Dass im politischen Alltag auch ab und an mit Dreck in Richtung des Gegners geworfen wird, nur damit vielleicht etwas hängen bleibt, ist leider normal. Ungewöhnlich und nicht hinnehmbar ist, dass diese Methode in Rheinland-Pfalz durch die Landesregierung auch auf missliebige Journalisten angewendet wird. So geschehen im Fall des SWR, so geschehen – in Folge und Abstufung – im Fall der Rhein-Zeitung.
Um es vorneweg zu sagen: Die Union – auch aktuell in Person von Gordon Schnieder – ist selbst kein leuchtendes Beispiel in Sachen eigentlich dringend gebotener Zurückhaltung, wenn es um versuchte Einflussnahme auf die Medien geht. Auch in anderen Bundesländern, etwa in Bayern oder Nordrhein-Westfalen, geht es dabei mehr als rustikal zu. Nur: Was wird dadurch in Rheinland-Pfalz besser? Nichts. Erst recht nicht, wenn man offenkundig frei von jedem Unrechtsbewusstsein das eigene, höchst bedenkliche Verständnis von Meinungs- und Pressefreiheit auch noch auf private Medienhäuser auszudehnen versucht.
Lewentz und kein Ende
Das Ärgerlichste an der gesamten Affäre Raab ist und bleibt aber, dass sie tonnenweise Wasser auf die populistischen Mühlen der Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kippt. Die SWR-Kollegen machen an vielen Stellen einen hervorragenden und für die Demokratie unverzichtbaren Job. Vor allem auf der Arbeitsebene. Dass sich die Leitungsebene dafür aber seit Langem eines gezielten Würgegriffs der roten Staatskanzlei erwehren muss, ist weiß Gott kein Geheimnis.
Nach dem kritischen Brief von Heike Raab zur landespolitischen Berichterstattung des SWR hat die CDU-Fraktion schwere Vorwürfe gegen die SPD-Politikerin erhoben und ihren Rücktritt gefordert. Sie solle sich auch aus allen Rundfunkgremien zurückziehen.Ein Beschwerdebrief, ein fragwürdiger Tweet, eine Rücktrittsforderung: Affäre Raab spitzt sich zu
Warum sich die Causa Raab, die für den SWR ähnlich hilfreich ist wie ein doppelter Beinbruch, dezidiert an der Berichterstattung zu Roger Lewentz entzündet hat und entzünden konnte, ist allerdings auch kein Mysterium. Spätestens mit der Wiederwahl von Lewentz zum Parteivorsitzenden haben maßgebliche Teile der hiesigen Sozialdemokratie öffentlich klar gemacht, dass sie Anstand und Bodenhaftung nicht nur verloren haben, sondern dass sie ganz aktiv gar keinen Wert mehr darauf legen. So deutlich, dass kürzlich sogar die eigenen Delegierten auf dem SPD-Parteitag ihrer Spitze unübersehbar die Gefolgschaft verweigerten. „L’ état c’est nous“, der Staat sind wir – eine solche deformierte und deformierende Grundhaltung entsteht, wenn eine Partei, egal welche, einfach zu lange an der Regierung ist. Kommentare muss eine freie Presse dazu eigentlich gar keine mehr schreiben. Es langt, wenn sie den Volksmund bemüht: Hochmut kommt vor dem Fall.
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