Ausstellung dokumentiert das Leben und Vorkommen der Tiere - Treis-Karden ein Hotspot - Was dem Lebensraumerhalt dient
Wildkatzen lieben Cochem-Zell: In Treis-Karden sind sie besonders viel verbreitet
Eröffnen die Wildkatzenausstellung in Treis: (von links) Schulleiter Eugen Herrmann, Landrätin Anke Beilstein, Kreisjagdgruppenchef „Josi“ Becker, der Projektbeauftragte Albert Jung, Fotografin Gaby Lambrich und Treis-Kardens Ortsbürgermeister Hans-Josef Bleser. Foto: David Ditzer
David Ditzer

Das kleine Raubtier kommt auf leisen Sohlen daher und durchstreift auf seinen Beutezügen Wiesen und Wälder: die Europäische Wildkatze. Mit einer Ausstellung im Foyer der Konrad-Adenauer-Schule in Treis-Karden will die Cochem-Zeller Jägerschaft die Öffentlichkeit für das Tier und den Schutz seiner Lebensräume sensibilisieren.

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Die Cochem-Zeller Landrätin Anke Beilstein eröffnete die Schau, zu der sehenswerte Bilder der Naturfotografin Gaby Lambrich gehören, am Montagnachmittag als Schirmherrin. Sie und die anderen Gäste der Vernissage erfuhren unter anderem, warum im Cochem-Zeller Land und in der Doppelgemeinde Treis-Karden besonders viele Wildkatzen leben.

Ich habe bei meiner Arbeit schnell gelernt: Wenn die Katzen sich im Jagdverhalten befinden, komme ich näher heran.

Fotografin Gaby Lambrich

Mit gekrümmtem Rücken und gefletschten Zähnen stürzt sich die Wildkatze auf ihre Beute – wenig später liegt sie entspannt auf der Wiese, ihre Mahlzeit, eine stattliche Maus, im Maul. Fotografin Gaby Lambrich hat den über den Jagderfolg entscheidenden Luftsprung des Tiers dank einer Reihenaufnahme perfekt eingefangen. „Ich habe bei meiner Arbeit schnell gelernt: Wenn die Katzen sich im Jagdverhalten befinden, komme ich näher heran“, erläutert Lambrich in der Eingangshalle der Realschule plus Treis-Karden.

Dabei war Lambrichs Arbeit im Grunde erst das künstlerisch-kreative i-Tüpfelchen eines Unterfangens, das für den Projektbeauftragten Albert Jung mit trockener Tatzenzählerei begann – sowie mit vielen E-Mails und Telefonaten. Ziel war es, eine Dokumentation zu erstellen, wo in Cochem-Zell nachweislich Wildkatzen zu Hause sind. Für diese Doku machten sich Jung und seine Mitstreiter von der Kreisgruppe Cochem-Zell im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz eine Technik zunutze, die zum Beispiel an Kirrungen (Fütterungsstellen) im Einsatz ist: Wildkameras.

Geht mit ihren spitzen Zähnen gerne auf Mäusejagd auf Cochem-Zeller Wiesen und durchstreift hiesige Wälder: die Europäische Wildkatze. Eine Ausstellung der Kreisjagdgruppe bringt das Tier und seine Lebensweise der Öffentlichkeit näher – aus guten Gründen. Foto: David Ditzer
David Ditzer

Jung hatte eine davon mitgebracht: „Eine Funkkamera wie diese schickt die Bilder direkt aufs Handy“, erläuterte er. Seit zwei Jahren ist Jung, der auch Bürgermeister der Eifel-Verbandsgemeinde Kaisersesch ist, Mitglied der Kreisjagdgruppe. Als Jung eintrat, sei für ihn klar gewesen, dass er etwas Produktives habe beitragen wollen – im Sinne des Natur- und Artenschutzes. So kam er zu dem Wildkatzenprojekt.

„Am Anfang fürchteten manche Jäger eine Art Kameratourismus“, blickte der Kreisjagdgruppenvorsitzende Franz-Josef „Josi“ Becker zurück. Doch nachdem klar war, dass es nicht um die genaue Erfassung von Standortdaten gehen würde, sondern um eine grobe Kartierung, wo im Kreis die Europäische Wildkatze vorkomme, hätten die 660 Jägerinnen und Jäger Becker zufolge schnell hinter dem Projekt gestanden.

