Unverständnis herrscht bei den ehrenamtlichen Krötenzaunbetreuern aus den Ortsgemeinden Ober- und Niederelbert, denn die Arbeit, die sie in jedem Frühjahr verrichten, wird durch behördliche Vorgaben nicht nur erschwert, sondern auch gefährlich, wie sie selbst beklagen.
Im vergangenen Jahr noch bekamen die Amphibienschützer am Krötenzaun entlang der L327 von Obererelbert nach Niederelbert Tempolimit-Wendeschilder zur Verfügung gestellt, die sie während Ihrer nächtlichen Einsätze selbst aktivieren und danach wieder deaktivieren sollten. Dieses Jahr wurde den Krötenzaunbetreuern zunächst mitgeteilt, dass ein Tempolimit nicht möglich sei. Die L327 sei in erster Linie dem überörtlichen Verkehr gewidmet und es seien keine Ansatzpunkte erkennbar, die einen solchen Eingriff in die Leichtigkeit des Verkehrs rechtfertigen könnten.

„Für die Engagierten ist das nur schwer zu verstehen, da Tempolimits mit Uhrzeitergänzungsschild vielerorts schon seit Jahren zum Schutz der Krötenzaunbetreuer und der Amphibien angeordnet werden – ebenso an Kreis-, Landes- und Bundesstraßen.“, sagt Andrea Brenner von der Bürgerinitiative Amphibienschutz Rhein-Lahn. Auch an den Krötenzäunen im direkt angrenzenden Rhein-Lahn-Kreis würden seit ein paar Jahren Tempo 30 oder Tempo 50 mit Uhrzeitergänzungsschild angeordnet.
Anfangs erschienen Tempolimits am Krötenzaun mit Uhrzeit-Ergänzungsschild auch im Rhein-Lahn-Kreis unmöglich, führt Brenner weiter aus, doch nach intensiver Beschäftigung mit dem Thema und gründlicher Abwägung sei der Kreis dann doch zu dem Schluss gekommen, dass die Sicherheit der Krötenzaunbetreuer und des Straßenverkehrs wichtiger sind als die leichte Durchgängigkeit des Verkehrs.
Unfallrisiko bei der Arbeit für Helfer
Der Amphibienschutz ist gesetzlich geregelte Verpflichtung der Behörden. Die Amphibien gehören zu den am stärksten bedrohten Arten, die sowohl geeignete Land- als auch nahe gelegene Wasserlebensräume benötigen für Ihre Fortpflanzung und Laichablage benötigen, die häufig durch Verkehrswege voneinander getrennt und für die Tiere unpassierbar sind, sodass die Tiere ohne den Einsatz von Krötenzäunen oder nächtlichen Straßensperrungen oft kaum Überlebenschancen haben.
Krötenzaunbetreuer sammeln die Amphibien auf und setzen sie um. Unter den Helfern befänden sich ebenso jüngere wie auch ältere Menschen unterschiedlichster körperlicher Konstitution, von denen nicht jeder, der gerade den täglichen „Dienst“ hat, einen aufwendigen Auf-und Abbau von Wendeschildern leisten könne, so berichtet Brenner. Beim Einsatz von Klappschildern wären die Helfer einem zusätzlichen Unfallrisiko bei der Aktivierung oder Deaktivierung der Klappschilder ausgesetzt, weshalb die Tierschützer fordern, dass das Tempolimit unbedingt mit Uhrzeitergänzungsschild ergänzt werden müsse.
Kröten bevorzugen regennasse Nächte für Wanderungen
Die etwa 700 Meter lange Strecke „L327, Obererelbert – Niederelbert“ entlang des Krötenzaunes ist tagsüber stark befahren, teils abschüssig, gerne wird auf dem geraden Stück von den Autofahrern Gas gegeben. Abends verringere sich der Verkehr und für diejenigen, die noch unterwegs sind, ginge es – nur saisonal – um einen fahrtzeitlichen Mehraufwand von 25 Sekunden, wenn diese mit Tempo 50, beziehungsweise 59 Sekunden, mit Tempo 30, wie zum Amphibienschutz empfohlen, statt ansonsten erlaubtem Tempo 100 zu fahren, rechnet die Tierschützerin vor. Die Krötenzäune sind mehrfach durch einmündende Wege unterbrochen, und da die Amphibien auch am Krötenzaun vorbei auf die Straße laufen, kommen auch die Krötenzaunbetreuer nicht nur dicht am Straßenrand, sondern unter „erhöhten Gefahrenlage“ ebenfalls auch auf der Straße zum Einsatz.
