„Weihnachten ist, wie kein anderes Fest, mit der tiefen menschlichen Sehnsucht nach Frieden in Familie, Freundeskreis und der ganzen Welt verbunden. Diese Sehnsucht und die damit verbundene Hoffnung auf eine bessere Welt teilen alle Menschen, die guten Willens sind“, nennt er einen der Hauptgründe für das große Interesse an den Gottesdiensten.
Und weil die Nachfrage an diesen Tagen besonders groß ist, macht der evangelische Gemeindeverbund Simmern, zu dem die Kirchengemeinden Neuerkirch-Biebern-Alterkülz, Sargenroth-Mengerschied, Simmern und die Trinitatisgemeinde und damit insgesamt zwölf Kirchorte gehören, entsprechend viele Angebote.
„Dem starken Wunsch nach Gottesdiensten an Heiligabend sind wir mit drei Gottesdiensten in Simmern und elf auf den Dörfern nachgekommen. Gerade der Gottesdienstbesuch an Heiligabend gehört für viele Protestanten fest zum Auftakt des Weihnachtsfestes, am liebsten mit Krippenspiel und dem Weihnachtsevangelium nach Lukas. Das ist ein Stück geistiger Beheimatung“, sagt der Pfarrer.
Aus eigenen Mauern heraus aktiv
Und dabei handelte es sich sowohl um klassische Predigtgottesdienste als auch um solche, bei denen ein Krippenspiel aufgeführt wurde, und um welche, bei denen der musikalische Aspekt im Vordergrund stand. Doch das Wirken von Bazin und seinen Kollegen geht weiter über den rein kirchlichen Gottesdienst hinaus. So gab es beispielsweise in Tiefenbach im Zuge des dort veranstalteten Adventskalenders ein kleines Format gemeinsam mit einem Drehorgelspieler. Dieses Wirken der Kirche außerhalb ihrer Mauern, das ist für Bazin ohnehin enorm wichtig. Der Gottesdienst sei zwar ein zentrales, aber bei weitem nicht das einzige kirchliche Angebot. „Die Kirche lebt auch in anderen geistlichen Formaten, Gruppen, Kreisen, Freizeitangeboten“, sagt er. Dennoch seien die Gottesdienste – ganz unabhängig von den zahlreichen Kirchenaustritten, mit denen sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche zu kämpfen hat – auch über das Jahr hinweg gut besucht.
„Viele Menschen trennen die christliche Botschaft von der kirchlichen Institution. Dabei übersehen sie, dass die Kirchen die Trägerinnen dieser Botschaft sind.“
Pfarrer Bernd Bazin über die hohe Zahl an Kirchenaustritten, die seiner Meinung nach auf eine zunehmende Entfremdung zurückzuführen sind.
Zu besonderen Anlässen sicher mehr als während gewöhnlicher Sonntagsgottesdienste. Frustriert ist der Gemeindepfarrer deswegen nicht, sieht es viel mehr als Aufforderung dafür, aktiv zu werden, neue Formate auszuprobieren und zu etablieren, um auch denjenigen einen Zugang zum christlichen Glauben anzubieten, die, aus welchen Gründen auch immer, die Gottesdienste nicht besuchen. „Wir haben motivierte Ehrenamtliche in Presbyterien, Leitungsgremien und an der Basis und hauptamtliche Teams mit vielen Ideen. Nicht alle Ideen zünden sofort“, sagt Bazin. Dann müsse man Geduld aufbringen oder etwas anderes ausprobieren. Kirche lebe vom Mitmachen. „Wir freuen uns über alle, die sich einbringen. Es gibt keinen Anlass, frustriert zu sein.“
Auch ich gehöre zu denjenigen, die man sonntags nicht allzu häufig in den Gottesdiensten antrifft, die sich aber in den Kreis derer einreihen, die zumindest an Weihnachten versuchen, eines der Angebote wahrzunehmen.Kommentar zu den alljährlichen Gottesdienstbesuchen an Weihnachten: Kirche muss raus aus den eigenen Mauern
Einer der Hauptgründe dafür, dass die Menschen sich von der Kirche abwenden und austreten, ist seiner Meinung nach ein Entfremdungsprozess. Der setze dann ein, wenn die Menschen die in der Kirche agierenden Akteure und deren Aktivitäten nicht kennen. Wo dem entgegengewirkt werde, könnte auch diese Entfremdung verhindert werden. Dort würden auch Menschen, die ausgetreten seien, weiter an kirchlichen Angeboten teilnehmen, beispielsweise den Heiligabend-Gottesdienst besuchen.
„Ich persönlich erlebe viel Dankbarkeit und Anerkennung, auch von Ausgetretenen. Natürlich schmerzen mich die Austritte. Viele Menschen trennen die christliche Botschaft von der kirchlichen Institution. Dabei übersehen sie, dass die Kirchen die Trägerinnen dieser Botschaft sind.“
Es sei ein protestantisches Credo, dass sich die Kirche selbst immer erneuern müsse. Das erlebe er auch. So müsse man auch beobachten, wie sich die Zahl der Gottesdienstbesucher entwickele, und gegebenenfalls reagieren, wenn in einem Ort über einen längeren Zeitraum Gottesdienste nur wenig besucht seien.
Hauptamtliche decken Bedarf
Auf die Weihnachtsgottesdienste trifft das nach Bazins Ansicht nicht zu. Auch das aktuelle Jahr habe gezeigt, dass die Nachfrage hier groß sei, dass die Menschen das Angebot gerne annehmen würden. „Wir haben in diesem Jahr wieder gezeigt, dass uns die Wünsche der Menschen wichtig sind und dass wir es schaffen, den Bedarf zu decken. Noch haben wir genug Hauptamtliche.“
Allerdings stehe man mit dem Ausscheiden der Boomer vor einem Umbruch. „Das Studium der evangelischen Theologie bietet also gute und spannende Berufsaussichten“, sagt er mit einem Lachen – und ist gewillt, sich den Herausforderungen zu stellen.