Rheinland-Pfalz
Kommentar zur Fraktionsvorsitzenden-Wahl der Freien Wähler: Ein einziges Possenspiel auf offener Bühne
Bastian Hauck
Jens Weber. MRV

Überraschung bei den Freien Wählern im Landtag: Helge Schwab wird neuer Chef der Landtagsfraktion, Stephan Wefelscheid wird abgesägt. "Es war ein trauriges Paradebeispiel, wie Politiker - wohlgemerkt aus der gleichen Partei! - nicht miteinander umgehen sollten", kommentiert unser Landeskorrespondent Bastian Hauck.

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Es ist der nächste Paukenschlag in der Landespolitik: Der Pfälzer Helge Schwab folgt ab Mitte Juli an der Fraktionsspitze der Freien Wähler (FW) im Landtag auf den frisch gewählten Europaabgeordneten Joachim Streit. Das, was die Freien Wähler, am Freitag und in den Wochen davor gezeigt haben, war allerdings ein einziges Possenspiel auf offener politischer Bühne. Und es war ein trauriges Paradebeispiel, wie Politiker – wohlgemerkt aus der gleichen Partei! – nicht miteinander umgehen sollten.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Da ließ eine Gruppe von mindestens vier (von sechs) FW-Parlamentariern den Landesvorsitzenden der Freien Wähler, den Koblenzer Stephan Wefelscheid, vor aller Öffentlichkeit ins offene Messer laufen – und bei der Fraktionsvorsitzenden-Wahl gnadenlos durchfallen. Offenbar deshalb, weil sie mit so manchem Charakterzug von Wefelscheid nicht einverstanden sind. Wenn du solche Parteifreunde hast, brauchst du keine Feinde.

Wefelscheid ist der große Verlierer

Stephan Wefelscheid ist nach diesem Freitag der große Verlierer. Der Jurist hatte die Partei mit Joachim Streit 2021 erstmals in den Landtag geführt, wurde im Flutuntersuchungsausschuss zu dem Gesicht der Freien Wähler, trieb die Aufklärungsarbeit maßgeblich mit voran. Zum Dank wird er abserviert. Aber auch der Koblenzer muss sich an die eigene Nase packen, muss sich fragen, wie eine derart verhärtete Ablehnung innerhalb der eigenen Fraktion entstehen konnte. Womöglich hat er es mit der einen oder anderen Lästerei und Provokation übertrieben.

Der nächste Verlierer heißt Joachim Streit. Der Eifeler hinterlässt mit seinem Abgang einen Scherbenhaufen in Mainz. Der neue Europaparlamentarier sieht das erwartungsgemäß anders, meint, dass er für geordnete Verhältnisse gesorgt habe. Wenn Streit diese Machtspielchen als Ordnung definiert, will ich nicht wissen, wie bei ihm Chaos aussieht.

Ego- und Machtspielchen

Dabei hatte sich die Eskalation schon seit dem Bundesparteitag der Freien in Bitburg vor Monaten angebahnt. Da hatte Wefelscheid mit einer Abstimmung zu einem Kooperationsverbot mit der AfD seine Fraktionskollegen überrumpelt. Die zahlten es ihm mit einem ersten Misstrauensvotum heim. Streit ließ die Dinge laufen. Und sieht in Wefelscheid weiter die Zukunft der Partei. Es fehlt allerdings die Fantasie, wie ein geschasster Wefelscheid konstruktiv und harmonisch mit Schwab zusammenarbeiten, geschweige denn 2026 Wahlkampf machen soll.

Fest steht: Ego- und Machtspielchen sind etwas, was die Wähler keinesfalls goutieren. Wie gut für die Freien Wähler, dass die Europa- und Kommunalwahlen, bei denen sie ordentliche bis sehr ordentliche Ergebnisse einfuhren, vorüber sind.

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