Die Kröten bevorzugen regennasse Nächte für ihre Wanderaktivitäten, erklärt Janine Kornapp, die die Helfereinsätze vor Ort koordiniert. Je nach Temperatur sind Kröten langsam unterwegs, Erdkröten beispielsweise benötigen zum Überqueren der Straße deshalb durchschnittlich etwa 15 Minuten. Wenn sie dann noch plattgefahren werden, sei die Straße erst recht rutschig – und die Kröten tot.
Freiwillige Helfer vermissen Fürsorge des Kreises bezüglich Gefährdung
Die Amphibienschützer unterstützen den Straßenbaulastträger – je nach Straßenqualifikation Bund, Land oder Kreis – damit dieser der Erfüllung seiner Pflicht zum Schutz der Arten, nachkommen kann. Ihre Arbeit, oftmals unter widrigen Bedingungen, erfolge nicht nur unentgeltlich, sondern auch ohne Aufwandsentschädigung, zudem müssten sie viel Tierleid mit ansehen. Die Arbeit am Krötenzaun sei auf Dauer Kräfte-zehrend und oft frustrierend, so Brenner, weshalb die Fluktuation bei den Krötenzaunbetreuern hoch sei.
Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, diesen unbezahlten Mitarbeitern eine gewisse „Fürsorge“ zukommen zu lassen, indem man Ihnen während der nächtlichen Einsätze durch Tempolimit mit Uhrzeitergänzungsschild besseren Schutz gewährt, fordern Brenner und Kornapp, denn ihre Leistung für den Arterhalt der Amphibien seien inzwischen unverzichtbar. „Darum möchten wir die Entscheider hiermit noch einmal dringend bitten, das Thema ’Tempolimit am Krötenzaun mit Uhrzeitergänzungsschild’ neu zu überdenken – nicht nur betreffend den Krötenzaun L327, Oberelbert – Niederelbert, sondern an allen Krötenzäunen des Westerwaldkreises.“

Der LBM bestätigte unserer Zeitung mit dem Aufstellen von Amphibienschutzanlagen grundsätzlich den Schutz von Amphibien zu unterstützen. Die Anordnung von Verkehrszeichen obliege jedoch der Verkehrsbehörde. Entsprechend der Anordnung der Verkehrsbehörde installiere der LBM als Straßenbaubehörde die erforderliche Beschilderung entlang des Streckenabschnitts der L327. Zusätzlich seien den Sammlern zwei Leitkegel mit Blitzleuchte zur Verfügung gestellt worden, um die Sammelarbeiten absichern zu können.
Auf Anfrage an die Pressestelle der Kreisverwaltung erhielt unsere Zeitung von der unteren Naturschutzbehörde eine umfangreiche Information zur gesetzlichen Regelung, um sicherzustellen, dass keine willkürlichen Entscheidungen von Behörden getroffen werden können und diese auch in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar sind. Als Verbindungsstraße der Kreisstadt Montabaur und mehrerer Orte und dem Rhein-Lahn-Kreis erfüllt die L327 eine wichtige überörtliche Funktion. Im besagten Streckenabschnitt verlaufe sie annähernd schnurgerade und sei, mit Ausnahme der Kuppe im Kreuzungsbereich L 327/K 169, sehr übersichtlich und für jeden Verkehrsteilnehmer sicher zu befahren.
„Grundsätzlich sind zur Absicherung keine weiteren Maßnahmen erforderlich.“
Pressestelle der Kreisverwaltung Montabaur zur Anfrage der Naturschützer, wie ein Tempolimit an Krötenschutzzäunen umgesetzt werden kann.
