Koblenz
Streit um angeblichen Deal im OB-Wahlkampf eskaliert: CDU nennt Langner einen Lügner
Am Wahlabend hatte David Langner (SPD, rechts) klar die Nase vor Bert Flöck (CDU) und geht damit als großer Favorit in die Stichwahl am 15. Oktober. Doch hat die CDU versucht, durch einen Deal mit den Grünen die Chancen für Flöck zu erhöhen? Der Streit über diese Frage eskaliert gerade.
Sascha Ditscher

Koblenz. Der Streit über eine angebliche Absprache von CDU und Grünen im Wahlkampf eskaliert: Der Koblenzer CDU-Vorsitzende Andreas Biebricher wirft dem unabhängigen OB-Kandidaten David Langner (SPD) eine bewusste Lüge vor.

Langner hatte im Gespräch bei unserer Zeitung berichtet, er habe aus den Reihen der Grünen erfahren, dass die CDU ein Angebot gemacht habe: Unterstützen die Grünen Baudezernent Bert Flöck (CDU) bei dessen ebenfalls unabhängiger Kandidatur als OB, dann würde die CDU im Gegenzug einen grünen Kandidaten als nächsten Baudezernenten mitwählen. Als „haltlose Behauptung“ bezeichnet CDU-Chef Biebricher Langners Vorwurf in einer schriftlichen Stellungnahme – er verletze jeden Anstand und sei „frei erfunden“.

Langner zeige bereits jetzt, dass er als möglicher neuer OB spalten und für ein Gegeneinander sorgen werde – nicht wie Amtsinhaber Joachim Hofmann-Göttig, der die verschiedenen politischen Lager zusammengeführt habe. Möglicherweise sei Langner stolz auf die Tricks, die er sich „als Parteiapparatschik in der ,großen Politik'“ angeeignet habe. „Koblenz kann auf einen solchen Stil aber gerne verzichten“, so Biebricher. Im Gespräch mit der RZ betont der CDU-Vorsitzende, es habe nicht einmal Überlegungen zu einem solchen Deal mit den Grünen gegeben. Dazu würde er jede eidesstattliche Versicherung unterschreiben.

Ob das notwendig sein wird? Jedenfalls bleibt der so drastisch gescholtene Langner bei seiner Darstellung, weist die Anschuldigungen klar zurück: „Ich habe nicht gelogen“, betont er. In Gesprächen sei ihm von zwei „namhaften Vertretern“ der Grünen bestätigt worden, dass es ein solches Angebot der CDU gegeben habe. Danach war und ist er davon überzeugt, dass es den Versuch einer Verabredung im Wahlkampf gab – und daher habe er es im gemeinsamen Gespräch mit Bert Flöck nach der Wahl auch angesprochen. Der hatte gleich betont, dass er davon nichts wisse. Der Vorstandssprecher der Koblenzer Grünen, Gregor Höblich, hatte am Tag nach dem Redaktionsgespräch betont, ein solches Angebot liege nicht vor. Grünen-OB-Kandidat Hans-Peter Ackermann, zugleich auch Chef der Ratsfraktion, berichtete, es habe zu dem Thema lediglich ein scherzhaftes Gespräch auf dem Parkplatz gegeben. Alles nur ein missverstandener Witz also?

Keineswegs, sagt Langner: Die Gespräche, die er mit den beiden Vertretern der Grünen geführt habe, die er nicht nennen will, seien keinesfalls „scherzhaft“ gewesen, sondern durchaus detailliert, etwa in der Frage der taktischen Möglichkeiten, die sich für die Grünen ergeben würden. Jedenfalls bei diesen beiden Parteivertretern seien das Thema und ein entsprechendes Angebot der CDU absolut ernst genommen worden. Eine Bestätigung des Angebots gab es jedenfalls auch nach Langners Äußerung noch aus der Grünen-Fraktion, und das gegenüber anderen Politikern: Nach einer Ausschusssitzung am Dienstag hatte Torsten Schupp, OB-Kandidat der FDP, einen Vertreter der Grünen befragt, was den nun dran sei an dem Deal. Daraufhin habe dieser ihm gesagt, dass es ein solches Gespräch und Angebot tatsächlich gegeben habe.

Das bestätigte Schupp am Freitag im Telefonat mit unserer Zeitung. Und auch Stephan Wefelscheid, stellvertretender Vorsitzender der BIZ-Fraktion, und Walter Baum, Fraktionsvize der FBG, haben das Gespräch mitbekommen, wie sie auf Nachfrage berichten. Die Antwort des Grünen-Politikers, den Schupp, Wefelscheid und Baum nicht namentlich nennen wollen, sei gewesen, dass es das Angebot gegeben habe – dass die Grünen es aber nicht angenommen hätten.

Andreas Biebricher greift übrigens in seiner schriftlichen Stellungnahme David Langner nicht nur wegen der aktuellen Auseinandersetzung an – er wärmt noch einmal den Streit um den politischen Aschermittwoch der SPD auf. Damals hatte Langner Flöck kritisiert, weil dieser die Flüchtlinge für die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt verantwortlich gemacht habe. Langner bezog sich dabei auf eine Pressemitteilung des Baudezernenten, in der dieser tatsächlich zu dem Thema ausdrücklich nur die Asylbewerber genannt hatte, die auf den Wohnungsmarkt drängen, nicht aber andere Bevölkerungsgruppen. OB Joachim Hofmann-Göttig (SPD) hatte sich damals in einem durchaus ungewöhnlichen Vorgang eingemischt und die Kritik seines Parteigenossen Langner an Flöck zurückgewiesen. Bereits damals habe Langner Unwahrheiten über seinen Mitbewerber verbreitet, sagt Biebricher jetzt – und nun eben wieder.

Von Unwahrheiten kann aus Langners Sicht in beiden Fällen überhaupt keine Rede sein. Damals habe er Aussagen aus Flöcks Pressemitteilung zum Wohnungsmarkt und den Asylbewerbern aufs Korn genommen. Flöck hätte damals seine Worte besser abwägen müssen, betont Langner gegenüber der RZ. Den Vorwurf der CDU, er zeige jetzt bereits, dass er als möglicher Stadtchef spalten werde, weist David Langner zurück. Und er sei auch überzeugt davon, dass nach der Stichwahl am 15. Oktober auch wieder eine vernünftige Zusammenarbeit mit der CDU möglich sein wird. Die jetzigen Vorwürfe sieht er als den Versuch, nach dem schlechten Ergebnis in der ersten Wahlrunde für Bert Flöck aus der Defensive herauszukommen.

Von unserem Redaktionsleiter Ingo Schneider

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