Teambesprechung bei den Mitarbeiterinnen von Paul (von links): Alina Penninger, Carsta Bertuch, Standortleiterin Elisabeth Dietz-Bläsner und Gabriele Herz.
Mit Respekt und auf Augenhöhe, das hat sich Paul auf die Fahne geschrieben, will die vom Europäischen Sozialfonds Plus und vom Ministerium für Arbeit und Soziales geförderte Bildungseinrichtung in Ransbach-Baumbach qualifizieren und unterstützen. Jeder soll seinen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt finden können, doch nicht alle, die es versuchen, schaffen das. Lange Zeit stand diese Klientel nun im Blickpunkt der Arbeit des Projekts, unter dessen Dach seit der Gründung verschiedene Projekte betreut werden.
Für Standortleiterin Elisabeth Dietz-Bläsner und ihr Team in Ransbach-Baumbach gibt es mehr als genug zu tun, was den Bedarf von Menschen an persönlicher Unterstützung betrifft. Zum einen kümmert sich das Team im Familiencoaching darum, dass die Familien Hilfe durch Beratung für die Bewältigung des Alltags, den Umgang mit Behörden und Dokumenten, aber auch bei ganz persönlichen Problemen bekommen. Dabei sollen sie durch die Coaches lernen, sich selbst zu helfen. Ein besonderes Augenmerk fällt dabei auf die Kinder.
Wer schon lange ohne Arbeit ist, wird unsicher
Schon seit Längerem läuft die Maßnahme „Perspektiven eröffnen“, die sich als erstes Projekt ihrer Art in der Region mit Alleinstellungscharakter etabliert hat. Denn mit sozialpolitischen Entwicklungen in den vergangenen drei Jahren hat sich das Projekt zu einem Ort entwickelt, der Menschen auffängt, die schon lange ohne Arbeit sind und für die die Schwelle des Einstiegs in die Arbeitswelt noch schwieriger geworden ist. Da steht Entmutigung im Vordergrund, damit verbunden mangelndes Selbstvertrauen und sich abgehängt zu fühlen von den aktuellen Entwicklungen im Beruf.
Eine Rolle spielen auch das Alter einiger Teilnehmer, gesundheitliche Probleme, nicht vorhandene Ausbildung, fehlende Grundbildung, die einer niedrigschwelligen Ansprache und Ermutigung bedürfen. Für die Berentung reicht es oft gerade noch nicht. In der Maßnahme konnten sich die Teilnehmer Allgemeinwissen und Informationen aneignen, den Umgang mit der EDV, sich aber auch handwerklich erproben. Ausreichend benötigte Zeit, sich in Arbeitsproben selbst auszuprobieren und Feedback zu erhalten.
Der Alltag ist beschwerlich, ohne Auto und mit wenig Geld
Mit dem Ausklang dieses Jahres endet diese Maßnahme bei Paul. Ein wenig sind die Teilnehmer, die sich im Laufe der Monate zu einer vertrauten Schicksalsgemeinschaft entwickelt haben, verunsichert, wie es nun weitergehen wird. Er habe viel mitgenommen aus der Zeit hier, berichtet ein Teilnehmer. Ein anderer sagt, er habe sich beworben, hoffe aber, dass er noch herkommen könne, um zu reden oder Bewerbungen zu schreiben. Ein weiter Teilnehmer bestätigt, dass es gut war, täglich am Standort anwesend sein zu müssen, um eine regelmäßige Verpflichtung wie beim Arbeiten wahrnehmen zu müssen. Einer möchte anmerken, dass es ein Vorurteil sei, dass Arbeitslose nur herum säßen. Man habe in seinem Alltag, sagt er, unter diesen Umständen – ohne Auto und mit wenig Geld – viel damit zu tun, für sich zu sorgen und sich zu bewerben.
Auch Bildungsträger müssen Projekte aktuell weiterentwickeln und anpassen
„Ist wie ne Tür – musste durch!“ So lautet der Text einer der an der Wand hängenden Kärtchen im Büro der Standortleiterin. Sie habe die „Perspektive“ immer als Übermittlungsbrücke und gutes Projekt gesehen, das sich stets an die Entwicklungen angepasst habe. Derzeit nehme der Arbeitsmarkt mehr Arbeitnehmer auf, sodass der eine oder andere aus der Gruppe neue Wege gehen könne. Einige von Ihnen würden anderweitig weiterbetreut werden, jedoch nur in sehr geringem zeitlichem Rahmen. Die Maßnahme ende nicht, weil sie nicht gut sei, sondern weil das Jobcenter nur begrenzt Mittel zur Verfügung habe und auf kosteneffektivere Maßnahmen baue.
Der größere Teil der Teilnehmer wolle durchaus gerne arbeiten, doch nur eines der ganz banalen Hindernisse sei die Frage: Wovon Leben im ersten Monat der Anstellung? Das Jobcenter zahlt zu Monatsbeginn, der Arbeitgeber erst nach dem ersten Monat, da komme man in acht Wochen mit dem geringen Unterhalt und dann der Miete nicht weit. Viele würde bereits da in ein Loch fallen.
Diskrepanz zwischen Vermittlungsfähigkeit und Beeinträchtigung
Der Anteil der Menschen mit psychischen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen nehme jedoch zu, sagt Dietz-Bläsner, während der Bedarf an ungelernten Helfern geringer werde. Hier gebe es eine Lücke: Einige der Menschen seien jedoch auch nicht so durch Behinderungen beeinträchtigt, dass sie ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz im zweiten Arbeitsmarkt hätten. „Ich wünsche mir eine Lösung entsprechend der AGH“, sagt Dietz-Bläsner, das seien Arbeitsgelegenheiten für solche Menschen zur Eingliederung unter Zahlung einer geringen Aufwandsentschädigung mithilfe öffentlicher Gelder zusätzlich zum Bürgergeld und unter einfachen Bedingungen. Die Anfrage nach einer solchen Möglichkeit sei gestellt, erklärt sie weiter, sie könne sich gut eine Kombination mit einer Betreuung vorstellen. „Durch diese Art von Eingliederung können die Menschen für die Gesellschaft sichtbar werden“, sagt Dietz-Bläsner, und sie könnten ohne Druck ihre Hemmungen zu überwinden lernen.
Es werde viel Geld vom Staat für Weiter- oder Nachqualifizierung investiert, doch erfahrungsgemäß sei nicht jeder Mensch weiter qualifizierbar. „Und das ist keine Frage von dumm oder schlau“, sagt die Standortleiterin, da gebe es individuell weitere Aspekte. Ob es positiv oder negativ sei, dass das Bürgergeld im einen oder anderen Fall die Selbstüberlassung von Menschen fördere, ließ sie dabei im Raum stehen. Mit Blick in die Zukunft wünsche sie sich ein gutes Allgemeinwesen, bei dem „von allen Seiten auch was kommen muss. Denn die, die mit der Individualität nicht umgehen können, fallen raus“, schließt Dietz-Bläsner.