Begonnen hatte alles im Jahr 2001, als Jürgen Wickert arbeitslos wurde und dann „in die Fänge der Selbstständigkeit“ geraten ist, wie er selbst mit einem Lachen sagt. Dass es ausgerechnet Pferde wurden, war dabei einem Zufall geschuldet, denn mit denen hatte er in seinen jungen Jahren nicht viel am Hut. Sein Cousin hatte ein Pferd, auf dem er das eine oder andere Mal geritten war. „Und weil mir das so viel Spaß gemacht hat, habe ich mich entschlossen, mir ein eigenes Pferd zu kaufen.“
Weil er noch wenig Ahnung von der Thematik hatte, kontaktierte er eine Bekannte in den USA – und die schlug ihm die Rasse Quarter Horse vor. Dabei handelt es sich um die weltweit am häufigsten registrierte Pferderasse. Sie zeichnet sich aus durch ihr ruhiges und freundliches Wesen, ihre leichte Trainierbarkeit und ihre Lernfähigkeit – und ist deswegen ideal geeignet für das Westernreiten.
Doch damit setzte sich Jürgen Wickert erst später auseinander. Erst einmal kaufte er sich in den USA zwei Zuchtstuten, die er am Flughafen in Frankfurt abholte und zu seinem Anwesen in Ohlweiler brachte. Der Funke sprang schnell über, die Anlage wuchs – und kurze Zeit später zog auch der erste Zuchthengst ein, die Grundlage für eine professionelle Pferdezucht war geschaffen.
„Wir trainieren hier auch ganz viel Gelassenheit, dass die Pferde ohne Druck arbeiten. Es ist uns ein Bedürfnis, die Tiere nicht unter Stress zu setzen.“
„Wir sind dann kontinuierlich gewachsen und ich habe relativ schnell an meinem ersten Turnier teilgenommen“, erzählt Jürgen Wickert. Das sei allerdings gar nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte. Er sollte eine Abfolge verschiedener Elemente, sogenannter Patterns, reiten, hatte diese aber während des Wettkampfs vergessen, sodass er schon nach einer Minute die Segel streichen musste – um anschließend frustriert den Heimweg anzutreten.
Doch dieser Vorfall war für ihn auch Ansporn, sich noch intensiver mit den einzelnen Disziplinen des Westernreitens auseinanderzusetzen und intensiv zu trainieren. Mittlerweile ist das Reining sein Spezialgebiet. Dabei handelt es sich um die derzeit im europäischen Raum populärste Disziplin, die sich durch rasante Lektionen, die präzise ausgeführt werden müssen, auszeichnet. Dabei werden vorgeschriebene Übungen auswendig geritten. Galopp, Tempowechsel, Drehungen und das Rückwärtsrichten machen das Reining besonders abwechslungsreich und zugleich anspruchsvoll.
Auch Karola Wisser hat sich dem Wettkampfsport verschrieben. Ihre bevorzugte Disziplin, in der sie schon zahlreiche Landesmeistertitel erritten hat: das Superhorse. Dabei werden während einer Aufgabe verschiedene Disziplinen geritten, darunter Trail, Reining, Western Riding und Ranch Riding. Das Trail zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass verschiedene Geschicklichkeitsaufgaben gelöst werden müssen: das Reiten durch Weidetore, das Überqueren von Brücken aus Holz oder das Passieren anderer Hindernisse.
Und das spiegelt auch die Grundidee des Westernreitens wider: Es handelt sich dabei um ein Impulsreiten. Das heißt, die Pferde werden so trainiert, dass sie auf kleinste Impulse reagieren. Eine Schenkelbewegung reicht aus, um sie zum Antraben zu bringen – und in diesem Tempo bleiben sie, solange der Reiter nicht auf sie einwirkt. „Dadurch ist der Stress für die Tiere sehr gering“, weiß Jürgen Wickert. Er und Karola Wisser geben in Ohlweiler auch Einzelunterricht für alle, die das Westernreiten näher kennenlernen möchten.
Taina Kühnreich gehört allerdings nicht mehr zu den Anfängern, sie kommt regelmäßig auf die Anlage, hat ihr Pferd dort, reitet auch bei Turnieren mit. „Es war mehr einem Zufall geschuldet, dass ich hier gelandet bin“, berichtet sie. So habe sie ein Pferd gehabt, das sich vor allem durch seine Widerspenstigkeit ausgezeichnet habe und da sei ihr die Ranch in Ohlweiler empfohlen worden. Sie kam und ist geblieben.
Wer neu anfängt, das Westernreiten von Grund auf lernen möchte, der braucht laut der Experten vor allem zwei Dinge: Lust und Geduld. Das perfekte Einstiegsalter liege bei etwa zehn Jahren, nach oben seien die Grenzen offen. Erfahrung im Umgang mit Pferden ist laut Jürgen Wickert auch nicht nötig, die Begeisterung für den Sport allerdings schon. „Denn was nutzt es, wenn jemand sportlich ist und eigentlich keine Lust hat, das Reiten zu lernen?“, fragt er.
Auf dem Hof lernen die Schüler – in Einzelstunden übrigens – den Umgang mit dem Pferd, das Halftern, Führen und Putzen. „Sie kriegen von uns kein gesatteltes Pferd hingestellt, sondern müssen das selbst versuchen“, sagt Karola Wisser. Auch Stallausmisten, Kehren, Zäumen und eben das Satteln gehören dazu. Dann lernen die Schüler, im Sattel zu sitzen, und werden langsam an das Westernreiten herangeführt. Rund 100 Stunden seien in etwa erforderlich, um einen Reitschüler wirklich fit zu machen. Dann haben die Schüler auch die Möglichkeit, an Meisterschaften teilzunehmen und den Sport in allen Facetten kennenzulernen und sich wie ein Cowboy im Wilden Westen zu fühlen. Fast zumindest.
Mehr Infos gibt es unter www. wickert-westernreiten.de