Meinung
Das kann noch nicht alles sein
Ralf Grün
MRV

Die Menschen im Ahrtal brauchen für das Aufarbeiten der traumatischen Erlebnisse in der Flutnacht noch mehr Hilfe für ihre kranken Seelen, meint RZ-Redaktionsleiter Ralf Grün.

Mediziner sagen es, Kirchenvertreter sagen es, Wirtschaftsvertreter sagen es und der Opferschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz sagt es auch: Die Seelen vieler Menschen im Ahrtal sind nach den traumatischen Erlebnissen in der Flutnacht vor drei Jahren immer noch verwundet. Die Zahl derer, die sich professionelle Hilfe holen oder sich in einer Selbsthilfegruppe aufgehoben fühlen, ist gleichbleibend hoch. Das spricht doch eine deutliche Sprache - und sollte all jene hellhörig machen, die etwas für die kranken Seelen im Ahrtal tun können.

Zehn zusätzliche Psychologenstellen als Betreuungs- und Therapieangebot sind sicherlich ein Sprung, den Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung und Gesundheitsministerium da hingelegt haben, allerdings wird das dem Bedarf immer noch nicht gerecht. Dazu gab es bei der Podiumsrunde in Dümpelfeld eindeutige Hinweise aus der Expertenrunde. Und wenn der Opferschutzbeauftragte des Landes als neutrale Figur im freien „Spiel“ der Kräfte sagen muss, dass eine weitere Aufstockung schlicht am Geld gescheitert sei, muss das für Betroffene mehr als zynisch klingen. Ja, auch an der psychologisch-psychiatrischen Front herrscht Fachkräftemangel, gleichwohl sollten herausfordernde Situationen auch herausragende Lösung möglich machen. Es geht schließlich um nichts Geringeres als ein menschenwertes Leben für viele, die in der Flutnacht und in den Monaten danach geholfen haben, damit sich das Leben aller von der Flut Betroffenen wieder einigermaßen normalisiert. Die dann irgendwann mal zur Ruhe gekommen sind, nur, um dann von den unverarbeiteten traumatischen Erlebnissen aus dem Leben gerissen zu werden.

Was Letzteres betrifft, verbietet es sich zudem, Menschen zu stigmatisieren und sie als schwach zu bezeichnen, die sich in ihrer seelischen Not für Hilfe öffnen können. Denn, so sind sich die Experten einig, wer sich derzeit noch für stark hält, den könnte das gleiche Schicksal ebenso ereilen. Es braucht nur einen Auslöser.

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