Grundschüler am Amtsgericht
Wo Gerechtigkeit „gemacht“ wird 
Die Schüler und Schülerinnen, die am Projekt der Joseph-Kehrein-Grundschule in Montabaur teilnahmen, haben das Amtsgericht besucht.
Birgit Piehler

Im Rahmen der Projekttage an der Joseph-Kehrein-Grundschule in Montabaur besuchten Schüler der Projektgruppe „Kinderrechte und Demokratiebildung“ das Amtsgericht und durften nicht nur ein Gerichtsverfahren beobachten.

Lesezeit 3 Minuten

„Ihr seid die jüngste Schulklasse, die bisher hier zu Besuch war“, sagt Helmut Groß, Richter am Amtsgericht Montabaur. Und in der Tat kamen aus dem durch die Grundschüler der Montabaurer Joseph-Kehrein-Grundschule gefüllten Zuschauerraum des Gerichtssaals ungewohnt Kinderstimmen, die einen frischen Wind in den ansonsten mit so ernsten Themen belegten, großen Saal am Montabaurer Amtsgericht.

„Die Kinder sollen auch wissen, wo sie recht bekommen“ stellt Lehrerin und Projektleitern Lyda Ketzer sich und die Kinder nach der Begrüßung dem Richter vor. „Wir werden im Projekt auch über Kinderrechte sprechen.“ Das Projekt „Kinderrechte und Demokratiebildung“ ist eines von vielen, das an der Grundschule im Rahmen der Projekttage unter dem Motto „Wir sind bunt“ zu den Themen Demokratie, Gemeinschaft, Toleranz, Vielfalt und Wertschätzung stattfand.

Mit Spannung erwarten die Kinder, wie es in den Gefängniszellen aussieht.
Birgit Piehler

Mit großem Interesse meisterten die Dritt- und Viertklässler das für sie völlig neue Thema, zu dem Richter Helmut Groß über die Aufgaben des Gerichts erzählte und anschaulich erklärte, warum die Justiz in vielen Lebensbereichen so wichtig ist. Groß beschrieb den Unterschied von Straf- und Zivilprozessen, bei denen es häufig darum gehe – auch in Familien – Streit zu schlichten und Kontrahenten zu einigen und dass Jugendrichter jungen Menschen auch helfen, zur Erziehung von Jugendlichen beizutragen und den richtigen Weg zu finden.

Was denn wohl eine Robe sei, fragte der Richter die Kinder, bezüglich seines schwarzen Kleidungsstücks, das er bei der Arbeit trage und bis dahin über dem Arm hängen hatte. Was eines der Kinder mit der unschlagbar treffenden Aussage „so ein Kittel“ beantwortete.

Die Grundschüler folgen gebannt der Wachtmeisterin, wie sie ihrem Kollegen die Handschellen anlegt.
Birgit Piehler

Zur Auflockerung erfolgte eine Führung durch Justizoberinspektorin Vanessa Meudt durch das Gerichtsgebäude mit vielen Geschäftsstellen, Akten und Computern, Wachtmeisterei sowie einem Zellentrakt, der für die Besucher eigens geöffnet wurde. Dies beobachteten die Kinder mit ebenso viel Spannung wie die Demonstrationen von der Justizhauptwachtmeisterin, ihren Kollegen zu durchsuchen und ihm Hand-, sowie Fußfesseln anzulegen. Am Ende wurden über die Sprechanlage der Zelle unter großem Gekicher, versucht, Pommes und Hamburger zu bestellen. „Das funktioniert hier leider nicht“, klärte der Beamte lachend auf, das hier sei kein Hotel.

Als Höhepunkt beeindruckte schließlich der Besuch einer echten Gerichtsverhandlung in einer Strafsache, der die Geduld und das Sachverständnis der Kinder, die tapfer durchhielten, auf die Probe stellte. 

Richter Helmut Groß erklärt den Kindern die Arbeit am Amtsgericht.
Birgit Piehler

„Wir haben auch in der Schule unter den Kindern viel Auseinandersetzungen, Kinder mit schwierigem Hintergrund“, sagt Lydia Ketzer, deshalb sei es ihr wichtig, dass sich die Kinder früh mit der richtigen Kommunikation oder auch Konsequenzen auseinanderzusetzen. Man kann nicht früh genug damit anfangen, für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und die dafür arbeitende Justiz zu werben, hieß es dazu auch vonseiten des Gerichtes. 

„Das echte Verfahren“

Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, des Fahrens ohne Führerschein und unter Einfluss von Betäubungsmitteln sowie Sachbeschädigung musste sich ein 20-Jähriger vor dem Jugendstrafgericht verantworten. Der Westerwälder hatte sich nach einem Streit mit seiner Freundin das Auto der Mutter „geliehen“, um ihr nachzufahren. Dabei beschädigte er das Auto stark sowie ein Werbeschild. Der junge Mann, der eine Zeit lang unter starkem Drogeneinfluss stehend, nicht mehr in der Lage war, ein Alltagsleben zu führen, und auf Kosten der Familie lebte, schilderte dramatisch, wie schlecht es ihm zu der Zeit ging und zeigte sich vollumfänglich geständig. Er sei seitdem abstinent und in therapeutischer Behandlung, die ihn nach und nach, auch körperlich, auf den Weg in ein normales Leben führe. Aufgrund dessen und guter Sozialprognose durch eine Vertreterin des Jugendamtes erhielt der Angeklagte die Auflage, 200 Stunden Sozialarbeit zu verrichten und eine Verkehrserziehung zu absolvieren.

Top-News aus der Region