Hospizverein Westerwald
Wie sich das Vermissen in Kunst verarbeiten lässt
Kreativ mit vielen Möglichkeiten machten sich die Jugendlichen an ihre Bilder
Birgit Piehler

Es geht um das Zusammensein mit anderen, die in derselben Situation sind, um Ansprechpartner und um Verarbeitung peu à peu. In der offenen Trauergruppe des Hospizvereins Montabaur wird gekocht oder gesprochen und auch kreativ gearbeitet.

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Auf dem mit Leinwand bespannten Rahmen lächelt auf gelbleuchtendem Untergrund herzlich eine junge Frau von einem Foto. Sie war die Mutter eines Jungen, der in der offenen Jugendtrauergruppe des Montabaurer Hospizvereins versucht, ein Bild zu gestalten. Auf den Vorschlag der Betreuerin, noch das eine oder andere Element auf die Leinwand aufzubringen, zögert der Elfjährige: „Sie mag nicht so viel ...“, sagt er und überlegt noch. Es stimmt für einen Augenblick nachdenklich und traurig – auch als nicht Betroffener.

An den anderen Seiten des großen Tisches sind weitere junge Menschen damit beschäftigt, zu überlegen, wie sie den Bildern ihrer Verstorbenen die für sie wichtigen und richtigen Motive zuordnen – ob sie malen, kleben, mit Schablonen arbeiten wollen. Jeder der zehn jungen Menschen hier hat einen nahen Angehörigen verloren. Die meisten ein Elternteil, dem sie jetzt nur noch in ihrer Erinnerung begegnen können.

Vor dem gemeinsamen Malen wird in einer Runde der Verstorbenen gedacht und miteinander geredet.
Birgit Piehler

Maria Zühlke vom Kunstverein Montabaur steht hilfreich zur Seite. Sie hat Ideen und Materialien mitgebracht. Das Projekt entstand im vorigen Jahr, nachdem sieben Künstler und Künstlerinnen des Kunstvereins Montabaur in den Geschäftsräumen der Sparkasse Westerwald in Montabaur ihre Bilder ausgestellt hatten. Der damalige Verkaufserlös ist dem ambulanten Hospizverein Westerwald zugutegekommen. Denn der Hospizverein ist für seine Arbeit auf Spenden angewiesen.

Die Teilnehmer, zwischen 10 und 17 Jahren alt, gehen ganz unterschiedlich mit ihrem Schicksal und ihrer Trauer um. Mit Hospizkoordinator und Gruppenbetreuer Sönke Christ und der Vorsitzenden Rita Gerhards hatte sich die Gruppe zu Beginn des Treffens zunächst versammelt, um zu resümieren, wie es jedem Einzelnen an diesem Tag geht und um eine Kerze für die jeweilige verstorbene, geliebte Person anzuzünden.

Stimmungen wechseln

Die meisten von ihnen gehen den sonnigen Tag positiv an und ziehen eine der ausgelegten Stimmungskarten. Der Weg durch den Alltag bestimmt die Tagesform der jungen Leute. Ihr persönliches Trauer-Päckchen lastet dabei mal mehr und mal weniger auf ihnen. Ein Junge allerdings klagt, er habe derzeit viel Pech, so als verfolge es ihn. Er wirkt belastet und das Gefühl scheint ihn im Laufe des Nachmittags kaum zu verlassen. Er schaut unentschlossen auf sein fast leeres Bild.

Malte, der Junge, dessen Mama das gelb grundierte Bild einnimmt, ist dagegen inzwischen recht kreativ gewesen – soweit fertig, zufrieden. Nach kurzer Betrachtung nickt er, setzt einen flüchtigen Kuss auf das Foto seiner Mutter und übergibt es den Betreuern, die einen Aufhänger anbringen.

Erinnerungen auf den Bildern

Drei junge Frauen am anderen Ende des Tisches sind ebenfalls kreativ. Eine gestaltet ihr Bild ganz klassisch, symmetrisch, eine verspielt, die Dritte erzählend. Jerry Lee malt einen Fußball ins Zentrum seines Bildes, denn Fußball habe er mit dem Verstorbenen gerne gespielt. Und wo kommen die Bilder dann hin? Die meisten wissen es noch nicht genau, von weiter hinten am Tisch jedoch heißt es spontan: „In mein Zimmer, an die Wand.“

Maria Zühlke vom Kunstverein Montabaur und Sönke Christ unterstützen die Kinder und Jugendlichen bei den Malarbeiten.
Birgit Piehler

Spenden helfen

Informationen über den Hospizverein Westerwald, Ansprechpartner und sein Angebot zu Sterbebegleitung und Trauerbegleitung sind ebenso wie Informationen zum Spendenkonto unter https://hospiz-westerwald.de  zu finden. Der Verein ist für seine Arbeit auf Spenden angewiesen und freut sich über jede Zuwendung. 

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