Beerdigungen sind in der heutigen Zeit individueller geworden. „Ungeschriebene Gesetze“ und standardisierte Abschiedsrituale drücken Hinterbliebene heute nicht mehr in starre Formen, was Trauer oder Beisetzung angeht. Wo der eine ein aufwendiges Grab hinterlassen möchte, will der andere den Hinterbliebenen keine Arbeit machen oder ihm ist sein Verbleib einfach nicht wichtig. In einer aufgeklärten Zeit mit reichlich Informationsmöglichkeiten kommen Menschen zum Thema ins Gespräch, nicht erst, wenn es so weit ist.
„Wir haben heute nur noch etwa 10 Prozent Erdbestattungen“ – der Beisetzung im Sarg – erklärt Bestattungsunternehmer Heinz Kern aus Ransbach-Baumbach. „Was wirklich zunehmend gefragt ist, das sind Rasengrabbestattungen“, denn, wo viele Familien heute auf unterschiedliche, oft weit entfernte Orte verteilt sind, sind Angehörige nicht präsent, um das Grab verstorbener Verwandter zu pflegen.

Die Rasengräber müssen nicht nur nicht gepflegt werden, sie seien zudem deutlich günstiger. Zum einen benötige es keine Grabeinfassung, aber auch für eine kleine, in den Boden eingelassene Grabplatte sei der Kostenfaktor deutlich geringer als für einen großen Grabstein. „Anonyme Bestattungen dagegen haben wir selten“, so der Bestatter weiter. Woran es liege? „Wir sind hier auf dem Dorf.“ Selbst in den größeren Gemeinden sei das so. Man kenne sich, viele seien hier verwurzelt und wollten, dass ihr Andenken gewahrt werde. Am unteren Ende der Kostenskala finde man die Sozialbestattung, für Menschen, die mittellos oder ohne Angehörige seien. Sie werde gänzlich anonym auf einer dafür vorgesehen Naturwiese durchgeführt.
Nein, eine Urne mit nach Hause nehmen, wie man das aus Film kenne, darf man in Deutschland nicht, sagt der Senior des Familienunternehmens. Gott sei Dank, so seine Meinung, gebe es hier ein Bestattungsgesetz, das zur Erdbestattung verpflichte. Wer weiß, was sonst der eine oder andere mit den Resten eines Verstorbenen so machen würde, nicht nur aus Kostengründen. Auf Kosten werde zunehmend geschaut. Aus diesem Grund sei auch die Bestattungsvorsorge der Menschen viel mehr geworden. „Viele möchten, dass alles vorher geregelt ist.“
„Viele möchten, dass alles vorher geregelt ist.“
Heinz Kern, Bestattungsunternehmer
Dass Geld natürlich eine Rolle spiele und sich schon die eine oder andere verbliebene Familie finanziell mit dem Grab von Familienmitgliedern übernommen hätte, das bestätigt auch Martin Lenners, seit 1988 Bestatter, und inzwischen gemeinsam mit Sohn Sven Inhaber des Bestattungsunternehmens Speier in Höhr-Grenzhausen. Auch Ehefrau und Tochter arbeiten mit. Dass schlichtere Bestattungsformen gewählt würden, mache sich schon auch in der Kasse bemerkbar, doch seien gleichzeitig unterschiedlichste Ausgestaltungen von Trauerfeier und Grab gefragt.
Das meiste sei heute durchführbar, ganz so, wie es zu der verstorbenen Person passe, „Es gibt nichts, was besonders ist“, sagt Lenners, „es gibt nur: passend für den Menschen.“ Auch würde er in Absprache die Verstorbenen zumeist in ihrer eigenen Kleidung, die sie am liebsten hatten, bestatten. Angehörige hätten zudem Gelegenheit, sich in Ruheräumen des Hauses jederzeit in aller Ruhe von den Verstorbenen zu verabschieden.

Da es nur eine begrenzte Anzahl an von Gemeinden ausgeschriebenen Fried- oder Ruhewäldern, wie in Steimel oder im Bad Emser Kaiserwald, der jedoch keine Plätze mehr freihat, gebe, und weil die räumliche Distanz zum beigesetzten Familienmitglied zu beachten sei, stünden vielerorts auf Friedhöfen Bereiche für eine Baumbestattung zur Verfügung, so wie unter anderem in Höhr-Grenzhausen oder in Montabaur.
Dies sei ebenso wie auf Wiesenfeldern anonym oder mit einem Namensschildchen versehen möglich. Seit vier, fünf Jahren werde diese Bestattungsform zunehmend in Anspruch genommen, berichtet Martin Lenners. Der Verstorbene erhalte in diesem Fall eine Beisetzung unter einem Gemeinschaftsbaum. In Höhr-Grenzhausen erhalte das Namensschild aus Keramik unmittelbar daneben an einer Holzstele einen Platz.
Wissenswertes zu Bestattungsformen
In Deutschland ist neben einer Bestattungspflicht auch die Verwendung von Urnen gesetzlich vorgesehen, die sich innerhalb von etwa 15 Jahren zersetzen, sodass bei Ablauf des Grabes die Einebnung oder Neunutzung erfolgen kann. Nach der Ruhezeit, oder gegebenenfalls vorher, können Urnen, falls noch nicht zersetzt, in ein Gemeinschaftsgrab umgebettet werden. Das Ausstreuen von Asche Verstorbener in einem Wald, auf einem Berg oder ein Binnengewässer, ist in Deutschland, anders als in der Schweiz, nicht erlaubt. Seebestattungen werden nach Angaben der Bestatter selten angefragt. Vermehrt von Interesse sei das Kolumbarium (Urnenwand). Doch würden die Urnen hier nach Ablauf der Ruhezeit unverrottet zumeist in ein anonymes Gemeinschaftsgrab umgebettet. Bestattung ist weitgehend unabhängig von Religion. Menschen, die unter besonderen Bestattungsriten beigesetzt werden, wie Muslime, werden häufig in Heimatländer überführt oder von einem islamischen Bestatter beigesetzt.