Die spannende Spurensuche beginnt an einem Morgen Ende Januar mit Reifenspuren im Raureif, die ein Quad in einer Wiesensenke südlich und westlich der Wollmerather Pfarrkirche St. Maria Magdalena hinterlässt. Thomas Hau, Beigeordneter der Eifelgemeinde sagt: „Nach der Überlieferung stand dort unten einmal eine Weiherburg, die nach ihrem Verfall – wie damals üblich – als Steinbruch benutzt wurde.“ Doch wieso Weiher? Auf ersten Blick gibt es dort doch nur Wiese. Und wie soll ein Quad dabei helfen, ein längst vergessenes Zeugnis der Wollermather Geschichte zwar nicht unbedingt ans Tageslicht, aber doch ins Licht der Erkenntnis zu rücken?
Das Quad steuert Torsten Riese vom Unternehmen Posselt & Zickgraf Prospektionen (PZP) aus Marburg. Mit seinem geländegängigen Gefährt zieht Riese ein Metallgestell auf vier Rädern hinter sich her, das über verschiedene elektronische Aufbauten verfügt. „Das Verfahren nennt sich archäologisch-geophysikalische Prospektion“, erläutert Jochen Greven, der mit Riese zusammen bei PZP arbeitet. „Mit der Technik lassen sich Eingriffe in den Boden nachweisen. Baubefunde wie Fundamente würden eine erkennbare Anomalie ausbilden.“
Mehr als einmal halten die Männer ein wenig die Luft an
Unter anderen mit Thomas Hau, Hermann-Josef Krämer und Wolfgang Schmitz vom Wollmerather Gemeinderat verfolgt Greven die Erkundungsfahrt seines Kollegen Riese aus einiger Entfernung. Mehr als einmal halten die Männer ein wenig die Luft an. Sie wissen um den hubbeligen und morastigen Untergrund, über den Riese das Quad lenkt. Mitunter sieht es so aus, als bliebe das Gefährt stecken. Doch letztlich siegen stets Rieses Fahrkünste, der an diesem Vormittag gefrorene Untergrund mag seinen Teil dazu beitragen.
Über weite Teile der Fläche, die Riese befährt, erstreckte sich einst das Wollmerather Maar. „Vor circa 150 Jahren oder so ist das Maar trockengelegt worden“, blickt Hau zurück. Wenn man wollte, könnte man diesen See vulkanischen Ursprungs auch wieder renaturieren, sprich: fluten. Zu dieser Ansicht sei Andreas Schüller vom Natur- und Geopark Vulkaneifel bei einem Besuch in Wollmerath gelangt. Ein solcher Schritt ist denkbar, jedoch aktuell nicht umsetzbar, hält Hau fest.
Die Technik kommt eigentlich aus der Kampfmitteldetektion und reagiert auf Eisen besonders sensibel. Sie kann aber auch archäologische Strukturen erkennen.
Jochen Greven vom Unternehmen PZP aus Marburg
Schließlich wollen die Wollmerather gerade nichts neu be-, sondern etwas entdecken. Hau führt aus: „Ziel ist es, etwaige Überreste der früheren Weiherburg zu finden, zu kartieren und archäologisch zu enträtseln.“ Das Magnetometer hinter Rieses Quad zeichnet Abweichungen im Erdmagnetfeld auf, erläutert Jochen Greven. Je nach Bodenbeschaffenheit reicht die Messung bis in zwei Meter Tiefe. „Die Technik kommt eigentlich aus der Kampfmitteldetektion und reagiert auf Eisen besonders sensibel. Sie kann aber auch archäologische Strukturen erkennen.“
Nach Überresten der früheren Weiherburg im Wollmerather Maar zu suchen, diese Idee verfolgt die 200-Einwohner-Gemeinde zwischen Lutzerath und Ulmen schon länger: Im Jahr 2023 befand man sie sich dafür im Austausch mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe und der dazugehörigen Landesarchäologie. Im Frühjahr vergangenen Jahres genehmigte sie eine geophysikalische Untersuchung – „als einzig nichtinvasive Methode, um die Stelle und den Befund der Burg von Wollmerath zu erkunden“, heißt es in der GDKE-Mitteilung.

Fördermittel aus dem Leader-Programm der EU helfen der Gemeinde
Bevor die Erkundung nun tatsächlich erfolgen durfte, war allerdings in dem sensiblen Gebiet auch ein naturschutzfachliches Gutachten vonnöten, erstellt vom Ulmener Planungsbüro WeSt. Eine Förderung aus dem Leader-Programm der EU über die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Vulkaneifel ermöglichte es der Gemeinde, die Kosten zu schultern.
