Es blieb bei Geldstrafe: Ex-Ehefrau bewahrte ihn mit verweigerter Aussage vor dem Gefängnis
Häusliche Gewalt – Mann verurteilt: Ex-Ehefrau verringert Strafmaß durch Teilaussage
Gewalt gegen Frauen
Häusliche Gewalt – auch ein in Deutschland häufig verschwiegenes und ungeahndetes Delikt. Foto: Symbolfoto: Maurizio Gambarini/picture alliance/dpa
Maurizio Gambarini. Maurizio Gambarini/picture allia

Wegen mehr als 20 Anklagepunkten bezüglich der Anwendung von Gewalt, Nötigung und Beleidigung gegen seine Ex-Ehefrau und deren Eltern musste sich ein 34-jähriger Mann in einem Strafverfahren am Montabaurer Amtsgericht verantworten und ist für einen Teil der Anklagepunkte zu einer Geldstrafe von mehr als 8000 Euro verurteilt worden.

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Ins Strafmaß einbezogen

Die vorgeworfenen Vergehen konnten teils nachgewiesen werden und wurden in das Strafmaß mit einbezogen, während die Ehefrau von ihrem Recht Gebrauch machte, die Aussage bezüglich der Anwendung von Gewalt gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu verweigern, um sich vor möglichen familiären Auswirkungen zu schützen. Damit entging der beklagte Mann mit türkischer Staatsangehörigkeit einer möglichen Haftstrafe. Die Gelegenheit, sich der vorgeworfenen Straftaten schuldig zu bekennen, lehnte der Angeklagte ab, da er die Taten seiner Aussage nach nicht begangen habe, weshalb sie mithilfe von Zeugenaussagen oder Beweismitteln nachgewiesen werden mussten.

Das Paar hatte, nachdem es sich online kennengelernt und einige Male getroffen hatte, in der Türkei geheiratet, so berichtet die ebenfalls türkischstämmige Ex-Frau und Nebenklägerin in ihrer Zeugenaussage: „Liebe macht blind.“ Die junge Frau habe sich gegen alle Bedenken und Wünsche bezüglich der Heirat in der eigenen Familie durchgesetzt. Doch habe sich die Eheschließung gegen den Willen der Familien alsbald für beide Partner als Belastung herausgestellt, weswegen sich Streitigkeiten des Paares häuften, zu Kontrolle und Einschränkung der Ehefrau führten, die eine Ausbildung absolviert hatte und derweil einer Teilzeittätigkeit nachging.

Das Kind sei deswegen häufig in Obhut der Eltern der Nebenklägerin gewesen, auch weil der Angeklagte im Umgang mit dem Kind schnell überfordert gewesen sei. Bezüglich ihrer „Pflichten als Frau und Mutter“ trafen die unterschiedlichen Auffassungen des Paares aufeinander, hätten zu lautstarken Beschimpfungen und Schlägen geführt – auch bereits, als die Ehefrau schwanger war. Schmähungen und Schikanen hätten sich auch auf die Eltern der Frau gerichtet. Nachdem sich das Paar auf Veranlassung der Nebenklägerin 2022 scheiden ließ, soll es zum Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen gekommen sein, was sie bei der Polizei angezeigt hatte.

Kontaktverbot zu Familie

Auch nachdem das Amtsgericht für den Mann ein Kontaktverbot zu seiner Familie verfügt habe, habe der Angeklagte die Drohungen gegen seine Ex-Frau und ihre Familie nicht unterlassen. Drohungen gegen das Leben seiner Ex-Frau und das Kind mit Gewalt zu sich zu holen seien gefolgt. Der Angeklagte, der seit fünf Jahren in Deutschland lebt und Produktionsmitarbeiter ist, schilderte mithilfe des Übersetzers seine Rolle in der Familie als aus seiner Sicht „ungewollt“ und „nicht akzeptiert“, da die Eltern seiner Ex-Frau stets gegen die Beziehung gewesen seien, obwohl sie sich kurzzeitig mit der Ehe arrangiert hätten. „Er sei immer der ungeliebte Schwiegersohn gewesen“, so auch der Anwalt in seinem Plädoyer, auch die Abhängigkeit von ihrer Familie habe er nie gewollt.

Weil die Frau hierüber nicht aussagte, konnte die Vergewaltigung nicht nachgewiesen werden, in diesem Punkt wurde der Angeklagte freigesprochen. Weitere Anklagepunkte mussten wegen der Geringfügigkeit und mangels Nachweisbarkeit ebenfalls fallen gelassen werden. Dennoch sahen Staatsanwaltschaft und Nebenklage die verbliebenen Punkte als erwiesen an und forderten eine Geldstrafe. Der Anwalt des Angeklagten führte dessen Vorstrafenfreiheit zur Fürsprache für seinen Mandanten an, und betrachtete dessen kulturelle Prägung sowie seine Belastung unter den familiären Umständen als strafmildernd.

180 Tagessätze zu je 45 Euro

Richter Helmut Groß und die beiden ehrenamtlichen Richter entschieden schließlich auf eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 45 Euro, angemessen an den Arbeitslohn des Angeklagten, sowie die Übernahme eines Teils der Verfahrenskosten für fünf Fälle von Nötigung, Gewaltanwendung in neun Fällen, sowie Beleidigung und Bedrohung in je einem Fall. Der Richter begründete, dass keine Form von Gewalt und Einschränkung des Willens von Personen Duldung erlaube. Impulsive Handlungen, die auf Vorstellungen des Angeklagten beruhten, würden mit Strafe belegt. Das Dilemma der Zeugin, so der Richter, sei der Spagat der Frau, die sich verliebt hatte, zwischen den Kulturkreisen, womit sie in eine schwierige Situation geraten war, der sie mit der Scheidung zu entrinnen versucht habe.

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