 noch einmal vervielfachen, versprach die Ministerin. Bätzing-Lichtenthäler, betonte, mit dem Projekt werde die Zeit in der Erstaufnahme sinnvoll genutzt. Dazu erarbeite das Land gerade weitere Bausteine, damit der Prozess in den Kommunen „nahtlos weiter gehen kann.“

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