Aufgrund von „Aussage gegen Aussage“, so der vorsitzende Richter Erich Massow, sowie unklaren Zeugenaussagen der Nebenklägerin sei keine Schuld nachzuweisen. Ebenso deckten sich Zeugenaussagen nur teilweise mit denen der ehemaligen Lebensgefährtin.
Im Verlauf des zweiten Verhandlungstages wurden weitere Zeugen zum Sachverhalt befragt. Mitarbeiter der psychologischen Beratungsstelle der Caritas Rhein-Lahn und bemühten sich, die Geschehnisse vor drei Jahren aus der Erinnerung zu rekonstruieren, für die es aus Datenschutzgründen keine Unterlagen mehr gibt. Sie konnten jedoch bestätigen, dass sich das Paar zunächst einhellig und gemeinsam an sie wendete, als der Angeklagte via Internet Kontakt zu einer anderen Frau aufnahm – wohl in der Absicht, die Situation einvernehmlich zu klären.
Im Verlauf der Zeit, so berichtete der Sozialpädagoge, arbeitete die Nebenklägerin jedoch auf Trennung hin, während der Beklagte geäußert habe, seine Familie nicht verlieren zu wollen. Die Berater begleiteten den Prozess von Trennung und den Auszug des Angeklagten aus der gemeinsamen Wohnung, Klärung der Zugangsfrage zu Kind und gemeinsamer Wohnung, wofür sich die Nebenklägerin anfangs offen zeigte.
Vorwürfe von häuslichem Missbrauch wurden nicht aufgezeigt
Die Eskalation der Situation, mögliche aggressiver Äußerungen und Drohungen des Angeklagten beruhten insgesamt auf der Aussage der Betroffenen und konnten weder von der Frauenärztin noch vonseiten der Caritas-Beratung oder den zuständigen Polizeibeamtinnen bestätigt werden. Ein psychologisches Gutachten bewertete zudem die Beurteilungsfähigkeit der Klagenden bezüglich reeller und fiktiver Bedrohungen als instabil.
Nächtliche WhatsApp-Nachrichten aus dem Umfeld der Nebenklägerin zeigten hingegen glaubhaft auf, dass der Beklagte seine Ex-Partnerin am Hals gepackt und gedrückt habe. Die Mitteilungen bestätigten auch, dass sich die Nebenklägerin mit dem Kind und dem Ungeborenen sichtlich bedroht zu fühlen schien, Angst vor Entführung der Kinder oder Ehrenmordabsichten äußerte.
Oberstaatsanwältin Martina Lenz räumte in ihrem Abschlussplädoyer aufgrund der geringen Rekonstruierbarkeit und der fehlenden Beweisbarkeit der Anklagevorwürfe ein, dass der Angeklagte dafür nicht belangt und in Haft verwiesen werden könne. Sie wisse nicht, ob und von welcher Seite gelogen worden sei und ob man der Nebenklägerin Unrecht tue, aber sie könne lediglich das unerlaubte Eindringen in das Schlafzimmer der Nebenklägerin und das Festhalten am Hals als nachvollziehbar bewerten und forderte aufgrund von Nötigung eine Geldstrafe. Allerdings wies sie den Angeklagten nachdrücklich darauf hin, dass in Deutschland das Nein einer Frau und eines jeden – auch in jeder Hinsicht – ein Nein bedeute und entsprechend respektiert werden müsse.
Kathrin Kienle, Anwältin der Nebenklage, schloss sich dem weitgehend an, erweiterte den Tatbestand aus ihrer Sicht jedoch auf sexuelle Nötigung. Sie wies zudem darauf hin, dass die unklaren Aussagen auf eine posttraumatische Belastungsstörung ihrer Mandantin und damit verbundenen Erinnerungsstörungen zurückzuführen seien. Anwalt Michael Wüst bezeichnete seinen Mandanten als bislang rechtlich unauffällig. Sein Lebensweg stelle sich gut dar, und weder Zeugenaussagen noch ein Gutachten haben Aggressivität beim Angeklagten feststellen können.
Amtsgericht Montabaur urteilt auf Teilfreispruch sowie Geldstrafe
Richter Massow entschied mit den beiden Schöffen schließlich, den Anklagepunkt der Vergewaltigung im Rahmen eines Freispruchs fallen zu lassen und bezüglich der Nötigung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 60 Euro aufzuerlegen. Zudem habe der Angeklagte für diesen Teil des Verfahrens die Kosten zu tragen.
Massow begründete die Entscheidung, sichtlich abwägend, er habe Zweifel daran, ob man ihn wegen Vergewaltigung belangen könne, da die Abweichungen der Aussagen der Nebenklägerin und der Zeugen zu hoch sei, es gäbe keine Spuren, und er verwies auch auf das Gutachten, nachdem man Autosuggestion als Begründung für die Angst der Nebenklägerin in Betracht ziehen müsse. Leichter wäre es gewesen, wenn sie unmittelbar nach der Tat zur Polizei gegangen wäre.