. Weil er zu mindestens 26 Kinder im Alter von acht bis vierzehn Jahren, die er in den sozialen Netzwerken aufgespürt hat, Kontakt aufgenommen und sie mit pornografischen Bildern zu einer Reaktion zu veranlassen versucht hat, ist ein 26-jähriger Mann aus dem Raum Westerburg zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Ebenfalls als belastend sahen Staatsanwaltschaft und das Schöffengericht am Montabaurer Amtsgericht den Besitz und die Weitergabe kinderpornografischen Materials sowie die Nötigung und Bedrohung von Kindern an.
Um die 15 Minuten lang dauerte das Vortragen der Anklageschrift durch den Staatsanwalt aus der Verbundakte zweier Verfahren mit über dreißig Vergehen zu sexuellem Missbrauch von Kindern, die sich über einen Zeitraum von drei Jahren – von 2019 bis 2022 – erstreckt hatten.
Sich im Chat mit anderen Identitäten vorgestellt
Bei zwei Hausdurchsuchungen in den Jahren 2020 und 2022 fanden die Beamten der Polizei seinerzeit jeweils für den Beschuldigten belastendes Material und nahmen bereits bei der ersten Durchsuchung außer einem Computer und einer Festplatte fünf Handys mit. 64 Bilder und 58 Videos, die unter anderem „perverse Handlungen“, in denen kleine Kinder zwischen ein und sechs Jahren gezwungen wurden, erwachsene Männer sexuell zu befriedigen, belasteten den Angeklagten in dem Verfahren.
Das Vorgehen des Mannes, der erst seit Kurzem einer festen Arbeit nachgeht, wurde in der Strafsache von der Staatsanwaltschaft anhand der gefundenen Chats dargelegt, wobei dieser die Kinder willkürlich aus TikTok, Snapchat oder anderen sozialen Plattformen heraussuchte und unter Vorgabe falscher Identitäten Kontakt zu ihnen aufnahm. Mal stellte er sich als älterer Mann vor, andere Male täuschte er, vor allem den weiblichen Opfern, vor, ein junger Mann oder ein gleichaltriges Mädchen zu sein, um mit ihnen „vertrauensvoll“ zu chatten.
Kindern grobe sexuelle Fantasien und Fotos übermittelt
Nachdem er die Kinder auf sich aufmerksam oder neugierig gemacht hatte, kam er schnell auf sexuelle Themen, frage sie unter anderem, ob und welche sexuellen Erfahrungen sie schon gehabt hätten. Er schlug mögliche Treffen vor oder drängte ihnen seine sexuellen Fantasien auf unterschiedlichste Weise auf. Die Massivität an sexualisierten Worten und Ausdrucksweisen bis hin zur Ankündigung schmerzhafter Sexpraktiken stellte für die Anwesenden in der Verhandlung eine Herausforderung dar.
Der Angeklagte versendete an die Kinder dann meist Bilder von seinem oder anderem erigierten Penis, und forderte eine Reaktion oder Bilder von den nackten Kindern oder ihren Geschlechtsteilen. Teils erpresste er sie damit, sie aufzusuchen oder einem Angehörigen der Kinder Schaden zuzufügen, wenn sie nicht auf seine Wünsche eingingen.
„Das glaube ich Ihnen nicht!“
Der Staatsanwalt über die Aussage des Angeklagten, keinen Kontakt mehr zu Kindern aufzunehmen.
Nicht überzeugend für Richter und Schöffen waren die Entschuldigung und das Bedauern des Angeklagten. Er habe seit der zweiten Hausdurchsuchung nicht mehr weitergemacht, beteuerte dieser mehrfach. Wie er es geschafft habe, dann doch so plötzlich von seinen Aktivitäten abzulassen, fragte Richter Helmut Groß. Er habe einfach aufgehört, lautete die schlichte Antwort des Angeklagten, der zudem für eine therapeutische Maßnahme keine Notwendigkeit sehe.
„Das glaube ich Ihnen nicht“, begegnete der seit über 15 Jahren in Sachen Kindesmissbrauch erfahrene Staatsanwalt. Es sei erfahrungsgemäß nur die „Spitze des Eisberges. Der Ankläger legte in seinem Plädoyer anhand der aufgezeichneten Chats dar, dass die zunehmende Häufigkeit der Kontakte mit Kindern durchaus auf ein Suchtverhalten hinweise, was jedoch aktuell nicht konkret nachweisbar sei. Auch vermute er eine weitaus größere Zahl an betroffenen Kindern, denn nur die Kinder, die sich ihren Eltern anvertraut hätten, konnten in die Anklage aufgenommen werden. Für ein Suchtverhalten spreche außerdem, dass der Angeklagte seine Aktivitäten nach der ersten Hausdurchsuchung fortgesetzt habe. Belastend wirkten sich zudem zwei Eintragungen im Strafregister wegen Betrugs aus.
Ohne Bewährung
Der Anwalt des Angeklagten konnte den im Plädoyer hervorgebrachten Beschuldigungen nach dem Geständnis seines Mandanten nicht viel entgegensetzen. Das Gericht sah jedoch die geplant und mit krimineller Energie durchgeführten Taten als erwiesen an und verurteilte den Angeklagten ohne Bewährungszusatz zu drei Jahren Haft. Dabei, so Richter Groß, sei das Urteil aufgrund der Zusammenlegung des Strafmaßes für die Einzeltaten und der Geständigkeit des Angeklagten, die den Kindern eine Zeugenaussage ersparte, eher milde ausgefallen. Zu tragen hat der Angeklagte außerdem die Gerichtskosten. Gegen das Urteil kann er Berufung oder Revision einlegen.