Schwerpunkt der Wildkatze: Treis-Karden

Bereits kurz nach dem ersten Aufruf gingen bei Jung zig Meldungen ein, er führte circa 100 Telefonate, in denen es um Wildkatzensichtungen ging. „Es gibt eine ausreichend große Population“, hält Jung fest. Schätzungsweise 300 bis 400 Exemplare. „Die Wildkatze hat eine Verbreitung im ganzen Landkreis – mit einem Schwerpunkt in Treis-Karden.“ Letzteres kommt nicht von ungefähr, denn die Doppelgemeinde verfügt einerseits über viel Wald. Andererseits wird dieser auch immer wieder durch Wiesen unterbrochen, nicht zuletzt Streuobstwiesen. Diese und die bewaldeten Seitentäler zu erhalten, sei wichtig, damit die Europäische Wildkatze weiterhin gut und gerne in Cochem-Zell lebt, so Jung.

Das wiederum nutze jenen Gebieten, die sich das Tier gerade erst als Lebensraum zurückerobert habe, zum Beispiel Bayern oder die östlichen Bundesländer. Weibliche Wildkatzen bekommen meistens im Mai – nach 63 Tagen Tragzeit – zwischen drei und fünf Junge. Spätestens nach zehn Monaten, führte Junge aus, verstoße die Mutter den Nachwuchs, der sich ein eigenes Revier suchen müsse, und zwar woanders. Jung: „Die Wildkatze ist immer wild geblieben, sie hat mit unserer Hauskatze nichts zu tun.“ Auch Kreuzungen gebe es hierzulande allenfalls sehr selten. Ein weißer Halsfleck, der zuweilen bei Wildkatzen vorkomme, deute keineswegs auf eine Mischung hin.

Die Wildkatze ist immer wild geblieben, sie hat mit unserer Hauskatze nichts zu tun.

Albert Jung, Projektbeauftragter, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kaisersesch und Mitglied der Kreisjagdgruppe

Jung: „Die Wildkatze wird nicht bejagt. Sie unterliegt zwar dem Jagdrecht, hat aber eine ganzjährige Schonzeit.“ Die präparierten Tiere, die Teil der Ausstellung in Treis sind, waren Opfer des Straßenverkehrs. Im Foyer der Konrad-Adenauer-Schule sollen nicht nur Schüler mehr über Wildkatzen erfahren. Grundsätzlich kann jeder Interessierte sich die Exponate ansehen. Allerdings sollte man sich zuvor kurz bei der Schule melden. Eugen Herrmann, Leiter der Konrad-Adenauer-Schule, freut sich über die Schau im Foyer. Schon bei deren Aufbau habe sich gezeigt: „Das Interesse ist groß.“

Schirmherrin Beilstein hob hervor, das große Wildkatzenvorkommen in Cochem-Zell sei „ein Zeiger, dass Natur und Wald bei uns noch in Ordnung sind“. Dass das nicht selbstverständlich ist, darauf wies Hans-Josef Bleser, Ortsbürgermeister von Treis-Karden, hin, der auch Förster ist. Gerade eine Wiese im Flaumbachtal, auf der einige von Gaby Lambrichs Fotos entstanden sind, bereite ihm Sorgen, weil sie nicht mehr gepflegt werde. Doch das nachgewiesene große Vorkommen der Leitart Wildkatze öffne auch den Zugriff auf Fördertöpfe für Lebensraumpflege und Arterhalt. Besagtes Foto zeigt eine Wildkatze auf einem Heuballen – ein Blick in die großen Augen: faszinierend und herzerweichend.

Die Europäische Wildkatze

Die Europäische Wildkatzen (Felis silvestris) sieht Hauskatzen sehr ähnlich, ist aber größer. Von der Nasen- bis zur Schwanzspitze können große Wildkatzen mehr als 100 Zentimeter lang werden, sie wiegen vier bis fünf Kilogramm. Von der Hauskatze unterscheiden sie sich durch ihren buschigen und Schwanz, dessen Ende stumpf und schwarz gefärbt ist.

„Sie haben zudem einen Aalstrich auf dem Rücken wie ein Esel“, sagt der Wildkatzenprojektbeauftragte Albert Jung. Das Fell ist cremegelb bis ockerfarben und ist fein gestreift. An der Kehle tragen Wildkatzen oft einen weißen Fleck. Sie fressen vor allem Mäuse, Wildkatzen werden in der Freiheit etwa sieben bis zehn Jahre alt. dad

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