Doch nicht nur, um die Vermehrung frei lebender Katzen zu bremsen, sondern auch, um das Leid der eigentlichen Haustiere zu lindern, wurde das Pilotprojekt „Kastrationsaktion für frei lebende Katzen“ ins Leben gerufen. Jetzt wurde resümiert. Auch im Westerwald beteiligten sich Tierschützer an der Aktion: 67 Tiere wurden kastriert.
Millionen Katzen ohne Zuhause
In Deutschland leben Millionen Straßenkatzen, die kein Zuhause haben, so teilt der Tierschutzbund in einer Pressmitteilung mit. Das Leid dieser Katzen sei über die Jahre zu einem der größten Tierschutzprobleme in Deutschland geworden – in Städten, vor allem aber in ländlichen Gebieten. Die vier Wochen dauernde Aktion fand zunächst als Pilotprojekt nur in den Landkreisen Westerwald, Rhein-Lahn, Mayen-Koblenz, Neuwied, Ahrweiler und Altenkirchen sowie der Koblenz statt. Während des Aktionszeitraumes wurden verwilderte Hauskatzen von Tierschutzvereinen eingefangen, die Tiere wurden von Tierärzten kastriert und mit einem Chip gekennzeichnet, dessen Daten beim Haustierregister „Findefix“ des Deutschen Tierschutzbundes registriert werden.
„Wir wollten mit dieser Aktion, die erstmals dank der Unterstützung der Else-Schütz-Stiftung in dieser Form möglich war, flächendeckend Straßenkatzen einfangen und kastrieren lassen“, erklärte Landesvorsitzender Andreas Lindig, „und damit ein Zeichen setzen“. Es sollte verdeutlicht werden, dass Straßenkatzen im Verborgenen leiden. „Sie sind meist scheu, leben auf verwilderten Grundstücken, verlassenen Fabrikgeländen oder Friedhöfen und meiden Menschen. Dadurch bleibt das Leid dieser Tiere für viele unsichtbar, nicht aber für unsere Mitgliedsvereine“, so Lindig. Durch sie würden die frei lebenden Tieren medizinisch und mit Nahrung an von ihnen betreuten Futterstellen versorgt, ohne dass sich Kommunen für diese Tiere zuständig fühlen und diese Vereine unterstützen, bedauert Lindig.
„Der wichtigste Effekt von Kastrationen ist, dass sich Katzen nicht unkontrolliert vermehren können. Wenn möglichst alle Straßen- und auch Freigängerkatzen aus Privathaushalten kastriert würden, reduziert dies die Straßenkatzenpopulation nachhaltig“, so Lindig. Für den Landesverband sei es deshalb nicht nachvollziehbar, dass immer noch nicht alle Kommunen in Rheinland-Pfalz eine Katzenschutzverordnung verabschiedet haben, die eine Kastration von Freigängerkatzen zwingend vorschreibt. In Rheinland-Pfalz haben bereits einige Kommunen eine solche Katzenschutzverordnung, so unter anderem in Andernach, Neuwied, Koblenz, oder Puderbach.
Verordnung schon Thema im VG-Rat
Auch in Montabaur war die Verordnung bereits Thema des Verbandsgemeinderates. Dies hält auch Nicole Henning-Lucaß, Leiterin des Tierheims Montabaur, für dringend notwendig. Die Initiative dazu müsse nachdrücklich von den Tierschutzvereinen kommen. Sie berichtet über die Anzahl an Katzen, die vor allem nach Corona vor verschlossenen Türen standen und sich durchaus zweimal im Jahr vermehren können: Es habe doppelt so viele Fundtiere gegeben wie zuvor. Nun habe die Stiftung eingegriffen, um zu helfen, die Zahl der Wildlinge langfristig zu reduzieren.
Es sollte möglichst unbürokratisch für die Beteiligten vonstattengehen, sagt Johann Christian Meier Geschäftsführer der Else Schütz-Stiftung. Oft gehe bei solchen Aktionen das Geld aus, wenn die Auslagen für Tierheime und Ärzte zu hoch seien. Hier wolle die Stiftung mit finanziellen Mitteln initiativ weiterhelfen. Doch fürs Erste zeigten sich die Initiatoren nicht zufrieden. „Wir hatten gehofft, deutlich mehr Tiere aufgreifen zu können“, sagt Meier.
Freilebende Katzen, die in einem Schuppen eine Futterstelle finden.
Woran lag's? Die Vorbereitungszeit sei zu kurz gewesen, resümiert Meier. Die Aktion benötige viele Ehrenämtler, doch hätten die Helfer derzeit eine zu hohe Auslastung, um einem solch hohen Einsatzbedarf gerecht werden zu können „Um die Tiere zu kastrieren, müssen die Hotspots ausfindig gemacht werden, an denen sie leben“, bestätigt Henning-Lucaß. Auch die Koordination mit den Tierärzten, ebenfalls ausgelastet, sei gerade im Westerwald nicht so gut gelaufen, so erklärt Meier weiter, hier habe man zunächst nur einen Tierarzt einbeziehen können.
Ausweitung des Aktionsgebiets
Doch es sei der erste Anlauf gewesen und man prüfe eine Wiederholung und Ausweitung des Aktionsgebietes im Herbst 2024, bei der man aus der Erfahrung heraus besser organisieren könne. Denn auch Kommunikation und Werbung seien zu kurz gekommen: Die Leute müssten über die Aktion und das Problem der verwilderten Katzen, Bescheid wissen und ihre Hotspots oder Fütterungsstellen melden. Die Tierschutzvereine können dann helfen, auch bei Unsicherheiten, ob Jungtiere nur zur Futtersuche von der Mutter alleingelassen wurden, – sie darf man nicht anfassen, weil sie dann von der Mutter verstoßen werden – oder ob sie wirklich die Mutter verloren haben. Anfassen kann zudem gefährlich sein.
Fallen nicht einfach aufstellen
Man müsse auch in Kontakt mit Leuten kommen, auf deren Grundstücke solche Tiere wild leben. Denn um Fallen aufzustellen, benötige man Berechtigungen zum Betreten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass trächtige Kätzinnen nicht kastriert werden können, weshalb die Folgeaktion zu einem Zeitpunkt im Jahresverlauf ablaufen werde, an dem die sie noch nicht rollig seien. Dem stimmt Henning-Lucaß zu. Sie appelliert an die Menschen, mit den Tierschutzvereinen zusammenzuarbeiten, wenn Streuner aufgefunden werden.
Informatives zum Katzenkastrationsprojekt:
- Für die Aktion kontaktierte Tierschutzvereine im Westerwald: 16
- Mitmachende Vereine 6 sechs (aus Andernach, Altenkirchen, Koblenz, Westerwald, Mayen und dem Nassauer Land)
- Zur Verfügung stehende Tierärzte: 39 (nur ein Tierarzt im Westerwald, aus dem Kreis Rennerod)
- Kastrierte Katzen: 76, davon 59 Prozent Kater, 41 Prozent Kätzinnen, (13 im Westerwaldkreis und 27 in Altenkirchen)
- Kosten 11.000 Euro
Wer herrenlose Tiere füttert oder aufnimmt, ist verpflichtet, sie weiterhin zu versorgen. Wer dazu jedoch aus eigenen Mitteln die Möglichkeit nicht hat, kann sich den Vereinen unterstützend als Futterstelle zur Verfügung stellen.bp