Ein besonderes Fest zu Ehren ihres Schutzpatrons hat die Pfarrei St. Castor und Gefährten vor Kurzem gefeiert. Der Historiker und Kunsthistoriker Stefan Heinz von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz hielt im Kardener Stiftsmuseum einen bebilderten Vortrag unter dem Titel „Unter dem Schutz des heiligen Castor: Der Broy-Altar – ein Meisterwerk in Bild und Text“. Heinz brachte seiner Zuhörerschaft nicht nur die wertvollen Vorzüge des genannten Altars näher. Sein Besuch führte ihn überdies zu einer Entdeckung, die seine Neugier als Wissenschaftler weckte.
D er Tag des Schutzpatrons der ehemaligen Stiftskirche in Karden begann mit einer heiligen Messe, die Pfarrer Hermann-Josef Flöck hielt. Nach der Messe folgten viele Gäste der Einladung ins Pfarrheim, wo es ein warmes Mittagessen gab – kostenlos, doch Spenden waren erwünscht. Zumal der gesamte Erlös des Festes dem Erhalt des ortsbildprägenden „Kardener Doms“ dienen sollte. Direkt nach der Stärkung zur Mittagsstunde wuchs bei Gästen und Einheimischen jedoch die Vorfreude auf den Vortrag von Stefan Heinz, der seit einigen Jahren als Epigrafiker an der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz beschäftigt ist.
Inschriften auf Grabplatten im „Kardener Dom“ als Forschungsgegenstand
Das heißt, er setzt sich mit historischen Inschriften auseinander. Heinz, der in Trier studiert hat, bearbeitet zurzeit den Landkreis Cochem-Zell im Projekt „Die Deutschen Inschriften“. In dem Zusammenhang hat er auch die Grabplatten in der ehemaligen Stiftskirche aufgenommen. Der Gastvortrag des Wissenschaftlers zum Castorfest rückte allerdings ein Kunstwerk in den Fokus, auf das sonst eher selten das Licht der Öffentlichkeit fällt: den Broy-Altar in der Werktagskapelle, die sich im ehemaligen Kreuzgang der Kardener Kirche befindet.
Der Flügelaltar trägt den Namen der Familie seines Stifters, Simon Broy. Der kurtrierische Schultheiß ließ im Jahr 1562 das Haus an der Schnittstelle der Moselstraße (heute: Bundesstraße 416) und der „Kreuzpfortengasse“ erbauen, die heute Kernstraße heißt. Das auffällige Haus steht dort noch immer. Der von Familie Broy gestiftete Altar zeigt auf der Mitteltafel ein Bild der Auferstehung. Die Stifter sind auf den Flügeln kniend und betend abgebildet: Simon Broy und die Söhne Cuno und Georg, auf dem an anderen Flügel Broys Frau Catharina, geborene Nürnburg.
Hohe Qualität der Malerei am Broy-Altar
Heinz bebilderte seine Ausführungen zu dem Altar mithilfe eines Beamers. Der lebhafte Vortrag des Wissenschaftlers im Stiftsmuseum fesselte die Zuhörer, die einige neue Fakten erfuhren, berichtet der Kardener Paul Boosfeld, der selbst unter den Zuhörern saß und sich mit der Geschichte des früheren Stiftsbezirks ebenfalls gut auskennt. Stefan Heinz hob demnach die sehr gute Qualität der Malerei auf dem Altar hervor. Er zog Parallelen zu mittelalterlichen flämischen Stichen, die als Inspiration gedient haben. Heinz führte sogar Namen von Malern auf, die sich für die kunstvollen Darstellungen verantwortlich gezeichnet haben könnten, weil sie zu dieser Zeit in der Gegend gearbeitet hatten.
Eine Festlegung auf einen Künstler ist jedoch nicht möglich. Im Anschluss an diesen Vortrag ging es direkt zu dem Altar. Dort erläuterte Heinz Details zu Bild und Schrift vor Ort. Zum Abschluss des Vortrages ging es weiter zur Grabplatte der Familie Broy.
Treppe aus Grabplatten gezeigt
Schon vor dem ebenso hochkarätigen wie hörenswerten Vortrag hatten die Kardener eine Überraschung für den Historiker und Kunsthistoriker Heinz parat: Sie gingen mit ihm an das Haus des ehemaligen Scholasters (also des Leiters der Stiftsschule) und zeigten ihm dort eine Treppe, die aus Grabplatten besteht. Diese Inschriften kannte er noch nicht und war begeistert. Schließlich zeugen auch sie von der reichen Kardener Geschichte, die zu erforschen sich nach wie vor lohnt. Das besondere Castorfest indes fand wieder im Pfarrheim bei Kaffee und gespendetem Kuchen seinen Ausklang.
Frühe Zeugnisse des Christentums an der Mosel
An der unteren Mosel missionierte der heilige Castor um die Mitte des 4. Jahrhunderts. So entstand dort eine der ältesten christlichen Gemeinschaften im Moselraum. Wie auf der Webseite www.klosterlexikon-rlp.de nachzulesen ist, war die Gründung schon im 6. Jahrhundert zu einer Großpfarrei geworden. „Die Geistlichen lebten in einer Gemeinschaft, aus der sich später das an der damaligen Martinskirche angesiedelte Kollegiatstift entwickelte“, heißt es dort. Dass in Karden die verschollenen Gebeine des heiligen Castor gefunden wurden, führte dazu, dass Karden zum Wallfahrtsziel wurde. Es brauchte einen größeren Kirchenraum: Bei Ausgrabungen im Jahr 1966 konnte der Grundriss einer dreischiffigen karolingischen Basilika, dem hl. Paulinus geweiht, belegt werden. „Ein vermutlich seit dem 9. Jahrhundert kollegial-korporativ verfasstes Stift wurde urkundlich erstmals 1084 erwähnt.“ Der „Kardener Dom“ entstand ab 1183. Der frühere Stiftsbezirk ist reich an jahrhundertealten Gebäuden.