Zwei, drei Stunden brauche Riese, um das gesamte zu untersuchende Gelände GPS-gestützt abzufahren, merkt Greven an. Ein Computerbildschirm über dem Lenker des Quads hilft dabei. Greven fügt hinzu: „Der Untersuchungsbericht dürfte noch mal eine gute Woche dauern. Wir schaffen pro Tag maximal bis zu 20 Hektar – bei besonders ebenen und guten Bodenbedingungen.“
Dass im Bericht tatsächlich Funde auftauchen, die erkennen lassen, wie die Weiherburg von Wollmerath einst ausgesehen haben mag, ist zunächst einmal bloß eine Hoffnung der Beteiligten. Diese allerdings wird unter anderem durch Erwähnungen der Burganlage in verschiedenen Büchern geschürt: „Etwa 200 Schritt westlich der Kirche stand in einer Wiesensenkung eine Wasserburg, die angeblich unter Ludwig XIV. zerstört wurde“, heißt es etwa in dem Buch „Die Burgen der Eifel“ von Bernhard Gondorf. Und weiter: „1764 besaß sie zwei mächtige Ecktürme; 1772 wird ein dreigeschossiger Rundturm mit anschließendem Burghaus dargestellt. Auf der Südseite war der Besitz der Herren v. Wollmerath durch einen Weiher geschützt.“ Dem Eintrag zufolge waren die Fundamente 1937 bei Grabungen entdeckt worden.
Ende des 17. Jahrhunderts zerstört
Im Buch „Urkunden und Regesten der Städte, Gemeinden, Burgen, Klöster, Mühlen und Höfe im Kreis Cochem-Zell bis 1900“ von Alfons Friderichs finden zwei Burghäuser Erwähnung, die sich um das Jahr 1300 in Wollmerath befanden. Die Weiherburg in der Wiesensenke westlich der Kirche sei Sitz der Lehensherren gewesen und Ende des 17. Jahrhunderts „durch Kriegseinwirkungen zerstört“ worden. Nach Vernichtung der Weiherburg haben die Lehensherren demnach das größere Burghaus „auf dem Stock“ bezogen. Dieses wiederum sei nach dem Untergang der Herrschaft Wollmerath im Jahr 1789 an Privatleute verkauft und 1810 für einen neuen Hausbau abgerissen worden.
Für die Suche nach Spuren der früheren Weiherburg und ihrer genauen Lage hatte der Wollmerather Ortsbürgermeister Ulrich Laux auch Kontakt zu Nachfahren der früher dort ansässigen Adelsfamilie von Landenberg. Nun wartet man in Wollmerath gespannt auf die Resultate der archäologisch-geophysikalischen Prospektion.
Feiert die Burg visuell Wiederauferstehung?
Wenn diese es zulassen, möchte die Gemeinde in jeden Fall anschaulich darstellen, was in der Senke des Wollmerather Maars in früheren Jahrhunderten zu bestaunen war. Wolfgang Schmitz aus dem Gemeinderat sagt: „Eine Überlegung war, vielleicht einen großen Rahmen oder so etwas aufzustellen und dort irgendwie wieder sichtbar zu machen, was hier einmal war.“ Feiert die Wasserburg am Wollmerather Maar also zumindest mithilfe moderner visueller Mittel bald Wiederauferstehung?
Wer an Geschichte interessiert ist und sieht, wie idyllisch sich die kleine Kirche mit ihrem Turm aus dem 12. Jahrhundert an den Rand der Wiesensenke schmiegt, der teilt diese Hoffnung der Wollermather Verantwortlichen sofort.
Einst Hauptort der Herrschaft Wollmerath
Gleich zwei Burghäuser in einem kleinen Eifeldorf wie Wollmerath? Was aus heutiger Sicht reht unglaublich klingt, erweist sich beim Blick in die Historie jedoch als plausibel. Im Jahr 1193 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, war das Dorf „von 1241 an bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der namensgebende Hauptort der ,Herrschaft Wollmerath‘, die ein Erblehen der Grafen zu Wied war und unter der Landeshoheit von Kurtrier stand.“ Zu Wollmerath gehörten, so Ortschef Ulrich Laux, bis 1803 die neun Dörfer Filz, Wagenhausen, Demerath, Niederwinkel, Immerath, Strohn, Mückeln, Oberscheidweiler und Trautzberg. Hinzu kamen die sechs Höfe Oberwinkel, Walterburg, Lotzenhof, Schutzalf, Sprinker Hof und Jonghammerhof, außerdem die Wollmerather Mühle und Heckenmühle. Heute sind es noch Filz und Wagenhausen. Die letzten Lehensherren der Herrschaft gehörten dem Adelsgeschlecht der Freiherren von Breiden-Landenberg an.