„Auch in diesem Frühjahr wurden entlang der Straße in einem Abstand von 1,40 Meter vom Fahrbahnrand Amphibienzäune zum Schutz der Tiere installiert. Um die Fahrzeugführer auf die Amphibienwanderung aufmerksam zu machen, haben wir eine verkehrsrechtliche Anordnung gegenüber dem LBM Diez erlassen,“ erklärt die Behörde, entsprechend seien bis Mai 2025 die Gefahrzeichen mit dem Sinnbild Kröte installiertaufgestellt worden für den Fall, dass tatsächlich aufgrund der Witterungsbedingungen (ab 7 Grad Celsius in Verbindung mit regnerischer oder bzw. nassfeuchter Witterung) mit der Wanderung der Amphibien gerechnet werden müsse. Dies sei wichtig, da ansonsten bei den Verkehrsteilnehmern dauerhaft keine Akzeptanz zu erwarten sei.
„Eine Geschwindigkeitsbegrenzung im gewünschten Zeitraum ist mit den Rechtsvorgaben der Straßenverkehrsordnung nicht in Einklang zu bringen, da die tatsächliche Gefahr nur temporär im gesamten Zeitraum vorhanden ist.“Vor Ort traf sich der Behördenvertreter mit Janina Kornapp. „lm Rahmen einer Ortsbesichtigung konnte festgestellt werden, dass die Helfer aufgrund der geraden, übersichtlichen Strecke von Verkehrsteilnehmern rechtzeitig und deutlich erkannt werden können“ sagt Herbert Hippenstiel, Verkehrsdezernent der Kreisverwaltung. Damit Sehen – und Gesehenwerden gewährleistet sei, hätten die Fahrzeugführer die gesetzliche auferlegte Verpflichtung in eigener Verantwortung die Geschwindigkeit so weit zu reduzieren, dass eine Gefährdung von Personen ausgeschlossen sei. „Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist jedoch, dass sich ehrenamtlich tätigen Menschen ordnungsgemäß gekleidet haben.“
Tempobegrenzung darf aufgestellt werden – nur, wenn Kröten aktiv sind
„Grundsätzlich sind zur Absicherung keine weiteren Maßnahmen erforderlich“, heißt es weiter vonseiten der Behörde. Dennoch haben wir nach Gesprächen mit Frau Kornapp und Frau Brenner sowie erfolgter Rücksprache mit dem LBM Diez und der zuständigen Polizeiinspektion Montabaur in Erwägung gezogen, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 Stundenkilometer temporär anzuordnen. Diese darf jedoch nur dann aufgestellt werden, wenn die helfenden Personen tatsächlich im öffentlichen Verkehrsraum tätig sind. Nach Beendigung der Tätigkeiten müssen die Schilder wieder im Bankettbereich abgelegt werden.“ Das Gespräch vor Ort sei durchaus freundlich gewesen, erklärt Janine Kornapp abschließend, doch hätte sie nur gerne gewusst, warum im Rhein-Lahn-Kreis möglich sei, was hier nicht ginge.
Verkehrsteilnehmer sollen Geschwindigkeit anpassen
Der Unteren Naturschutzbehörde unterliege die Überwachung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der Einsatz erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Organisation Ehrenamtlicher. Dass es in der Verantwortung von Verkehrsteilnehmern liege, die zulässigen, bundeseinheitlichen Geschwindigkeitsregelungen einzuhalten – in diesem Falle, sei nach der gesetzlichen Regelung für die Verkehrsteilnehmer eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer außerhalb der Ortslage erlaubt, erklärt die Pressestelle der Kreisverwaltung. Darüber hinaus sei dieser ständig verpflichtet seine Fahrgeschwindigkeit den für die Verkehrssicherheit relevanten Gegebenheiten anzupassen, unter Berücksichtigung der Straßen-, Verkehrs-, Witterungs- und Sichtverhältnisse sowie persönlichen Fähigkeiten und Fahrzeugeigenschaften. Fahrzeugführer hätten zudem gegenüber verkehrsschwachen Personen wie Kindern oder älteren und hilfsbedürftige Menschen, so zu verhalten, dass eine Gefährdung ausgeschlossen sei. bp