Betrugsverfahren startet
Mann soll mehr als 69.000 Euro erschwindelt haben
Blick in den Verhandlungssaal am Landgericht in Koblenz
Birgit Piehler

Um eine hohe Schuldensumme zu kompensieren, tätigte ein Mann aus dem Westerwald mit gefälschten Ausweispapieren an verschiedenen Orten betrügerische Bankgeschäfte. Außerdem verkaufte er Waren, die nie geliefert wurden.

Wegen Betruges in 34 Fällen, in denen der Angeklagte vor allem Geld kassiert hat, für das er keine Ware lieferte, verhandelt die 1. Strafkammer am Landgericht Koblenz gegen einen 38 Jahre alten Mann aus dem Westerwald. Rund 31.180 Euro soll der Angeklagte aus bandenmäßig organisierten gegenseitigen Überweisungen und rund 38.250 Euro aus Verkäufen nicht ausgelieferter Waren erschwindelt haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten eine Vielzahl an Betrugstaten vor. Dabei soll er gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande gehandelt haben. Laut Anklagevorwurf soll der Mann durch Verwendung gefälschter Ausweisdokumente Bankkonten unter verschiedenen Aliasnamen eröffnet haben. Die Konten dienten ihm und weiteren Bandenmitgliedern unter anderem dazu, vorgetäuschte Verkaufsgeschäfte über eine Internetverkaufsplattform abzuwickeln. Der Angeklagte selbst soll hochpreisige Gegenstände zum Kauf angeboten haben, deren Lieferung nach Zahlung des Kaufpreises jedoch nie beabsichtigt gewesen sei. Insgesamt soll Kunden ein Schaden von mehreren Zehntausend Euro entstanden sein.

Absturz durch beruflichen Misserfolg

Der Angeklagte, der zuerst vor Gericht gar nicht aussagen wollte, entschloss sich im Verlauf der Auftaktverhandlung, sich zumindest zu seiner Person zu äußern. Nachdem seine berufliche Entwicklung wenig erfolgreich verlaufen sei, habe er sich nach seinem Schulabschluss mit Fachhochschulreife versucht, sich selbstständig zu machen. Alsbald hatten sich Verbindlichkeiten von rund 60.000 Euro angesammelt. Um möglichst schnell an Geld zu kommen, habe er ab Herbst 2019 an dem organisierten Bandenbetrug teilgenommen und sei mit Kontoeröffnungen und Verkäufen hochpreisiger Produkte über das Internet eingestiegen.

Aus angemieteten Ferienwohnungen an verschiedenen Orten heraus eröffnete der Angeklagte unter falschem Namen mit gefälschten Ausweisdokumenten Konten. Er strich Kreditzahlungen ein, tätigte im Rahmen organisierter Kriminalität Überweisungen an Mittäter und handelte mit nicht existenten Waren.

Bei Freigang aus Haft geflohen

Die Situation des Angeklagten habe zu Depressionen sowie Drogenkonsum geführt. Der Angeklagte aus dem unteren Westerwald war schon früher aufgrund von Betrugsvergehen verurteilt worden, war nach Verurteilungen in Tauber-Bischofsheim und Mannheim in Karlsruhe inhaftiert. 2021 hatte er sich während eines Freiganges aus der Haft in Karlsruhe abgesetzt und war untergetaucht, um seine „Geschäfte“ weiterzuführen. In dieser Zeit habe er teils auf der Straße gelebt, sich über soziale Einrichtungen versorgt. Nun, so der Angeklagte, nachdem er mit therapeutischer Hilfe seine Drogenabhängigkeit überwunden habe, wolle er „ins Leben zurück und mit der Vergangenheit aufräumen. Die Dinge wieder unter Kontrolle bekommen und Geld zurückzahlen.“

Die Aussagen zweier Zeugen am ersten Verhandlungstag bestätigten, dass sie zum Angeklagten wegen eines Verkaufsangebotes – in diesen beiden Fällen Autoreifensätze – über die Onlineplattform Kontakt aufgenommen und Geld überwiesen hätten. Zuerst habe der Beschuldigte sie auf Nachfrage, wann ihnen denn die Sendungsnummer der versandten Ware zuginge, mehrfach vertröstet: Er habe vor, die Ware unmittelbar zu verschicken. Als nach einiger Zeit keine Reaktion erfolgt sei, hätten sie auf weitere Nachfragen hin gar keine Antwort mehr bekommen, schilderten die Zeugen übereinstimmend. Die Betrugsopfer hätten versucht, das Geld zurückzubekommen, auch eine Sperrung des Empfängerkontos veranlasst, doch, wie auch der Vorsitzende Richter Thomas Metzger anmerkte, gebe es nur geringe Hoffnung, dass sie das Geld zurückerhalten.

Verteidigung will Identifizierung des Beschuldigten

In dem Verfahren soll nun an weiteren Verhandlungstagen festgestellt werden, ob der Angeklagte tatsächlich der Täter ist. Das Vorgehen der Verteidigerin zielt auf die Unmöglichkeit dieses Nachweises, denn die Zeugen haben den Angeklagten als Person nicht identifizieren können, da sie lediglich über E-Mail oder Messenger-Apps mit dem Beschuldigten Kontakt gehabt hätten.

Weitere Verhandlungstage

Die große Zahl der vom Angeklagten geschädigten Personen und Banken erfordert viele Zeugenaussagen, sodass das Verfahren für drei weitere Verhandlungstage angesetzt ist. Diese wurden auf den 8.,12. und 19. Mai jeweils um 9 Uhr im Saal 105 am Landgericht Koblenz festgesetzt. Die Verhandlung ist öffentlich. bp

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